Nachfrage zur Kleinen Anfrage 947 „Pull-Faktor Bürgergeld“ – Interessiert sich die Integrationsministerin, Josefine Paul, nicht für einen sparsamen Umgang mit dem Geld der Steuerzahler?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1354
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias vom 13.02.2023

Nachfrage zur Kleinen Anfrage 947 „Pull-Faktor Bürgergeld“ – Interessiert sich die Integrationsministerin, Josefine Paul, nicht für einen sparsamen Umgang mit dem Geld der Steuerzahler?

Im Rahmen der Kleinen Anfrage 947 wurde dargestellt, dass Deutschland im europäischen Vergleich eine Sonderstellung einnimmt, wenn es um Sozialleistungen für abgelehnte Asylbewerber geht. Diese Sonderstellung korreliert mit unverhältnismäßig geringen Rückführungszahlen.

Nach 18 Monaten erhalten selbst ausreisepflichtige Personen sogenannte Analogleistungen, die dem Grundsicherungsniveau entsprechen, bzw. zukünftig das sogenannte Bürgergeld. Hinzu kommen umfangreiche Bleiberechtsregelungen, die einen Weg aus der grundsätzlichen Ausreisepflicht weisen.

Dieses Vorgehen, dieser deutsche Sonderweg spricht sich selbstredend herum, auch bei Migranten, die zwar nicht schutzbedürftig sind, aber den verständlichen Wunsch nach einem besseren Leben haben. Man kann folglich von Pull-Faktoren sprechen, was sich auch anhand der Zugangszahlen belegen lässt.

Aus den Antworten der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 947 könnte man herauslesen, dass dieser Sonderweg der politischen Agenda der Landesregierung entspricht.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Im Rahmen der Kleinen Anfrage 947 wurde anhand mehrerer Beispiele aufgezeigt, dass ausreisepflichtige, abgelehnte Asylbewerber u.a. in den Niederlanden, in Großbritannien, in der Schweiz, in Griechenland und in Frankreich wesentlich geringere Leistungen vom Staat erhalten. Inwiefern muss der Bürger aus der Antwort der Landesregierung auf die Fragen 1 und 2 der Kleinen Anfrage 947 schließen, dass die Landesregierung die deutsche Sonderstellung in diesem Zusammenhang bewusst ignoriert?
  2. Warum sieht die Landesregierung keine Veranlassung, sich für eine Angleichung der Leistungen für ausreisepflichtige Asylbewerber an europäische Standards einzusetzen?
  3. Die Landesregierung führt in ihrer Antwort auf die 3. Frage der Kleinen Anfrage 947, in der es um den Einfluss des Umgangs mit ausreisepflichtigen Personen auf die Sekundärmigration ging, aus, dass die Gründe für Zuwanderung und Flucht nach Deutschland individuell seien und sich einer pauschalen Bewertung entziehen. Das stimmt zwar, das war aber nicht die Frage. Das Thema der qualifizierten Zuwanderung war zudem überhaupt nicht in die Fragestellung inkludiert. Die Antwort der Landesregierung passt somit nicht zur Frage. Wie bewertet die Landesregierung den Einfluss der in der Frage aufgeführten Pull-Faktoren auf die Sekundärmigration?
  4. Inwiefern bestreitet die Landesregierung, dass die Nichtanwendung des Sachleistungsprinzips, selbst für ausreisepflichtige Personen, einen wesentlichen Pull-Faktor darstellt?
  5. Inwiefern gibt es von Seiten der Landesregierung Überlegungen zum Einsatz von Geldkarten mit ausschließlicher Bezahlfunktion als Alternative zum Sachleistungsprinzip?

Enxhi Seli-Zacharias

 

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Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 1354 mit Schreiben vom 15. März 2023 namens der Landesregierung im Ein­vernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie dem Minister für Bun­des- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien und Chef der Staatskanzlei beantwortet.

  1. Im Rahmen der Kleinen Anfrage 947 wurde anhand mehrerer Beispiele aufgezeigt, dass ausreisepflichtige, abgelehnte Asylbewerber u.a. in den Niederlanden, in Großbritannien, in der Schweiz, in Griechenland und in Frankreich wesentlich ge­ringere Leistungen vom Staat erhalten. Inwiefern muss der Bürger aus der Antwort der Landesregierung auf die Fragen 1 und 2 der Kleinen Anfrage 947 schließen, dass die Landesregierung die deutsche Sonderstellung in diesem Zusammenhang bewusst ignoriert?

Das Sozialleistungsrecht unterliegt komplexen Einflüssen des deutschen Verfassungsrechts, der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sowie europarechtlichen Vorgaben. Eine unmittelbare Vergleichbarkeit der nationalen Regelungen ist daher nicht gegeben. In den Landeseinrichtungen werden die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylblG) – abgesehen von dem notwendigen persönlichen Bedarf (sog. Taschengeld) – in der Regel als Sachleistung gewährt. Dies ergibt sich aus § 1 a AsylblG sowie § 3 Abs.2 AsylblG. Im Übrigen liegt die Gesetzgebungszuständigkeit sowohl für das Asylbewerberleistungsgesetz als auch für die Sozialgesetzbücher (SGB) beim Bund.

  1. Warum sieht die Landesregierung keine Veranlassung, sich für eine Angleichung der Leistungen für ausreisepflichtige Asylbewerber an europäische Standards ein­zusetzen?

Das Bundesverfassungsgericht hat bezüglich der Höhe der Sozialleistungen Vorgaben ge­macht, welche vom Gesetzgeber berücksichtigt wurden. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Frage 1 verwiesen.

  1. Die Landesregierung führt in ihrer Antwort auf die 3. Frage der Kleinen Anfrage 947, in der es um den Einfluss des Umgangs mit ausreisepflichtigen Personen auf die Sekundärmigration ging, aus, dass die Gründe für Zuwanderung und Flucht nach Deutschland individuell seien und sich einer pauschalen Bewertung entzie­hen. Das stimmt zwar, das war aber nicht die Frage. Das Thema der qualifizierten Zuwanderung war zudem überhaupt nicht in die Fragestellung inkludiert. Die Ant­wort der Landesregierung passt somit nicht zur Frage. Wie bewertet die Landes­regierung den Einfluss der in der Frage aufgeführten Pull-Faktoren auf die Sekun­därmigration?

Wie bereits in meiner Antwort auf Frage 3 der Landtags-Drucksache 18/2328 ausgeführt sind die Gründe für Zuwanderung und Flucht nach Deutschland individuell und im Einzelfall zu be­trachten und entziehen sich somit einer pauschalen Bewertung. Dies betrifft auch die Gründe für die in der Fragestellung behauptete Sekundärmigration.

  1. Inwiefern bestreitet die Landesregierung, dass die Nichtanwendung des Sachleis­tungsprinzips, selbst für ausreisepflichtige Personen, einen wesentlichen Pull-Faktor darstellt?

In der Regel erhalten Asylbewerberinnen und Asylbewerber – abgesehen von dem notwendi­gen persönlichen Bedarf (sog. Taschengeld) – in den Landeseinrichtungen gemäß § 3 Abs.2 AsylblG Sachleistungen. Für ausreisepflichtige, abgelehnte Asylbewerberinnen und Asylbe­werber sieht § 1 a AsylblG umfangreiche Leistungskürzungen vor.

  1. Inwiefern gibt es von Seiten der Landesregierung Überlegungen zum Einsatz von Geldkarten mit ausschließlicher Bezahlfunktion als Alternative zum Sachleis­tungsprinzip?

Es bestehen keine Überlegungen der Landesregierung Geldkarten bei der Gewährung von Asylbewerberleistungen einzusetzen, da der Einsatz von Geldkarten keine geeignete Alterna­tive zum Sachleistungsprinzip darstellt, sondern einen Bargeldersatz darstellt und somit dem Sinn und Zweck des Sachleistungsprinzips zuwiderlaufen würde.

 

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