Nachfrage zur Kleinen Anfrage 4585: Angeklagter im Vergewaltigungsprozess kommt aufgrund fehlender Kapazitäten in den Abschiebehaftanstalten wieder auf freien Fuß – Abweichende informationslagen zwischen den Landesregierungen NRW und Mecklenburg-Vorpommern

Kleine Anfrage
vom 06.12.2024

Kleine Anfrage 4859

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Nachfrage zur Kleinen Anfrage 4585: Angeklagter im Vergewaltigungsprozess kommt aufgrund fehlender Kapazitäten in den Abschiebehaftanstalten wieder auf freien Fuß Abweichende informationslagen zwischen den Landesregierungen NRW und Mecklenburg-Vorpommern

Ende September sorgte in Mülheim ein Fall für Aufsehen, bei dem ein wegen Vergewaltigung angeklagter Mann aus Ghana eine 16-jähriges Mädchen vergewaltigt haben soll. Ein Abschiebeversuch scheiterte. Trotz richterlicher Anweisung konnte der tatverdächtige nicht in Abschiebungshaft genommen werden da es angeblich in keiner Abschiebehaftanstalt einen freien Platz für ihn gab.1

Gefragt nach dem aktuellen Aufenthaltsort des Tatverdächtigen, gab die Landesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Bakum, Kapteinat, Müller-Witt, Baran und Kampmann der Fraktion der SPD an: „Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor, da die ausländerrechtliche Zuständigkeit bei der Ausländerbehörde Rostock liegt.“2

Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern gibt in ihrer Antwort auf eine Anfrage des Abgeordneten Tadsen (AfD) dagegen an: „Der Betroffene hält sich nach den letzten Informationen, die die Landesregierung erhalten hat, in Nordrhein-Westfalen auf.“3

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Inwiefern kann die Landesregierung NRW – ggf. in Absprache mit der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern – entgegen der Antwort auf die Kleine Anfrage 4585 mittlerweile einen Aufenthaltsort des Tatverdächtigen in NRW bestätigen?
  2. Anfragen zu den Belegungszahlen der Abschiebehafteinrichtungen in Glückstadt und Büren ergaben, dass es zum betreffenden Zeitpunkt in beiden Einrichtungen freie Abschiebhaftplätze gegeben hätte. Warum wurden die Möglichkeiten im betreffenden Fall nicht genutzt?
  3. Welche Kooperationsvereinbarungen gibt es in Bezug auf die Nutzung der Abschiebehaftplätze zwischen den Ländern als temporäre bzw. dauerhafte Alternativlösung bei Kapazitäts- und/oder Personalengpässen in einzelnen Einrichtungen?
  4. Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern führt in ihrer Antwort aus, dass eine Unterbringung unabhängig von der örtlichen Lage der Hafteinrichtung in besagtem Fall unzulässig gewesen sei. Welche rechtlichen Hindernisse lagen konkret vor? (Bitte in diesem Zusammenhang das Urteil des Amtsgerichts Mülheim als Anlage der Antwort hinzufügen)
  5. Inwiefern würde nach Ansicht der Landesregierung eine Zuständigkeit des Bundes im Bereich Abschiebungen – wie es teilweise von Seiten der DpolG gefordert wird – die allgemeine Nutzung der Abschiebehaftanstalten erleichtern, also auch dann, wenn sich die ausländerrechtlichen Zuständigkeiten und die Abschiebehaftanstalten in unterschiedlichen Ländern befinden?

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-11974

 

1 Vgl. https://www.waz.de/lokales/muelheim/article407328711/vergewaltigungsprozess-erst-abschiebung-dann-doch-freiheit.html und https://apollo-news.net/nach-vergewaltigung-abschiebepflichtiger-ghanaer-einfach-auf-freien-fuss-gesetzt/

2 Vgl. Lt.-Drucksache 18/11418

3 Vgl. Lt.-Drucksache Mecklenburg-Vorpommern 8/4237


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 4859 mit Schreiben vom 23. Dezember 2024 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Inwiefern kann die Landesregierung NRW in Absprache mit der Landesre­gierung Mecklenburg-Vorpommern entgegen der Antwort auf die Kleine Anfrage 4585 mittlerweile einen Aufenthaltsort des Tatverdächtigen in NRW bestätigen?

Der Betroffene wurde nach Kenntnis der Landesregierung zuletzt am 14. November 2024 in Borken in Nordrhein-Westfalen aufgegriffen. Ein Haftplatz in der Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige in Büren (UfA Büren) wurde auf Anfrage der zuständigen Ausländerbehörde (ABH) Rostock reserviert. Nach Mitteilung der zuständigen Ausländerbehörde Rostock lehnte das Amtsgericht – aus der Landesregierung nicht bekannten Gründen – den Haftantrag ab, sodass der reservierte Haftplatz seitens der ABH Rostock storniert wurde. Seit diesem Zeit­punkt liegen der Landesregierung Nordrhein-Westfalen keine weiteren Erkenntnisse zu einem Aufenthaltsort des Tatverdächtigen vor.

  1. Anfragen zu den Belegungszahlen der Abschiebehafteinrichtungen in Glückstadt und Büren ergaben, dass es zum betreffenden Zeitpunkt in beiden Einrichtungen freie Abschiebhaftplätze gegeben hätte. Warum wurden die Möglichkeiten im be­treffenden Fall nicht genutzt?

Zu den Belegungszahlen der Abschiebungshafteinrichtung in Glückstadt kann mangels Zu­ständigkeit keine Aussage erfolgen.

Die UfA Büren wies ausreichende Haftkapazitäten auf. Eine Haftplatzanfrage der zuständigen ABH Rostock lagen am 24. September 2024 weder der Landesregierung noch der UfA Büren vor.

  1. Welche Kooperationsvereinbarungen gibt es in Bezug auf die Nutzung der Ab-schiebehaftplätze zwischen den Ländern als temporäre bzw. dauerhafte Alterna­tivlösung bei Kapazitäts- und/oder Personalengpässen in einzelnen Einrichtun­gen?

Es besteht eine Verwaltungsvereinbarung mit der Unterbringungseinrichtung in Ingelheim zur Unterbringung von Frauen im Rahmen der Abschiebungshaft oder des Ausreisegewahrsams. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 2 verwiesen.

  1. Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern führt in ihrer Antwort aus, dass eine Unterbringung unabhängig von der örtlichen Lage der Hafteinrichtung in be­sagtem Fall unzulässig gewesen sei. Welche rechtlichen Hindernisse lagen konk­ret vor? (Bitte in diesem Zusammenhang das Urteil des Amtsgerichts Mülheim als Anlage der Antwort hinzufügen)

Mangels Zuständigkeit einer nordrhein-westfälischen Ausländerbehörde kann die Frage nicht beantwortet werden.

  1. Inwiefern würde nach Ansicht der Landesregierung eine Zuständigkeit des Bun­des im Bereich Abschiebungen wie es teilweise von Seiten der DpolG gefordert wird die allgemeine Nutzung der Abschiebehaftanstalten erleichtern, also auch dann, wenn sich die ausländerrechtlichen Zuständigkeiten und die Abschiebehaft-anstalten in unterschiedlichen Ländern befinden?

Die UfA Büren steht im Wege der Amtshilfe über das „Gemeinsame Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr“ (ZUR) in Berlin bereits jetzt für ausländerrechtliche Haftplatzanfragen anderer Bundesländer zur Verfügung, soweit die Voraussetzungen erfüllt sind.

 

MMD18-12370