Kleine Anfrage 2563
der Abgeordneten Markus Wagner und Enxhi Seli-Zacharias AfD
Politisch motivierte Kriminalität Rechts in NRW im ersten Halbjahr 2023
Die politische Willensbildung erfolgt in Deutschland durch Wahlen. Jede Form von politisch motivierter Kriminalität, ganz gleich ob von links oder von rechts kommend oder auf sonstiger ideologischer oder religiöser Grundlage beruhend, ist abzulehnen.
Das Ziel dieser Anfrage ist es, einen statistischen Überblick über die politisch rechts motivierte Kriminalität für das erste Halbjahr 2023 zu erhalten.
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Wie viele politisch rechts motivierte Straftaten wurden im ersten Halbjahr 2023 in Nordrhein-Westfalen verübt? (Bitte nach Ort und Deliktsgruppe auflisten.)
- Wie viele Straftaten der Allgemeinkriminalität wurden im ersten Halbjahr 2023 in Nordrhein-Westfalen von bekannten Rechtsextremen verübt?
- Wie verteilen sich die politisch rechts motivierten Straftaten im ersten Halbjahr 2023 nach Themenfeldern? (Bitte Zahlen für Ober- und Unterthemen angeben.)
- Wie viele Tatverdächtige wurden im ersten Halbjahr 2023 in NRW wegen politisch rechts motivierter Straftaten festgenommen? (Bitte nach Ort, Alter, Nationalität bzw. Migrationshintergrund und Geschlecht auflisten.)
- Bei wie viel Prozent der Fälle von politisch rechts motivierter Kriminalität kam es im ersten Halbjahr 2023 nach Einleitung von Ermittlungsverfahren zu Verurteilungen? (Bitte auch den Grund für die Einstellung des Verfahrens angeben.)
Markus Wagner
Enxhi Seli-Zacharias
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2563 mit Schreiben vom 20. Oktober 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheitlich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“. Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie
- den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten.
- sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben.
- durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden.
- gegen eine Person wegen der ihr zugeschriebenen oder tatsächlichen politischen Haltung, Einstellung und/oder ihres Engagements gerichtet sind bzw. aufgrund von
Vorurteilen des Täters bezogen auf Nationalität, ethnische Zugehörigkeit, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, Weltanschauung, sozialen Status, physische und/oder psychische Behinderung oder Beeinträchtigung, Geschlecht/geschlechtliche Identität, sexuelle Orientierung oder äußeres Erscheinungsbild begangen werden. Diese Straftaten können sich unmittelbar gegen eine Person oder Personengruppe, eine Institution oder ein Ob-jekt/eine Sache richten, welche(s) seitens des Täters einer der o. g. gesellschaftlichen Gruppen zugerechnet wird (tatsächliche oder zugeschriebene Zugehörigkeit) oder sich im Zusammenhang mit den vorgenannten Vorurteilen des Täters gegen ein beliebiges Ziel richten.
Darüber hinaus werden Tatbestände gemäß §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102, 104, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 130, 192a, 234a oder 241a Strafgesetzbuch (StGB) sowie des Völkerstrafgesetzbuches erfasst, weil sie Staatsschutzdelikte sind, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.
Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.
Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).
Der Fallzahlenabgleich mit dem Bundeskriminalamt für das erste Halbjahr 2023 ist noch nicht abgeschlossen und die in diesem Bericht angegebenen Fallzahlen mit Stand 25.09.2023 sind als vorläufige Zahlen zu betrachten.
- Wie viele politisch rechts motivierte Straftaten wurden im ersten Halbjahr 2023 in Nordrhein-Westfalen verübt? (Bitte nach Ort und Deliktsgruppe auflisten.)
Für das erste Halbjahr 2023 wurden in Nordrhein-Westfalen bislang 1.412 Straftaten der PMK -Rechts- erfasst.
Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 1 zu entnehmen.
- Wie viele Straftaten der Allgemeinkriminalität wurden im ersten Halbjahr 2023 in Nordrhein-Westfalen von bekannten Rechtsextremen verübt?
Für das erste Halbjahr 2023 wurden bislang 920 Straftaten der Allgemeinkriminalität von bekannten Rechtsextremen begangen, bei denen bereits zuvor polizeiliche Erkenntnisse als Tatverdächtige politisch motivierter Straftaten Rechts vorlagen.
- Wie verteilen sich die politisch rechts motivierten Straftaten im ersten Halbjahr 2023 nach Themenfeldern? (Bitte Zahlen für Ober- und Unterthemen angeben.)
Die statistische Erfassung politisch motivierter Straftaten nach Themenfeldern erfolgt auf der Grundlage eines bundesweit einheitlich festgelegten Katalogs. Für eine differenzierte Lagedarstellung sind alle zutreffenden Oberthemenfelder (OTF) und Unterthemenfelder (UTF) anzugeben. Dementsprechend sind Mehrfachnennungen nicht nur möglich, sondern ausdrücklich intendiert.
Die häufigsten OTF der rechts motivierten Straftaten im erste Halbjahr 2023 sind „Nationalso-zialismus/Sozialdarwinismus“ mit bislang 977 Delikten sowie „Hasskriminalität“ mit bislang 531 Delikten.
Bei den UTF sind „Fremdenfeindlich“ mit bislang 514 und „gegen den Staat, seine Einrichtungen und Symbole“ mit bislang 320 erfassten Delikten auffällig.
Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 2 zu entnehmen.
- Wie viele Tatverdächtige wurden im ersten Halbjahr 2023 in NRW wegen politisch rechts motivierter Straftaten festgenommen? (Bitte nach Ort, Alter, Nationalität bzw. Migrationshintergrund und Geschlecht auflisten.)
Im KPMD-PMK werden Tatorte und keine Festnahmeorte erfasst. Als Festnahme werden hier statistisch alle bekanntgewordenen polizeilichen Maßnahmen gemäß §§ 127, 127b Strafprozessordnung (StPO) erfasst (keine Ingewahrsamnahmen nach dem Polizeigesetz NRW). Für das erste Halbjahr 2023 sind bisher keine Festnahmen im Sachzusammenhang statistisch erfasst worden.
- Bei wie viel Prozent der Fälle von politisch rechts motivierter Kriminalität kam es im ersten Halbjahr 2023 nach Einleitung von Ermittlungsverfahren zu Verurteilungen? (Bitte auch den Grund für die Einstellung des Verfahrens angeben.)
Durch die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen wurde in allen in der Antwort zu Frage 1 aufgezählten Fällen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Im ersten Halbjahr 2023 kam es – den Berichten der Generalstaatsanwälte des Landes zufolge – in 179 Fällen politisch rechts motivierter Kriminalität zu Verurteilungen. Da sich die Verurteilungen auch auf Verfahren beziehen, die bereits vor dem 01.01.2023 eingeleitet wurden, ist die erbetene prozentuale Darstellung nicht möglich. Einstellungen des Verfahrens erfolgten u. a. mangels hinreichenden Tatverdachts, mangels Täteridentifizierung oder aus Opportunitäts-gründen.