Kleine Anfrage 4123
des Abgeordneten Klaus Esser AfD
Radschnellwege in NRW: Warum klappt es mit der Umsetzung und Abrufung bereitgestellter Landesmittel nicht?
Nicht nur beim Ausbau von NRW-Landesstraßen bleiben finanzielle Mittel ungenutzt, weil nicht genügend baureife Projekte vorliegen, sondern auch bei den Radschnellwegen in NRW hapert es gewaltig. Offenbar bleiben für Radschnellwege eingeplante Landesgelder in Millionenhöhe ungenutzt.1 Von den in der Zeit von 2017 bis 2023 vom Verkehrsministerium für den Bau von Radschnellwegen zur Verfügung gestellten 86,75 Millionen Euro wurden offenbar nur Mittel in Höhe von 3,16 Millionen Euro verwendet. Insgesamt sieben Radschnellwege mit einer Gesamtlänge von 275 Kilometern sind geplant, aber lediglich 18 Kilometer davon sind bisher befahrbar, denn für diese Radstrecken gelten die gleichen Regeln wie für allgemeine Straßenbauprojekte. Die dafür in Anspruch genommenen Umweltgutachten, Planfeststellungsverfahren sowie etwaige nachgelagerte Gerichtsverfahren nehmen Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte in Anspruch.
Daher frage ich die Landesregierung:
- Warum werden vom Land NRW jedes Jahr Millionen Euro für den Bau des Prestigeprojekts Radschnellwege zur Verfügung gestellt, die immer wieder budgetiert werden, aber in der Realität auf keinerlei ausbaufähige Grundlage treffen?
- Warum können auch nach zwei Jahren schwarz-grüner Koalition in NRW nicht einmal bei den Prestige-Verkehrsinfrastrukturprojekten der sog. „Verkehrswende“ Umsetzungserfolge vorgewiesen werden?
- Wie will die Landesregierung den Bau und die Planung von Radschnellwegen forcieren, wenn ein Fachkräftemangel die Umsetzung ursächlich hindert?
- Welche Rolle spielen bei Radschnellwegeprojekten zeitliche Verzögerungen infolge von Umweltgutachten bzw. Planfeststellungsverfahren? (Bitte die konkreten Projekte, jeweils den Planungsbeginn, Hinderungsgründe und Stand der Umsetzung in NRW tabellarisch darstellen)
Klaus Esser
1 https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/verkehrsministerium-radschnellwege-mittel-100.html
Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 4123 mit Schreiben vom 22. August 2024 namens der Landesregierung beantwortet.
- Warum werden vom Land NRW jedes Jahr Millionen Euro für den Bau des Prestigeprojekts Radschnellwege zur Verfügung gestellt, die immer wieder budgetiert werden, aber in der Realität auf keinerlei ausbaufähige Grundlage treffen?
Die Höhe der veranschlagten Mittel für die Planung, den Bau und den Betrieb von Radschnell-verbindungen orientiert sich an den Bedarfsprognosen. Diese sind vor dem Hintergrund der komplexen Planungs-, Baurechts- und Bauverfahren mit entsprechenden Unsicherheiten behaftet.
Darüber hinaus werden die jeweils jährlich etatisierten Mittel für Radschnellverbindungen gemäß den zur Verfügung stehenden Haushaltsvermerken für die Titelgruppe „Nahmobilität“ bewirtschaftet. Das heißt, dass die bei einem Titel nicht verwendeten Mittel durch die gegenseitige Deckungsfähigkeit bei anderen Titeln verausgabt wurden oder nicht verausgabte Mittel den Selbstbewirtschaftungsmitteln zugeführt worden sind. Hierzu wird ergänzend auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3577 vom 22. März 2024, Drucksache 18/8963, verwiesen.
- Warum können auch nach zwei Jahren schwarz-grüner Koalition in NRW nicht einmal bei den Prestige-Verkehrsinfrastrukturprojekten der sog. „Verkehrswende“ Umsetzungserfolge vorgewiesen werden?
In Bezug auf die Herausforderungen bei der Planung von Radschnellverbindungen des Landes wird auf den schriftlichen Bericht „Sachstand Radschnellwege NRW“ der Landesregierung zur Sitzung des Verkehrsausschusses des Landtags Nordrhein-Westfalen am 31.01.2024 (Vorlage 18/2073) verwiesen.
- Wie will die Landesregierung den Bau und die Planung von Radschnellwegen forcieren, wenn ein Fachkräftemangel die Umsetzung ursächlich hindert?
Um den Fachkräftemangel im Bereich von Planung, Bau und Betrieb der Radverkehrsinfrastruktur zu beheben, ist Nordrhein-Westfalen das erste deutsche Bundesland, dass eine eigene Fahrradprofessur an der Hochschule Bochum einrichtet. Die neue Professur wird mit 400.000 € jährlich auf 10 Jahre gefördert. Ziel ist es, durch neue Fachkräfte die Transformation hin zu einer klimafreundlichen Mobilität zu beschleunigen.
Zur Fachkräftegewinnung im Ingenieurbereich setzt der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW) seit vielen Jahren auf eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Maßnahmen, die bedarfsorientiert und mit Blick auf den demografischen Wandel fortlaufend weiterentwickelt werden. Auf einer speziellen Karriereseite werden die unterschiedlichen Möglichkeiten zum Einstieg bei Straßen.NRW dargestellt. Über eine angeschlossene Jobbörse wird eine direkte Bewerbung über ein Bewerbermanagementsystem ermöglicht. Interessierte können sich dort zudem zu einem Newsletter anmelden, um über aktuelle freie Stellen informiert zu werden. Stellenanzeigen werden über Karriere.NRW sowie viele andere, vor allem auch zielgruppenspezifische Jobbörsen geschaltet. Zudem wird in Fach- bzw. Hochschulmagazinen und Semesterplanern inseriert und es werden Studierendenplattformen genutzt. Außerdem ist Straßen.NRW in den sozialen Netzwerken aktiv und nutzt gängige Karrierenetzwerke. Mit eigenen Beschäftigten ist Straßen.NRW auf Hochschul- und anderen geeigneten Berufsmessen präsent. Regelmäßig wird in Hochschulen und auch im öffentlichen Raum geworben. Es werden Exkursionen, Gastvorlesungen und Fachvorträge in Hochschulen angeboten, um den Bekanntheitsgrad von Straßen.NRW als möglicher Arbeitgeber weiter zu steigern. Das Angebot für Werkstudierende wird ebenfalls stetig ausgebaut.
Im Bereich der Personalentwicklung hat Straßen.NRW die Zugangsvoraussetzungen für die berufliche Entwicklung innerhalb der Laufbahngruppe 2 sowohl für Verwaltungsbeschäftigte als auch für technische Bedienstete modernisiert.
Insgesamt wird das Portfolio an Maßnahmen zur Personalgewinnung und Personalbindung sowie zur Personalentwicklung regelmäßig aktualisiert und bedarfsorientiert erweitert.
In Bezug auf die darüber hinausgehenden Pläne und Initiativen der Landesregierung zur Beschleunigung der Planung und des Baus von Radschnellverbindungen des Landes wird auf den schriftlichen Bericht „Sachstand Radschnellwege NRW“ der Landesregierung zur Sitzung des Verkehrsausschusses des Landtags Nordrhein-Westfalen am 31.01.2024 (Vorlage 18/2073), sowie den schriftlichen Bericht „Sachstand Radverkehr“ der Landesregierung zur Sitzung des Verkehrsausschusses des Landtags Nordrhein-Westfalen am 26.06.2024 (Vorlage 18/2712) verwiesen.
- Welche Rolle spielen bei Radschnellwegeprojekten zeitliche Verzögerungen infolge von Umweltgutachten bzw. Planfeststellungsverfahren? (Bitte die konkreten Projekte, jeweils den Planungsbeginn, Hinderungsgründe und Stand der Umsetzung in NRW tabellarisch darstellen)
Bei der Planung von Radschnellverbindungen sind die naturschutz- und umweltgesetzlichen Vorschriften zu beachten, die sich im Wesentlichen aus europa- und bundesrechtlichen Regelungen ableiten. Die dazu erforderlichen Gutachten zur Umweltverträglichkeit, Eingriffsregelung und Artenschutz sind entsprechend den fachlich anerkannten Standards zu erarbeiten. Daher kann hier nicht von Verzögerungen des Planungsprozesses gesprochen werden. Es handelt sich vielmehr um rechtlich erforderliche Grundlagen für die Planungsgenehmigung.