Kleine Anfrage 3741
des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz AfD
„Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in NRW“
Die Kinder- und Jugendpsychiatrie an der St. Anna-Virngrund-Klinik in Ellwangen, die seit 20 Jahren besteht, hat insbesondere seit Beginn der Corona-Pandemie eine Veränderung in der Art der Erkrankungen festgestellt. Der Chefarzt der Klinik, berichtet von einem Anstieg an Essstörungen, Angststörungen und Selbstverletzungen, insbesondere bei Mädchen. Zudem gebe es eine Zunahme psychischer Erkrankungen bei Kindern als Folge von Misshandlung oder Missbrauch. Die Chefärztin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des ZFP Weissenau, betont, dass die Hälfte aller psychischen Auffälligkeiten ihren Ursprung in der Kindheit hat und die Schwere der Erkrankungen in den letzten drei Jahren zugenommen habe.1
Auch in Schleswig-Holstein nimmt die psychische Belastung bei Jugendlichen laut einem Artikel des NDR weiter zu. Demnach gab vor der Pandemie noch jeder fünfte Jugendliche an, sich psychisch belastet zu fühlen; inzwischen ist es fast jeder Dritte. Zusätzlich sei nur sehr schwer an einen Therapieplatz zu kommen.2
Insgesamt steigt den Berichten des Statistischen Bundesamts zufolge der Anteil an Klinikaufenthalten und stationären Behandlungen wegen psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen auch auf Bundesebene.3
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie hat sich die Anzahl an stationären und teilstationären Behandlungen von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Erkrankungen in NRW in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? (Bitte für die Jahre 2019 bis 2023 aufschlüsseln)
- Wie viele Fälle von psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen als Folge von Misshandlung oder Missbrauch sind der Landesregierung in NRW bekannt? (Bitte für die Jahre seit 2019 aufschlüsseln)
- Welche Zahlen oder Daten liegen der Landesregierung zu den Langzeitauswirkungen der Corona-Pandemie auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in NRW vor?
- Wie hoch ist aktuell die durchschnittliche Wartezeit, um als neuer Patient in einer kinder-und jugendpsychiatrischen Einrichtung aufgenommen zu werden?
Dr. Martin Vincentz
3 https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/07/PD23_N042_231.html
Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 3741 mit Schreiben vom 21. Mai 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beantwortet.
- Wie hat sich die Anzahl an stationären und teilstationären Behandlungen von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Erkrankungen in NRW in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? (Bitte für die Jahre 2019 bis 2023 aufschlüsseln)
Für die Datenauswertung zur Beantwortung der Frage 1 wurden die Diagnosen des Kapitels V „Psychische und Verhaltensstörungen“, ICD10: F00 – F99, verwendet. Daten für das Jahr 2023 liegen noch nicht vor.
Stationäre Krankenhausbehandlungen aufgrund von psychischen Störungen und Verhaltensstörungen (ICD10: F00-F99) bei Kindern und Jugendlichen unter 20 Jahren in Nordrhein-Westfalen | |
2019 | 31.413 |
2020 | 26.505 |
2021 | 29.049 |
2022 | 27.865 |
Quelle: Zusammengefasste Daten des LZG, gem. GBE Bund, Diagnosedaten der Krankenhäuser ab 2000
Die Diagnosemeldungen der Krankenhausstatistik beziehen sich auf alle im Berichtsjahr entlassenen vollstationären Patientinnen und Patienten, inklusive der Stundenfälle. Daten zu teilstationären Behandlungen sind nicht Teil der Krankenhausstatistik und liegen der Landesregierung Nordrhein-Westfalen nicht vor.
Erfasst wird jeweils die Hauptdiagnose zum Zeitpunkt der Entlassung, die die Behandlungsdauer bzw. den Umfang der medizinischen Leistungen wesentlich bestimmt hat. Die Verschlüsselung erfolgt nach der ICD10-Klassifikation. Patientinnen und Patienten, die innerhalb eines Jahres mehrfach vollstationär behandelt wurden, werden auch mehrfach erfasst. Dies ist bei der Interpretation der Daten zu beachten, insbesondere bei Diagnosen, die häufig mit wiederholten Krankenhausaufenthalten einhergehen. In diesen Fällen kann aus der Zahl der Krankenhausfälle nur bedingt auf die Prävalenz der stationären Behandlung geschlossen werden. Bei der Interpretation der Daten für die Jahre 2020 bis 2022 ist zudem zu beachten, dass Krankenhausbehandlungen aufgrund der Corona-Pandemie zum Teil zurückgegangen sind.
- Wie viele Fälle von psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen als Folge von Misshandlung oder Missbrauch sind der Landesregierung in NRW bekannt? (Bitte für die Jahre seit 2019 aufschlüsseln)
Der Landesregierung Nordrhein-Westfalen liegen hierzu keine Informationen vor.
Im Kontext der psychiatrischen Diagnostik werden grundsätzlich nur Diagnosen der Störungsbilder, nicht jedoch deren Ursachen erfasst.
- Welche Zahlen oder Daten liegen der Landesregierung zu den Langezeitauswir-kungen der Corona-Pandemie auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in NRW vor?
Konkrete Zahlen zu den Langzeitauswirkungen der Corona-Pandemie auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen liegen der Landesregierung nicht vor.
- Wie hoch ist aktuell die durchschnittliche Wartezeit, um als neuer Patient in einer
kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtung aufgenommen zu werden?
Im Rahmen einer Abfrage über die Bezirksregierungen im vergangenen Jahr wurden kinder-und jugendpsychiatrische Fachkrankenhäuser, Fachabteilungen an Allgemeinkrankenhäusern und Universitätskliniken um Meldung gebeten, wie lange Kinder und Jugendliche derzeit in Nordrhein-Westfalen auf einen teilstationären oder stationären Psychotherapieplatz warten. Gleiches wurde erneut im Rahmen einer weiteren Umfrage zum Stichtag 20.02.2024 abgefragt.
Die gemeldeten Wartezeiten sind stark von den jeweiligen Therapiebereichen und den Bedarfen der Betroffenen abhängig, unterliegen sehr hohen Schwankungen und sind daher schwer zu interpretieren. Daher werden im Folgenden die seitens der psychiatrischen Krankenhäuser angegebenen Zeitspannen der Wartezeiten angegeben.
Es sei ferner darauf hingewiesen, dass nicht alle Krankenhäuser eine Rückmeldung zur vorliegenden Abfrage abgegeben haben.
Im Folgenden werden die Ergebnisse aus beiden Abfragen zusammengeführt dargestellt.
Regierungsbezirk | KJP teilstationär | KJP stationär |
Arnsberg | Zwischen 1 und 6 Monaten | Zwischen 1 und 4 Monaten |
Detmold | Zwischen 3 und 7 Monaten | Zwischen 1 und 7 Monaten |
Münster | Zwischen 5 Wochen und 4 Monaten | Zwischen 5 Wochen und 2,5 Monaten |
Köln | Zwischen 1 und 6 Monaten | Zwischen 1 und 3,5 Monaten |
Düsseldorf | Zwischen 3 und 5 Monaten | Zwischen 2 und 6 Monaten |