Nachfrage zur Kleinen Anfrage 5019: Erfolgsquote beim umstrittenen Chancen-Aufenthaltsrecht lediglich 2530 Personen – Ignoriert Ministerin Paul die Fakten?

Kleine Anfrage
vom 17.03.2025

Kleine Anfrage 5236

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Nachfrage zur Kleinen Anfrage 5019: Erfolgsquote beim umstrittenen Chancen-Aufenthaltsrecht lediglich 2530 Personen Ignoriert Ministerin Paul die Fakten?

Wie aus der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 5019 hervorgeht, haben mit Stand 31.12.2024 in NRW lediglich 2530 Personen, die zuvor einen Aufenthaltstitel nach § 104c AufenthG (Chancen-Aufenthaltsrecht) innehatten, den Übergang zu einem Bleiberecht nach §§ 25a und 25b AufenthG geschafft.

Vor dem Hintergrund der geringfügigen Voraussetzungen, die innerhalb von 18 Monaten für diesen Wechsel zu erfüllen waren, muss von einem Scheitern des Chancen-Aufenthaltsrechts gesprochen werden. Weit überwiegend hat es sich – wie von uns vorausgesagt – nicht ausgezahlt, die vollziehbare Ausreisepflicht für 18 Monate auszusetzen.

Irritierend ist dann allerdings die Aussage der Landesregierung, dass mit Stand von November 2024 lediglich 143 abgelehnte Anträge auf ein Bleiberecht nach §§ 25a und 25b AufenthG gemeldet wurden. Der 18-monatige Zeitraum beim Chancen-Aufenthaltsrecht ist mittlerweile in vielen Fällen längst abgelaufen. Den gelungenen Übergängen zu einem Bleiberecht nach §§ 25a und 25b AufenthG müssten folglich wesentlich mehr diesbezügliche Ablehnungen gegenüberstehen. Das gilt ausdrücklich auch für den Fall, dass z. B. im Anschluss eine Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung gewährt wurde.

Zu den Folgen der Nichterfüllung der Voraussetzungen nach §§ 25a,25b AufenthG für Titelinhaber nach § 104c AufenthG heißt es in den Anwendungshinweisen des BMI:

„Titelinhaber [des Chancen-Aufenthaltsrechts], die zum Geltungsablauf des Aufenthaltstitels die notwendigen Voraussetzungen für einen Titel nach § 25a oder § 25b AufenthG nicht erfüllen, werden danach wieder vollziehbar ausreisepflichtig. Die Ausreisepflicht entsteht nach § 50 Absatz 1 AufenthG, da der Ausländer einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht mehr besitzt. Die Ausreisepflicht ist nach § 58 Absatz 2 AufenthG vollziehbar (§ 58 Absatz 2 Satz 2 AufenthG i. V. m. § 84 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG). Soll der Ausländer abgeschoben werden, müssen jedoch die Voraussetzungen hierfür erneut geprüft werden (vollziehbare Ausreisepflicht, Ausreisefrist nicht gewährt oder abgelaufen, freiwillige Ausreise nicht gesichert, kein Duldungstatbestand nach den §§ 60a bis 60d AufenthG erfüllt). Liegen die bezeichneten Voraussetzungen vor, hat die Ausländerbehörde den Ausländer abzuschieben. Liegen jedoch die Voraussetzungen für eine Duldung vor, so ist diese nach den §§ 60a bis 60d AufenthG zu erteilen. Es handelt sich konkret um die Erteilung einer neuen Duldung nach erneuter Prüfung der Voraussetzungen. Diese weitere Duldung kann auch auf anderen Gründen beruhen als diejenige Duldung, die dem Ausländer vor Erteilung des Chancen-Aufenthaltsrechts erteilt worden war.“1

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Personen in NRW, die zum Geltungsablauf des Aufenthaltstitels nach § 104c AufenthG die notwendigen Voraussetzungen für einen Titel nach § 25a oder § 25b AufenthG nicht erfüllten und somit wieder in den Status der vollziehbaren Ausreisepflicht zurückgefallen sind, wurden bisher abgeschoben?
  2. Wie vielen Personen in NRW, die zum Geltungsablauf des Aufenthaltstitels nach § 104c AufenthG die notwendigen Voraussetzungen für einen Titel nach § 25a oder § 25b AufenthG nicht erfüllten und somit wieder in den Status der vollziehbaren Ausreisepflicht zurückgefallen sind, wurde stattdessen eine erneute Duldung (§ 60 a–d AufenthG) erteilt?
  3. In wie vielen dieser Fälle handelt es sich um eine Duldung für Personen mit ungeklärter Identität gemäß § 60b AufenthG?
  4. In wie vielen dieser Fälle handelt es sich um eine Ausbildungs- oder Beschäftigungsduldung gemäß § 60 c bzw. § 60 d AufenthG?
  5. Inwiefern nimmt die Landesregierung Personen, die in den Status der Ausreisepflicht gemäß § 58 Abs. 2 AufenthG (vollziehbare Ausreisepflicht) bzw. § 60 a–d AufenthG (geduldet Ausreisepflichtige) zurückfallen, wieder in die Statistik als „ausreisepflichtig mit bzw. ohne Duldung“ auf? (Bitte in diesem Zusammenhang angeben, wie viele Personen in NRW bereits erneut in diese Statistik aufgenommen wurden)

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-13045

 

1 https://www.mkjfgfi.nrw/system/files/media/document/file/anlage-1-zu-dem-erlass.pdf


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 5236 mit Schreiben vom 3. April 2025 namens der Landesregierung beantwor­tet.

  1. Wie viele Personen in NRW, die zum Geltungsablauf des Aufenthaltstitels nach § 104c AufenthG die notwendigen Voraussetzungen für einen Titel nach § 25a oder § 25b AufenthG nicht erfüllten und somit wieder in den Status der vollziehbaren Ausreisepflicht zurückgefallen sind, wurden bisher abgeschoben?

Hierzu liegen der Landeregierung keine statistischen Daten vor.

  1. Wie vielen Personen in NRW, die zum Geltungsablauf des Aufenthaltstitels nach § 104c AufenthG die notwendigen Voraussetzungen für einen Titel nach § 25a oder § 25b AufenthG nicht erfüllten und somit wieder in den Status der vollziehbaren Ausreisepflicht zurückgefallen sind, wurde stattdessen eine erneute Duldung (§ 60 a–d AufenthG) erteilt?
  2. In wie vielen dieser Fälle handelt es sich um eine Duldung für Personen mit unge­klärter Identität gemäß § 60b AufenthG?
  3. In wie vielen dieser Fälle handelt es sich um eine Ausbildungs- oder Beschäfti­gungsduldung gemäß § 60 c bzw. § 60 d AufenthG?

Die Fragen 2 bis 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet:

Hierzu liegen der Landesregierung keine statistischen Daten vor. Ob eine Duldung erteilt wird und welche Duldung erteilt wird, ist stets eine Frage des Einzelfalls und richtet sich danach, ob entsprechende Duldungsgründe vorliegen.

  1. Inwiefern nimmt die Landesregierung Personen, die in den Status der Ausreise­pflicht gemäß § 58 Abs. 2 AufenthG (vollziehbare Ausreisepflicht) bzw. § 60 a–d AufenthG (geduldet Ausreisepflichtige) zurückfallen, wieder in die Statistik als „ausreisepflichtig mit bzw. ohne Duldung“ auf? (Bitte in diesem Zusammenhang angeben, wie viele Personen in NRW bereits erneut in diese Statistik aufgenom­men wurden)

Im Ausländerzentralregister (AZR), welches die Grundlage für die AZR-Statistik des Bundes ist, wird der ausländerrechtliche Status von Personen durch die jeweils zuständigen Auslän­derbehörden hinterlegt und aktualisiert; so auch von Personen, die vollziehbar ausreisepflich­tig sind bzw. eine Duldung innehaben.

 

MMD18-13373