Neuartiges Rauschgiftgemisch aus Südamerika in Mannheim beschlagnahmt – Rosa Kokain in NRW?

Kleine Anfrage
vom 26.04.2024

Kleine Anfrage 3767

der Abgeordneten Markus Wagner und Dr. Martin Vincentz AfD

Neuartiges Rauschgiftgemisch aus Südamerika in Mannheim beschlagnahmt Rosa Kokain in NRW?

In Mannheim konnte erstmals das aus Lateinamerika stammende Rauschgift „El Tusi“, auch „Rosa Kokain“ genannt, durch Beamte der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift (GER) beschlagnahmt werden. Bei der Droge handelt es sich um eine Mischung aus diversen synthetischen Rauschgiften, wobei das Pulver pink eingefärbt wird. Vor etwa drei Jahren ist diese Droge zum ersten Mal in Südamerika in Erscheinung getreten. Wahrscheinlich wird sie vorwiegend in Panama und Peru hergestellt. Die Einfärbung soll dazu beitragen, das Produkt besser vermarkten zu können. So soll es in der kolumbianischen Partyszene bereits beliebter als herkömmliches Kokain sein, und das trotz eines höheren Preises.1

Die Zusammensetzung dieser Droge sei der Grund, welcher sie so gefährlich macht. Dabei werden in den meisten Fällen zu den Hauptkomponenten Ketamin und Ecstasy Stoffe wie Amphetamine, 2C-B, Koffein und Ibuprofen beigemischt. Vereinzelt wurden auch schon Proben mit Bestandteilen von Crystal Meth und Opioiden gefunden. Typische Reaktionen nach der Einnahme des Stoffgemisches seien Halluzinationen, Herzrasen, Überhitzung, Bluthochdruck und Atemlähmung. Auch die österreichische Drogenberatung „Checkit!“ rät dringend vom Konsum der neuen Partydroge ab. In Madrid starb im Februar dieses Jahres ein 14-jähriger Junge infolge des „El Tusi“-Konsums, nachdem seine Freunde ihm heimlich die Droge in einen Energy-Drink schütteten.2

Im März erfuhren Ermittler der GER von der Mannheimer Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei Heidelberg, dass das neue Rauschmittel in Clubs und Bars umgehen würde. Dabei konnten vier Männer im Alter von 19 bis 26 Jahren als Dealer ausgemacht und observiert werden. Als dann ein geplanter Großdeal mit einem Kilogramm „El Tusi“ bekannt wurde, schlugen die Ermittler zu. Am 3. April 2024 konnten die Beamten den Deal, der gegen 17:40 Uhr auf einem Parkplatz stattfinden sollte und mehr als 10.000 Euro vorsah, unterbinden. Die Tatverdächtigen sitzen nun in Untersuchungshaft. Zusätzlich zu dem einen Kilogramm Rauschgift konnten die Ermittler eine Gaspistole, Messer und Bargeld sicherstellen.3

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Konnten bereits Fälle von Konsum bzw. Verkauf von „El Tusi“ in NRW nachgewiesen werden?
  2. In welcher Höhe wurde bisher das Rauschgift „El Tusi“ in Nordrhein-Westfalen beschlagnahmt? (Bitte nach Ort und Menge in Kilogramm aufschlüsseln.)
  3. Spricht die Landesregierung „El Tusi“ ein besonderes Gefahrenpotential speziell für Jugendliche zu?
  4. Wie schätzt die Landesregierung die Gefahr ein, die von dieser neuartigen Partydroge speziell auf Personen der Partyszene ausgeht?
  5. Welche Präventivmaßnahmen plant die Landesregierung, um effektiver gegen den Vertreib der Droge vorgehen zu können?

Markus Wagner
Dr. Martin Vincentz

 

MMD18-9054

 

1 https://www.bild.de/bild-plus/regional/baden-wuerttemberg/regional/mannheim-polizei-hat-rosa-kokain-oder-el-tusi-in-deutschland-87833204.bild.html.

2 Ebenda.

3 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3767 mit Schreiben vom 29. Mai 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet.

  1. Konnten bereits Fälle von Konsum bzw. Verkauf von „El Tusi“ in NRW nachgewie­sen werden?
  2. In welcher Höhe wurde bisher das Rauschgift „El Tusi“ in Nordrhein-Westfalen beschlagnahmt? (Bitte nach Ort und Menge in Kilogramm aufschlüsseln.)

Die Fragen 1 und 2 werden auf Grund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet:

Bei dem als „El Tusi“ bezeichneten Rauschgift handelt es sich nach Kenntnis des Landeskri­minalamtes Nordrhein-Westfalen (LKA NRW) um ein Stoffgemisch aus variierenden syntheti­schen Substanzen, das eine rosafarbene, pulvrige Konsistenz aufweist. Als Hauptbestandteile des Rauschgiftes gelten Ketamin und Ecstasy.

Der Polizei in Nordrhein-Westfalen sind keine Fälle des Konsums oder Handels von Rauschgift mit der Bezeichnung „El Tusi“ bekannt. Entsprechende Sicherstellungen erfolgten daher nicht.

  1. Spricht die Landesregierung „El Tusi“ ein besonderes Gefahrenpotential speziell für Jugendliche zu?
  2. Wie schätzt die Landesregierung die Gefahr ein, die von dieser neuartigen Par­tydroge speziell auf Personen der Partyszene ausgeht?

Die Fragen 3 und 4 werden auf Grund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet:

Der Konsum synthetischer Betäubungsmittel mit Substanzkombinationen dieser Art ist grund­sätzlich für alle Konsumentinnen und Konsumenten mit der Gefahr teilweise gravierender Nebenwirkungen und Gesundheitsrisiken verbunden. Insbesondere bei Jugendlichen erhöht der Konsum psychoaktiver Substanzen jedoch die Gefahr von irreversiblen Hirnschädigungen, da ihr Gehirn noch nicht ausgereift und daher deutlich empfindlicher gegenüber neurotoxi-schen Wirkungen ist als das von Erwachsenen. Darüber hinaus ist aufgrund der Erkenntnisse über Herstellungsprozesse von synthetischen Betäubungsmitteln bekannt, dass deren Wirkstoffgehalt regelmäßig starken und für die Konsumentinnen und Konsumenten nicht erkennbaren Schwankungen unterliegt, wodurch der Konsum mit erheblichen Gesundheitsge­fahren einhergeht.

  1. Welche Präventivmaßnahmen plant die Landesregierung, um effektiver gegen den Vertreib der Droge vorgehen zu können?

Die Polizei Nordrhein-Westfalen verfolgt bei der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität einen ganzheitlichen Ansatz repressiver und präventiver Maßnahmen.

Die Strafverfolgungsbehörden beziehen bei der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität alle Ebenen des Rauschgifthandels, vom örtlichen Kleinhandel über den regionalen und überregi­onalen Zwischenhandel bis zum national und oder international organisierten Großhandel, ein. Die erfolgreiche Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität erfordert zunächst die nachhaltige Re­duzierung des Rauschgiftangebots, da der Rauschgiftkonsum in erheblichem Maße von der Verfügbarkeit der illegalen Drogen abhängt. Eine wirksame Reduzierung des Angebots illega­ler Drogen lässt sich nur erreichen, wenn vor allem der organisierte Rauschgifthandel be­kämpft wird. Vorrangiges Ziel polizeilicher Maßnahmen ist daher, die Strukturen der Organi­sierten Kriminalität zu bekämpfen.

Neben der Bekämpfung der organisierten Rauschgiftkriminalität ist auch die Bekämpfung des gewerbsmäßigen Straßen- und Kleinhandels sowie die Erschwerung des Erwerbs von illega­len Suchtstoffen zum Konsum durch die örtlichen Polizeibehörden von wesentlicher Bedeu­tung. Dabei legen die Kreispolizeibehörden die örtlichen Bekämpfungsstrategien gegen Rauschgiftkriminalität unter Berücksichtigung ihrer Ressourcen selbstständig fest und führen hierzu beispielsweise Maßnahmen im Rahmen von Präsenzkonzepten durch.

Da Suchtmittelkonsum und Abhängigkeit treibende Faktoren der Kriminalität sind, sind krimi­nalpräventive Maßnahmen zur Reduzierung der Anzahl der Konsumentinnen und Konsumen­ten von wesentlicher Bedeutung. Kriminalpräventive Maßnahmen dienen der Reduzierung von Straftaten unter dem Einfluss von Suchtmitteln sowie der Vermeidung von Beschaffungskrimi­nalität. Zugleich vermag eine zielgruppenspezifische Suchtprävention Suchtmittelkonsum und der Entwicklung von Suchterkrankungen vorzubeugen. Dies stellt ein gesamtgesellschaftli­ches Ziel dar. Hauptzielgruppe ist aufgrund der besonderen Schutzbedürftigkeit die Gruppe der Kinder und Jugendlichen. Dabei findet vor allem der Jugendschutz im Rahmen der poli­zeilichen Präventionsarbeit Berücksichtigung.

Darüber hinaus informiert die Polizei Nordrhein-Westfalen über rechtliche Aspekte, Verbrei­tungswege und Konsequenzen der Betäubungsmittelkriminalität. Sie unterstützt die originär zuständigen Präventionsträger, um die Entstehung von Sucht und möglicherweise damit ver­bundene Straftaten zu verhindern. Die Kriminalkommissariate Kriminalprävention und Opfer­schutz (KK KP/O) der Kreispolizeibehörden fördern auf kommunaler bzw. bezirklicher Ebene die Zusammenarbeit insbesondere mit Schulen, Einrichtungen der Suchtprävention und Suchthilfe sowie Gesundheits- und Jugendämtern. Sie wirken in kriminalpräventiven Gremien und Netzwerken der Sucht- und Drogenprävention mit. In diesem Kontext tauscht sich die Polizei Nordrhein-Westfalen regelmäßig auch zu aktuellen Phänomenen und Trends aus, um diese frühzeitig erkennen und ihnen durch gezielte Präventionsmaßnahmen entgegenwirken zu können.

Zwischen dem LKA NRW und den Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern der KK KP/O der 47 Kreispolizeibehörden findet ein regelmäßiger Austausch in Form von Dienstbespre­chungen zu aktuellen Themen der Kriminalprävention im Zusammenhang mit Rauschgiftkrimi­nalität statt.

Darüber hinaus werden auf der Internetseite der Polizei Nordrhein-Westfalen regelmäßig In­formationen und Warnhinweise für die Bevölkerung zu den Themen Sucht- und Drogenprä­vention eingestellt und fortlaufend aktualisiert.

 

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