Polizeischutz für pädophile Straftäter

Kleine Anfrage
vom 15.07.2024

Kleine Anfrage 4137

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Polizeischutz für pädophile Straftäter

Wie die WAZ im Januar berichtete, hat ein verurteilter Pädophiler aus Gelsenkirchen während eines Hafturlaubs erneut ein kleines Mädchen missbraucht. Bereits im Jahr 2009 war der Täter vom Landgericht Dortmund wegen schweren Kindesmissbrauchs zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Anschließend wurde die zeitlich unbefristete Unterbringung in der Psychiatrie angeordnet.1

Solche Fälle sind keine Seltenheit. Erst im vergangenen Jahr wurde ebenfalls in Gelsenkirchen eine 12-Jährige schwer sexuell missbraucht.2 2022 hatte ein Kinderarzt aus Gelsenkirchen mehrere minderjährige Patientinnen missbraucht.3

Im Umgang mit pädophilen Straftätern tut sich der Staat besonders schwer. Die Politik setzt auf die Resozialisierung in die Gesellschaft und bezeichnet sie als das Ziel des erfolgreichen Strafvollzugs. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit ein Pädophiler überhaupt resozialisiert werden kann, was wissenschaftlich nicht abschließend belegbar ist. Doch die viel wichtigere Frage ist: Wie können potenzielle Opfer vor Pädophilen geschützt werden? Fälle belegen, dass selbst strenge Auflagen eine Wiederholung von Straftaten durch Pädophile nicht verhindern konnten.4

Ich frage daher die Landesregierung,

  1. Wie viele Pädophile erhalten derzeit in Nordrhein-Westfalen Polizeischutz?
  2. Wie viele Pädophile befinden sich derzeit in Strafvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen?
  3. Wie viele Pädophile befinden sich derzeit in Nordrhein-Westfalen im offenen Vollzug?
  4. Wie viele dieser Personen befinden sich aufgrund einer erneuten Straftat im Vollzug?
  5. Hat die Polizei in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen zehn Jahren in Einzelfällen Anwohner aktiv vor verurteilten pädophilen Straftätern gewarnt?

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-9990

 

1 https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen/article241542520/Missbrauch-Gelsenkirchener-Kinderschaender-droht-Endlos-Haft.html?kc=success.

2 https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen/article239304891/12-Jaehrige-in-Gelsenkirchen-schwerst-sexuell-missbraucht.html.

3 https://rp-online.de/nrw/panorama/hafturteil-fuer-35-jaehrigen-kinderarzt-aus-gelsenkirchen-wegen-sexuellen-missbrauchs_aid-77219631.

4 https://www.zeit.de/gesellschaft/2024-04/sexueller-kindesmissbrauch-straftaeter-resozialisierung-therapie; https://www.stern.de/panorama/verbrechen/wermelskirchen–nachbarn-zum-mutmasslichen-paedokriminellen–31913386.html  https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/unerwunschte-nachbarn-4902346.html.


Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 4137 mit Schreiben vom 12. August 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.

  1. Wie viele Pädophile erhalten derzeit in Nordrhein-Westfalen Polizeischutz?

Unter „Polizeischutz“ im Sinne der Fragestellung sind alle polizeilichen Maßnahmen zu sub­sumieren, die gemäß den bundeseinheitlichen Vorgaben der Polizeidienstvorschrift (PDV) 129 – Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch (VS-NfD) – dem Verhindern oder der Abwehr von Angriffen auf Personen oder Objekte dienen.

Bei Bekanntwerden einer möglichen Gefährdung einer Person wird durch die zuständige Kreispolizeibehörde eine sogenannte Beurteilung der Gefährdungslage erstellt. In Fällen, in denen die Gefährdung einer Person festgestellt wird, erfolgt die Einstufung in eine Gefähr­dungsstufe. An der Gefährdungsstufe orientiert, führt die zuständige Kreispolizeibehörde sachgerechte und einzelfallbezogene Schutzmaßnahmen durch.

In die Beurteilung der Gefährdungslage werden die sachverhalts- und gefährdungsbegründen­den Umstände einbezogen. Sofern für die Beurteilung der Gefährdungslage nicht im Einzelfall bedeutsam, werden sexuelle Präferenzen einer gefährdeten Person nicht berücksichtigt und erfasst, weshalb eine automatisierte Recherche einschlägiger Fälle nicht möglich ist.

Eine insoweit erforderliche Einzelfallauswertung aller in Frage kommender Vorgänge wäre da­mit weder valide noch in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehen­den Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand

möglich.

  1. Wie viele Pädophile befinden sich derzeit in Strafvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen?
  2. Wie viele Pädophile befinden sich derzeit in Nordrhein-Westfalen im offenen Voll­zug?
  3. Wie viele dieser Personen befinden sich aufgrund einer erneuten Straftat im Voll­zug?

Die Fragen 2, 3 und 4 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Die angefragten Daten liegen der Landesregierung nicht vor.

In der Strafverfolgungs- und der Strafvollzugsstatistik wird nicht erfasst, ob bei den verurteilten Personen eine pädophile Neigung gemäß der „Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“ (ICD-10-GM) vorliegt.

  1. Hat die Polizei in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen zehn Jahren in Ein­zelfällen Anwohner aktiv vor verurteilten pädophilen Straftätern gewarnt?

Der Landesregierung sind Einzelfälle bekannt, in denen die Weitergabe von Informationen über verurteilte Sexualstraftäter an Dritte durch die Polizei Nordrhein-Westfalen erfolgte. Eine solche Maßnahme führt die Polizei Nordrhein-Westfalen nur nach strenger Prüfung des Ein­zelfalls und sorgfältiger Abwägung der widerstreitenden schutzwürdigen Interessen der Be­troffenen durch.

Weitere Einzelheiten zu diesen Maßnahmen liegen nicht vor, da eine standardisierte Erfas­sung dieser Fälle nicht erfolgt. Eine Einzelfallauswertung aller in Frage kommender Vorgänge wäre in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit ver­tretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.

 

MMD18-10287