Protest von „Extinction Rebellion“ am Landtag Nordrhein-Westfalen

Kleine Anfrage
vom 21.05.2021

Kleine Anfrage 5502der Abgeordneten Markus Wagner, Andreas Keith, Sven Tritschler, Roger Beckamp und Dr. Christian Blex vom 21.05.2021

 

Protest von „Extinction Rebellion“ am Landtag Nordrhein-Westfalen

Am frühen Donnerstagnachmittag, dem 20. Mai 2021, kam es laut Berichten von Medien und Augenzeugen unmittelbar am Landtag Nordrhein-Westfalen zu einer politisch motivierten Störaktion der Bestrebung „Extinction Rebellion“. An der Aktion war eine Gruppe von circa 30 Störern beteiligt. Im Verlauf der Aktion stellte die Gruppe einen Wohnwagen auf den Vorplatz des Landtages. Zeitgleich bestiegen mehrere Linksradikale das Vordach des Hauptgebäudes und entrollten ein Transparent mit der Aufschrift „Lobbys raus – Bürger:innen (sic!) rein“. Darüber hinaus ketteten sich weitere Störer an einem selbstgebauten Windrad und anderen selbst hergestellten Hindernissen fest. Ziel der Aktion war wohl ein „Umdenken in der Klimapolitik“, u.a. ginge es den Personen um die Inbetriebnahme des Steinkohlekraftwerks „Datteln 4“, von der die Kohlekommission abgeraten hatte.1

Laut Angaben von Augenzeugen musste die Polizei mit einem Großaufgebot anrücken. Es waren überdies offenbar auch Feuerwehr- und Rettungskräfte an dem Einsatz beteiligt. Die linken Störer auf dem Vordach mussten schließlich durch eine spezialisierte Einheit der Polizei mit Unterstützung der Feuerwehr vom Dach entfernt werden.

Fragen:

  1. Was ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu diesem Vorfall am Landtag? (Bitte Anzahl der Tatverdächtigen, Tathergang, etwaige Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, sonstige polizeiliche, staats- und/oder verfassungsschutzrelevante Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Wie viele Polizeibeamte, Feuerwehr- und Rettungskräfte waren insgesamt zur Einsatzbewältigung eingesetzt? (Bitte Anzahl, BOE Zugehörigkeit und Spezialeinheiten)
  3. Wie hoch sind die Kosten des Einsatzes? (Bitte die Gesamtkosten nennen und diese sodann nach Polizei, Feuerwehr sowie anderer Rettungs- und Spezialkräften aufschlüsseln)
  4. Wer trägt die Kosten des Einsatzes? (Bitte nur die Einsatzkosten ohne mögliche Straf­oder Ordnungsgelder darstellen.)
  5. Gab es eine Vereinbarung über eine zumindest temporäre Duldung der Störer innerhalb der Bannmeile? (Bitte ggf. den Inhalt der getroffenen Vereinbarung angeben)

Markus Wagner
Andreas Keith
Sven Tritschler
Roger Beckamp
Dr. Christian Blex

 

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1 Vgl. https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/landtag-extinction-rebellion-100.html; https://www.nrz.de/staedte/duesseldorf/klimaprotest-aktion-von-extinction-rebellion-am-nrw-landtag-id232339393.html


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 5502 mit Schreiben vom 6. Juli 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Was ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlun­gen zu diesem Vorfall am Landtag? (Bitte Anzahl der Tatverdächtigen, Tathergang, etwaige Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, sonstige polizeiliche, staats- und/oder verfassungsschutzrelevante Erkenntnisse über die Tatverdächti­gen nennen.)

Durch das Polizeipräsidium Düsseldorf wurden insgesamt 21 Tatverdächtige im Sachzusam­menhang ermittelt. Von allen 21 Personen wurden die Personalien festgestellt. Gegen alle wird wegen des Vorwurfs eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ermittelt. Ebenfalls ge­gen alle 21 Personen richtet sich der Tatvorwurf des Hausfriedensbruchs gemäß § 123 StGB und der Störung der Tätigkeit eines Gesetzgebungsorgans gemäß § 106b StGB. Wegen aller in Frage kommender Delikte wurde ein erforderlicher Strafantrag durch die Landtagsverwal­tung gestellt.

Darüber hinaus wird bei allen 21 Personen ein Verstoß gegen § 112 OWiG Verletzung der Hausordnung eines Gesetzgebungsorgans angenommen.

Zum Fortgang und zur Bewertung der polizeilichen Feststellungen teilte mir das Ministerium der Justiz mit Schreiben vom 08.06.2021 folgenden Sachstand mit:

„Hierzu hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Düsseldorf dem Ministerium der Justiz unter dem 01.06.2021 u. a. wie folgt berichtet:

‚Aufgrund des in Bezug genommenen Vorfalls am 20.05.2021 ist ein Ermittlungs­verfahren eingeleitet worden, das sich gegen insgesamt sechs Personen richtet. Gegen vier von diesen, die auf das Vordach des Landtagsgebäudes geklettert sein und hierbei möglicherweise auch einen zum Landtagsgebäude gehörenden Bal­kon betreten haben sollen, wird wegen Hausfriedensbruchs ermittelt. Gegen zwei von den sechs Personen, die nach dem Eindruck der Polizei vor Ort leitungsähnli­che Aufgaben wahrgenommen haben sollen, wird wegen Verstoßes gegen § 26 Nr. 2 Versammlungsgesetz (Durchführung einer öffentlichen Versammlung ohne Anmeldung) ermittelt.

Die Sicherheitsbeauftragte des Landtags hat am 20.05.2021 gegenüber der Poli­zei erklärt, dass sie im Namen des Präsidenten des Landtags Nordrhein-Westfalen Strafantrag gegen die vier Personen auf dem Vordach stelle. Ein schriftlicher Straf­antrag befindet sich bislang nicht bei den Akten. Mit Blick auf Nr. 6 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren hat die Staatsan­waltschaft gleichwohl bereits mit den Ermittlungen begonnen.

Den Beschuldigten wird derzeit rechtliches Gehör gewährt. Ausweislich der aktu­ellen Auskünfte des Bundeszentralregisters sind die Beschuldigten bislang nicht vorbestraft.

Hinsichtlich der übrigen an der Protestaktion beteiligten 15 Personen bestehen nach vorläufiger Prüfung keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten. Soweit gegen diese der Verdacht einer Ord­nungswidrigkeit nach §§ 29a Abs. 1, 16 Abs. 1 und Abs. 2 Versammlungsgesetz i.V.m. §§ 1 ff. des Bannmeilengesetzes des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 25.02.1969 besteht, wird die Staatsschutzabteilung der Polizei in Düsseldorf – in Abstimmung mit dem hiesigen Dezernenten – einen gesonderten Vorgang anle­gen.

Da in Ermangelung eines Anfangsverdachts für eine Straftat Registerauszüge nicht anzufordern waren, sind etwaige strafrechtliche Vorbelastungen dieser 15 Personen nicht bekannt.“

Der Generalstaatsanwalt in Düsseldorf hat dem Ministerium der Justiz am 02.06.2021 berichtet, gegen die Sachbehandlung des Leitenden Oberstaatsan­walts in Düsseldorf keine Bedenken zu haben.“

  1. Wie viele Polizeibeamte, Feuerwehr- und Rettungskräfte waren insgesamt zur Ein­satzbewältigung eingesetzt? (Bitte Anzahl, BOE Zugehörigkeit und Spezialeinhei­ten)

Die Polizei setzte in der Spitze einschließlich der Bereitschaftspolizei 88 Einsatzkräfte ein.

Die Feuerwehr Düsseldorf sowie der Rettungsdienst der Stadt Düsseldorf setzten in der Spitze insgesamt 22 Einsatzkräfte ein.

  1. Wie hoch sind die Kosten des Einsatzes? (Bitte die Gesamtkosten nennen und diese sodann nach Polizei, Feuerwehr sowie anderer Rettungs- und Spezialkräften aufschlüsseln)
  2. Wer trägt die Kosten des Einsatzes? (Bitte nur die Einsatzkosten ohne mögliche Straf- oder Ordnungsgelder darstellen.)

Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Eine auf das einzelne Einsatzgeschehen bezogene Vollkostenrechnung der Polizei liegt nicht vor.

Eine auf den konkreten Einsatzfall bezogene gebührenrechtlich betrachtete Kostenaufstellung für die Feuerwehr und Rettungsdienstkräfte liegt ebenfalls nicht vor. Einsätze im Zusammen­hang mit Demonstrationsgeschehen werden regelmäßig aus laufenden Haushaltsmitteln fi­nanziert.

 

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