Politisch motivierte Kriminalität Rechts in NRW im Jahr 2022

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 964
der Abgeordneten Markus Wagner und Enxhi Seli-Zacharias vom 05.01.2022

Politisch motivierte Kriminalität Rechts in NRW im Jahr 2022

Die politische Willensbildung erfolgt in Deutschland durch Wahlen. Jede Form von politisch motivierter Kriminalität, ganz gleich ob von links oder von rechts kommend oder auf sonstiger ideologischer oder religiöser Grundlage beruhend, ist abzulehnen.

Das Ziel dieser Anfrage ist es, einen statistischen Überblick über die politisch rechts motivierte Kriminalität für das gesamte Jahr 2022 zu erhalten.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele politisch rechts motivierte Straftaten wurden im Jahre 2022 in Nordrhein-Westfalen verübt? (Bitte nach Ort und Deliktsgruppe auflisten.)
  2. Wie viele Straftaten der Allgemeinkriminalität wurden im Jahre 2022 in Nordrhein-Westfalen von bekannten Rechtsextremen verübt?
  3. Wie verteilen sich die politisch rechts motivierten Straftaten im Jahre 2022 nach Themenfeldern? (Bitte Zahlen für Ober- und Unterthemen angeben.)
  4. Wie viele Tatverdächtige wurden im Jahre 2022 in NRW wegen politisch rechts motivierter Straftaten festgenommen? (Bitte nach Ort, Alter, Nationalität bzw. Migrationshintergrund und Geschlecht auflisten.)
  5. In wie vielen Fällen politisch rechts motivierter Kriminalität kam es im Jahre 2022 zur Einleitung von Ermittlungsverfahren, zur Erhebung einer Anklage, zu einer Verurteilung bzw. zu einer Einstellung der Ermittlungen? (Bitte auch den Grund für die Einstellung des Verfahrens angeben.)

Markus Wagner
Enxhi Seli-Zacharias

 

Anfrage als PDF


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 964 mit Schreiben vom 2. Februar 2023 na­mens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheit­lich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“.

Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Ent­scheidungen richten;
  • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerk­male, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsor­gane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben;
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswär­tige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden;
  • gegen eine Person wegen der ihr zugeschriebenen oder tatsächlichen politischen Hal­tung, Einstellung und/oder ihres Engagements gerichtet sind bzw. aufgrund von Vorur­teilen des Täters bezogen auf Nationalität, ethnische Zugehörigkeit, Hautfarbe, Religi­onszugehörigkeit, Weltanschauung, sozialen Status, physische und/oder psychische Behinderung oder Beeinträchtigung, Geschlecht/geschlechtliche Identität, sexuelle Ori­entierung oder äußeres Erscheinungsbild begangen werden. Diese Straftaten können sich unmittelbar gegen eine Person oder Personengruppe, eine Institution oder ein Ob-jekt/eine Sache richten, welche(s) seitens des Täters einer der o. g. gesellschaftlichen Gruppen zugerechnet wird (tatsächliche oder zugeschriebene Zugehörigkeit) oder sich im Zusammenhang mit den vorgenannten Vorurteilen des Täters gegen ein beliebiges Ziel richten.

Darüber hinaus werden Tatbestände gemäß §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102, 104, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 130, 192a, 234a oder 241a Strafgesetzbuch (StGB) sowie Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch erfasst, weil sie Staatsschutzdelikte sind, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.

Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).

Der Fallzahlenabgleich mit dem Bundeskriminalamt ist für das Jahr 2022 noch nicht abge­schlossen, die Zahlen sind daher mit Stand 6. Januar 2023 als vorläufig zu betrachten.

  1. Wie viele politisch rechts motivierte Straftaten wurden im Jahre 2022 in Nordrhein-Westfalen verübt? (Bitte nach Ort und Deliktsgruppe auflisten)

Im Jahr 2022 wurden in Nordrhein-Westfalen bislang 3105 Straftaten der PMK-Rechts erfasst. Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 1 zu entnehmen.

  1. Wie viele Straftaten der Allgemeinkriminalität wurden im Jahre 2022 in Nordrhein-Westfalen von bekannten Rechtsextremen verübt?

Für das Jahr 2022 wurden bislang 1491 Straftaten der Allgemeinkriminalität von bekannten Rechtsextremen begangen, bei denen bereits zuvor polizeiliche Erkenntnisse als Tatverdäch­tige politisch motivierter Straftaten Rechts vorlagen.

  1. Wie verteilen sich die politisch rechts motivierten Straftaten im Jahre 2022 nach Themenfeldern? (Bitte Zahlen für Ober- und Unterthemen angeben)

Die statistische Erfassung Politisch motivierter Straftaten nach Themenfeldern erfolgt auf der Grundlage eines bundesweit einheitlich festgelegten Katalogs. Für eine differenzierte Lage­darstellung sind alle zutreffenden Ober- und Unterbegriffe anzugeben. Dementsprechend sind Mehrfachnennungen nicht nur möglich, sondern ausdrücklich intendiert.

Die häufigsten Oberbegriffe der rechts motivierten Straftaten im Jahr 2022 sind „Nationalsozi-alismus/Sozialdarwinismus“ mit bislang 2137 Delikten sowie „Hasskriminalität“ mit bislang 1110 Delikten.

Bei den Unterbegriffen sind „Fremdenfeindlich“ mit bislang 1084 und „gegen den Staat, seine Einrichtungen und Symbole“ mit bislang 642 erfassten Delikten auffällig.

Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 2 zu entnehmen.

  1. Wie viele Tatverdächtige wurden im Jahre 2022 wegen politisch rechts motivierter Straftaten festgenommen? (Bitte nach Ort, Alter, Nationalität bzw. Migrationshin-tergrund und Geschlecht auflisten)

Im KPMD-PMK werden Tatorte und keine Festnahmeorte erfasst. Als Festnahme werden hier statistisch alle bekanntgewordenen polizeilichen Maßnahmen gemäß §§ 127, 127b Strafpro­zessordnung (StPO) erfasst (keine Ingewahrsamnahmen nach dem Polizeigesetz NRW).

Im Jahr 2022 wurden in Nordrhein-Westfalen 16 Tatverdächtige wegen Straftaten der PMK-Rechts festgenommen. Eine weitergehende Differenzierung ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich.

  1. In wie vielen Fällen politisch rechts motivierter Kriminalität kam es im Jahre 2022 zur Einleitung von Ermittlungsverfahren, zur Erhebung einer Anklage, zu einer Verurteilung oder zu einer Einstellung der Ermittlungen? (Bitte auch den Grund für die Einstellung des Verfahrens angeben)

Durch die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen wurde in allen in der Antwort zu Frage 1 aufgezählten Fällen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Im Jahr 2022 kam es – den Berichten der Generalstaatsanwältin und der Generalstaatsan­wälte des Landes zufolge – bei nordrhein-westfälischen Staatsanwaltschaften in 5696 Fällen Politisch rechts motivierter Kriminalität zur Einleitung von Ermittlungsverfahren, in 778 Fällen zur Erhebung der öffentlichen Klage durch Einreichung einer Anklageschrift bzw. Beantragung eines Strafbefehls und in 4605 Fällen zur Einstellung der Ermittlungen. Grund für die Einstel­lung des Verfahrens war in 1934 Fällen, dass ein Tatverdächtiger nicht ermittelt werden konnte. In 352 Fällen erfolgte eine Verurteilung.

Die Differenz zu den polizeilich eingeleiteten Ermittlungsverfahren erklärt sich durch ein ande­res Erfassungssystem der Landesjustiz.

 

Antwort samt Anlage als PDF