Antrag
der Fraktion der AfD
Regionale Vermarktung in Nordrhein-Westfalen fördern und Akzeptanz für die bäuerliche Landwirtschaft schaffen
I. Ausgangslage
Die Förderung der Direktvermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse ist Teil der Agrarpolitik auf allen Ebenen. Jedes Bundesland setzt sich mit jeweils eigenen Programmen dafür ein. Der wichtigste Aspekt der Förderung durch die Bundesländer ist die Werbung für die Direktvermarktung, insbesondere in der Form von Hofläden und der Betrieb von Informationsportalen im Internet. In Nordrhein-Westfalen sind Werbung und Verbraucherinformationen ein besonderes Anliegen der Landwirtschaftskammer. Mit ihrem Portal „Landservice“ bietet die Landwirtschaftskammer interessierten Bürgern die Möglichkeit sich über regionale Produkte zu informieren. Insgesamt bleibt die Direktvermarktung ein Wirtschaftszweig, dessen Potenzial noch nicht hinreichend ausgeschöpft wird, wie aktuelle Umfragen zeigen.
Laut der YouGov-Analyse „Regionalität als Kaufkriterium bei Lebensmittel“ von 2018 sagen 74% der Deutschen, dass sich die Angabe „regional produziert“ auf Lebensmittelverpackungen positiv auf ihr Kaufverhalten auswirke. So bewerten sie regional angebaute Lebensmittel als besonders frisch, nährstoffreicher, geschmacklich reichhaltiger und von einer allgemein höheren Qualität als Bio-Lebensmittel. Zwei von fünf Deutschen (42 %) achten bei der Auswahl von Lebensmittel besonders auf deren regionale Herkunft. Dagegen achtet nur noch jeder vierte Deutsche (25 %) beim Kauf auf Bio-Produkte.
Dass die Regio-Produkte vor den Bio-Produkten liegen, zeigt auch die Studie „Agrar Spezial: Was essen wir morgen? – Ernährungstrends und Verbraucherwünsche“ der Landwirtschaftlichen Rentenbank von 20171. In der Befragung von 850 Landwirte gaben 84 % der Befragten an, dass sie sogar von einem langfristigen Trend für Regio-Produkte ausgehen. Kleine Betriebe mit 30 bis 49 Hektar gaben dies mit 89 % besonders häufig an. Dagegen sehen nur 55 % der Befragten einen Trend zu mehr Bio-Produkten. Die aktuellen Ernährungstrends müssen sich auch in der Förderlandschaft wiederfinden.
Als Hindernis für den Ausbau der Direktvermarktung ist in erster Linie das umfangreiche Regelwerk zu nennen: Gewerberecht, Steuerrecht, Handwerksrecht, zulässige Öffnungszeiten, Baurecht, Lebensmittelrecht, Produkthaftung, Verpackungsverordnung, Vorschriften zur Lebensmittelhygiene und gegebenenfalls zum Tierrecht. Die steuerrechtlichen Aspekte sind besonders schwierig und werden von Finanzämtern streng geprüft. Ein Blick auf die Anforderung eines Hofladens macht deutlich, dass ein Bürokratieabbau dringend geboten ist.
Als Teil ihres „Landservice“ unterhält die Landwirtschaftskammer NRW ein Register von etwa 1500 „Qualitätshofläden“. Dieses Register ist gut erschlossen. Die Landwirtschaftskammer zeigt auch etwa 30 „Initiativen der Regionalvermarktung“. Der Heimatbezug dieser Initiativen wird schon in den Titeln deutlich. Diese Art der Unterstützung der Direktvermarktung sollte durch eine Marketinggesellschaft weiter ausgebaut werden. Diese Marketinggesellschaft soll direktvermarktende Erzeuger durch den Bürokratie-Dschungel führen und somit bei der Inves-titions- und Absatzförderung helfen.
Zwar setzt sich auch die EU-Kommission im Sinne der Diversifizierung der Einkommensquellen für die Direktvermarktung ein. Die Förderung aus EU-Mitteln laufen aber über das komplizierte ELER-Programm. Derartige Programme wollen nicht das Heimatgefühl stärken, sondern ein Vertrauen in europäische Institutionen erkaufen. Die aus deutschen Steuermitteln erbrachten Beiträge gehören direkt von deutschen Behörden verwaltet – ein Umweg über Brüssel sollte vermieden werden. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die EU fähig sein sollte, die Regionen und die regionale Vermarktung besser verstehen sollte als der Nationalstaat.
Ein Blick auf das Landesprogramm „Heimat. Zukunft. Nordrhein-Westfalen“ und die Förderrichtlinien des NRW-Heimatministeriums zeigen, dass dort Landwirtschaft, Forstwirtschaft, der ländliche Raum oder gar die Direktvermarktung nicht explizit genannt und gefördert werden. Das umfangreiche Förderprogramm beschränkt sich auf die Mitfinanzierung einzelner Projekte von Vereinen, Organisationen, Initiativen und Kommunen für Sport- und Spielplätze, Begegnungsstätten und Kulturhäuser sowie denkmalgeschützte Bauten. Die bäuerliche Landwirtschaft, wie z.B. Erlebnisbauernhöfe, in den verschiedenen Regionen Nordrhein-Westfalens ist aber auch im Sinne des Heimatschutzes förderungswürdig.
II. Der Landtag stellt fest, dass
- laut aktuellen Umfragen die Verbraucher regional produzierte Produkte gegenüber Bio-Produkten bevorzugen und sich die langfristigen Ernährungstrends auch in der Förderlandschaft widerspiegeln sollten;
- die regionalen Traditionsmarken von dem Trend der Verbraucher noch nicht hinreichend profitierten konnten;
- die bürokratischen Anforderungen für einen Hofladen immer noch sehr hoch sind;
- das Engagement des Lebensmitteleinzelhandels, mehr landwirtschaftliche Produkte mit der Bezeichnung „regional produziert“ anzubieten, zu würdigen ist.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- einen praktikablen Leitfaden vorzulegen, der die rechtlichen und wirtschaftlichen Schritte bei der Konzeption und Einrichtung einer Direktvermarktung, insbesondere eines Hofladens, für die Landwirte darstellt;
- eine Marketinggesellschaft zur Beratung der direktvermarktenden Erzeuger zu etablieren;
- den Abbau von bürokratischen Anforderungen der Direktvermarktung auf Landesebene voranzubringen, z.B. auch durch Pauschalierung oder Ausnahmen von der Steuerpflicht, soweit das im Rahmen der Gesetze möglich ist;
- den Förderungskatalog des NRW-Heimatministeriums auf die bäuerliche Landwirtschaft auszuweiten;
- die mobile Schlachtung finanziell und durch eine bauernfreundliche Richtlinie zu unterstützen, sowie die derzeit bestehenden rechtlichen Unsicherheiten (EU-Vorschriften, Bundesrecht, Landesrecht, Tierschutzrecht, Veterinärrecht) hinsichtlich der Zuständigkeit und Ausgestaltung von Schlachtungen vor Ort auszuräumen;
- die Fördermöglichkeiten von Automaten-Direktvertrieb (beispielsweise von Obst und Gemüse) zu prüfen und bei Bedarf zu initiieren;
- sich in allen agrarpolitischen Gremien für eine Renationalisierung der EU-Agrarpolitik einzusetzen.
Dr. Christian Blex
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion
1 https://www.rentenbank.de/dokumente/Agrar-Spezial-2017.pdf (Abgerufen: 12.03.2019) Datum des Originals: 12.03.2019/Ausgegeben: 12.03.2019