Politisch motivierte Kriminalität – rechts in NRW im Jahr 2023

Kleine Anfrage
vom 17.05.2024

Kleine Anfrage 3848

der Abgeordneten Markus Wagner und Enxhi Seli-Zacharias AfD

Politisch motivierte Kriminalität – rechts in NRW im Jahr 2023

Die politische Willensbildung erfolgt in Deutschland durch Wahlen. Jede Form von politisch motivierter Kriminalität, ganz gleich ob von links oder von rechts kommend oder auf sonstiger ideologischer oder religiöser Grundlage beruhend, ist abzulehnen.

Das Ziel dieser Anfrage ist es, einen statistischen Überblick über die politisch rechts motivierte Kriminalität für das gesamte Jahr 2023 zu erhalten.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele politisch rechts motivierte Straftaten wurden im Jahre 2023 in Nordrhein-Westfalen verübt? (Bitte nach Ort und Deliktsgruppe auflisten.)
  2. Wie viele Straftaten der Allgemeinkriminalität wurden im Jahre 2023 in Nordrhein-Westfalen von bekannten Rechtsextremen verübt?
  3. Wie verteilen sich die politisch rechts motivierten Straftaten im Jahre 2023 nach Themenfeldern? (Bitte Zahlen für Ober- und Unterthemen angeben.)
  4. Wie viele Tatverdächtige wurden im Jahre 2023 in NRW wegen politisch rechts motivierter Straftaten festgenommen? (Bitte nach Ort, Alter, Nationalität bzw. Migrationshintergrund und Geschlecht auflisten.)
  5. In wie vielen Fällen politisch rechts motivierter Kriminalität kam es im Jahre 2023 zur Einleitung von Ermittlungsverfahren bzw. Gerichtsprozessen? (Bitte aufgeschlüsselt nach Einleitung von Ermittlungsverfahren, Anklageerhebung, Verurteilung und Verfahrenseinstellung unter Angabe des Grundes für die Einstellung des Verfahrens angeben.)

Markus Wagner

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-9291


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3848 mit Schreiben vom 25. Juni 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheit­lich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems PMK.

Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Ent­scheidungen richten,
  • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerk­male, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsor­gane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben,
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswär­tige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden und/oder
  • gegen eine Person wegen der ihr zugeschriebenen oder tatsächlichen politischen Hal­tung, Einstellung und/oder ihres Engagements gerichtet sind bzw. aufgrund von Vorur­teilen des Täters bezogen auf Nationalität, ethnische Zugehörigkeit, Hautfarbe, Religi­onszugehörigkeit, Weltanschauung, sozialen Status, physische und/oder psychische Behinderung oder Beeinträchtigung, Geschlecht/geschlechtliche Identität, sexuelle Ori­entierung oder äußeres Erscheinungsbild begangen werden. Diese Straftaten können sich unmittelbar gegen eine Person oder Personengruppe, eine Institution oder ein Ob-jekt/eine Sache richten, welche(s) seitens des Täters einer der o. g. gesellschaftlichen Gruppen zugerechnet wird (tatsächliche oder zugeschriebene Zugehörigkeit) oder sich im Zusammenhang mit den vorgenannten Vorurteilen des Täters gegen ein beliebiges Ziel richten.

Darüber hinaus werden Tatbestände gemäß §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102, 104, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 130, 192a, 234a oder 241a Strafgesetzbuch (StGB) sowie Straftaten nach dem Völker-strafgesetzbuch erfasst, weil sie Staatsschutz-delikte sind, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.

Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungs-zusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fäl­len der PMK (KPMD-PMK).

  1. Wie viele politisch rechts motivierte Straftaten wurden im Jahre 2023 in Nordrhein-Westfalen verübt? (Bitte nach Ort und Deliktsgruppe auflisten.)

Im Rahmen des KPMD-PMK wurden für 2023 insgesamt 3.549 Delikte
für den Phänomenbereich PMK-Rechts statistisch erfasst.

Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 1 zu entnehmen.

  1. Wie viele Straftaten der Allgemeinkriminalität wurden im Jahre 2023 in Nordrhein-Westfalen von bekannten Rechtsextremen verübt?

Für das Jahr 2023 wurden 1.833 Straftaten der Allgemeinkriminalität von

Personen begangen, bei denen bereits zuvor polizeiliche Erkenntnisse als Tatverdächtige po-

litisch motivierter Straftaten – Rechts vorlagen.

  1. Wie verteilen sich die politisch rechts motivierten Straftaten im Jahre 2023 nach Themenfeldern? (Bitte Zahlen für Ober- und Unterthemen angeben.)

Die statistische Erfassung politisch motivierter Straftaten nach Themenfeldern erfolgt auf der Grundlage eines bundesweit einheitlich festgelegten Katalogs. Für eine differenzierte Lage­darstellung sind alle zutreffenden Ober- und Unterbegriffe anzugeben. Dementsprechend sind Mehrfachnennungen nicht nur möglich, sondern ausdrücklich erwünscht.

Die häufigsten Oberbegriffe der rechts motivierten Straftaten im Jahr 2023 sind „Nationalsozi-alismus/Sozialdarwinismus“ mit bislang 2.429 Delikten sowie „Hasskriminalität“ mit bislang 1.432 Delikten.

Bei den Unterbegriffen sind „Fremdenfeindlich“ mit bislang 1.399 und „gegen den Staat, seine Einrichtungen und Symbole“ mit bislang 884 Delikten am Häufigsten erfassten.

Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 2 zu entnehmen.

  1. Wie viele Tatverdächtige wurden im Jahre 2023 in NRW wegen politisch rechts motivierter Straftaten festgenommen? (Bitte nach Ort, Alter, Nationalität bzw. Mig-rationshintergrund und Geschlecht auflisten.)

Als Festnahme werden hier statistisch alle bekanntgewordenen polizeilichen Maßnahmen ge­mäß §§ 127, 127b StPO erfasst (keine Ingewahrsamnahmen nach dem Polizeigesetz NRW).

Im Jahr 2023 wurden in Nordrhein-Westfalen zwei tatverdächtige Personen wegen Straftaten der PMK-Rechts vorläufig festgenommen.

  1. In wie vielen Fällen politisch rechts motivierter Kriminalität kam es im Jahre 2023 zur Einleitung von Ermittlungsverfahren bzw. Gerichtsprozessen? (Bitte aufge­schlüsselt nach Einleitung von Ermittlungsverfahren, Anklageerhebung, Verurtei­lung und Verfahrenseinstellung unter Angabe des Grundes für die Einstellung des Verfahrens angeben.)

Durch die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen wurde in allen der Antwort zu Frage 1 dar­gestellten Fällen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Den Berichten der Generalstaatsanwälte des Landes vom 03. und 04.04.2024 zufolge, wurden bei den nordrhein-westfälischen Staatsanwaltschaften im Jahr 2023 5682 Ermittlungsverfah­ren wegen politisch rechts motivierter Kriminalität eingeleitet. Gegen 780 Personen wurde An­klage erhoben bzw. der Erlass eines Strafbefehls beantragt. Zur Ein-stellung der Ermittlungen kam es gegen 4326 Personen. Grund für die Einstellung war in 1959 Verfahren, dass ein Tat­verdächtiger nicht ermittelt werden konnte. Im Jahr 2023 wurden 381 Personen verurteilt.

Die Differenz zu den polizeilich eingeleiteten Ermittlungsverfahren erklärt sich durch ein ande­res Erfassungssystem der Landesjustiz.

 

MMD18-9841