Sachstand Brückensanierungen in Nordrhein-Westfalen

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 155
der Abgeordneten Carlo Clemens und Dr. Christian Blex vom 14.07.2022

 

Sachstand Brückensanierungen in Nordrhein-Westfalen

Nordrhein-Westfalens Brückeninfrastruktur ist in einem schlechten Zustand. So musste beispielsweise die Weserbrücke in Höxter ab Juni 2022 auch für Fußgänger und Radfahrer gesperrt werden. Zuvor war sie bereits für Fahrzeuge nicht passierbar, so dass Autofahrer einen 13 Kilometer langen Umweg in Kauf nehmen müssen.1 Die Autobahngesellschaft des Bundes sperrte am 2. Dezember 2021 die Talbrücke Rahmede der A45. Sie gehört zu einer der wichtigsten Nord-Süd-Achsen der Bundesrepublik. Die Brücke ist in einem so schlechten Zustand, dass sie abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden muss. Sie steht exemplarisch für viele Brücken in Deutschland, die in den 1960er und 1970er Jahren mit Spannbeton gebaut wurden und bald einzustürzen drohen.2 Bundesweit sind 4.000 Brücken in einem ähnlich kritischen Zustand wie die Talbrücke Rahmede. Auf der Emschertalbrücke der A43 errichtete man im Dezember 2021 eine Schrankenanlage, die die Zufahrt von zu schweren Lastwagen stoppen soll. Die Brücke würde den Belastungen des Schwerlastverkehrs ansonsten nicht mehr standhalten. Ähnliche Sperrungen gibt es an den Rheinbrücken der A40 bei Duisburg und der A1 bei Leverkusen.3

Gestiegene Rohstoffpreise, Lieferengpässe und Handwerkermangel haben die Baukosten steigen lassen, so dass sich große Bauprojekte immer schwerer realisieren lassen. Laut Florian Eck, dem Geschäftsführer des Deutschen Verkehrsforums, werden die Steigerungen der Baukosten im Bundeshaushalt nicht berücksichtigt.4

Bundesverkehrsminister Volker Wissing plant die Sanierung von 4.000 Autobahnbrücken bis 2030. Auf dem Brückengipfel im März 2022 verkündete er, dass statt 200 künftig jährlich 400 Autobahnbrücken modernisiert werden sollen.5

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wie ist der aktuelle Stand der laufenden Brückensanierungen in der Zuständigkeit von Straßen.NRW? (Bitte Aufschlüsselung der Projekte nach Brückennamen, Brückentypen, Standorten an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen)
  2. Welche sanierungsbedürftigen Brücken in der Zuständigkeit von Straßen.NRW müssen kurz- bzw. mittelfristig durch einen Neubau ersetzt werden? (Bitte Aufschlüsselung der Projekte nach Brückennamen, Brückentypen, Standorten an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen)
  3. Welche Brücken können aufgrund des Mangels an spezialisierten Industrieschweißern nicht mehr instand gesetzt werden und müssen aufgrund dessen durch Neubauten ersetzt werden? (Bitte Aufschlüsselung der Projekte nach Brückennamen, Brückentypen, Standorten an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen)
  4. Inwiefern wirken sich die Einflüsse der aktuellen Baukrise (Steigerungen bei Baukosten und Rohstoffpreisen, Lieferengpässe und Handwerkermangel) auf den Stand und den Fortschritt der Sanierungs- und Bauarbeiten in der Zuständigkeit von Straßen.NRW aus?
  5. Mit welchen Maßnahmen plant die Landesregierung eine Förderung der beruflichen Ausbildung im Handwerk (zum Beispiel des Berufs des Industrieschweißers oder des Studiums des Bauingenieurwesens) um dem Sanierungsstau bei Brückensanierungen zu entgegnen?

Carlo Clemens
Dr. Christian Blex

 

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1 https://www.tagesschau.de/regional/nordrheinwestfalen/wdr-story-48321.html

2 https://www.nw.de/lokal/kreis_paderborn/paderborn/23298810_Enges-Zeitfenster-Abriss-der-B64-Bruecke-in-Paderborn.html

3 https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/warum-marode-bruecken-nicht-schneller-repariert-werden-17703949.html

4 https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/marode-infrastruktur-es-wird-so-bald-nicht-besser-bauwirtschaft-wartet-vergeblich-auf-bruecken-auftraege/28470586.html

5 https://www.verkehrsrundschau.de/nachrichten/vermischtes/brueckengipfel-4000-autobahnbruecken-sollen-bis-2030-modernisiert-werden-3141522


Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 155 mit Schreiben vom 17. August 2022 im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie ist der aktuelle Stand der laufenden Brückensanierungen in der Zuständigkeit von Straßen.NRW? (Bitte Aufschlüsselung der Projekte nach Brückennamen, Brückentypen, Standorten an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen)

Die beigefügten Anlagen enthalten eine Übersicht über aktuelle Verstärkungsmaßnahmen (Anlage 1) und Ersatzneubauten (Anlage 2) von Brücken in der Zuständigkeit des Landesbetriebes Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW).

  1. Welche sanierungsbedürftigen Brücken in der Zuständigkeit von Straßen.NRW müssen kurz- bzw. mittelfristig durch einen Neubau ersetzt werden? (Bitte Aufschlüsselung der Projekte nach Brückennamen, Brückentypen, Standorten an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen)

Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen geht aktuell von 48 Brückenbauwerken aus, die kurz- und mittelfristig (Baubeginn bis 2027) durch einen Neubau ersetzt werden müssen (siehe Anlage 3).

  1. Welche Brücken können aufgrund des Mangels an spezialisierten Industrieschweißern nicht mehr instand gesetzt werden und müssen aufgrund dessen durch Neubauten ersetzt werden? (Bitte Aufschlüsselung der Projekte nach Brückennamen, Brückentypen, Standorten an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen)

Es sind keine Brücken bekannt, auf die dies zutrifft.

  1. Inwiefern wirken sich die Einflüsse der aktuellen Baukrise (Steigerungen bei Baukosten und Rohstoffpreisen, Lieferengpässe und Handwerkermangel) auf den Stand und den Fortschritt der Sanierungs- und Bauarbeiten in der Zuständigkeit von Straßen.NRW aus?

Die Steigerungen von Baukosten sind erkennbar, werden aber über eine Stoffpreisgleitung abgepuffert. Somit ist eine Auswirkung auf den derzeitigen zeitlichen Ablauf der Projekte in Gänze nicht erkennbar. Der Mangel an Fachkräften ist seit Jahren ein Thema, somit ist eine Auswirkung auf den derzeitigen Projektstand aufgrund der aktuellen Situation nicht erkennbar.

  1. Mit welchen Maßnahmen plant die Landesregierung eine Förderung der beruflichen Ausbildung im Handwerk (zum Beispiel des Berufs des Industrieschweißers oder des Studiums des Bauingenieurwesens) um dem Sanierungsstau bei Brückensanierungen zu entgegnen?

Die Landesregierung fördert die berufliche Ausbildung im Handwerk durch diverse Maßnahmen. Mit dem Modernisierungspakt Berufliche Bildung richtet die Landesregierung ihre Anstrengungen darauf, die Bildungsstätten zur überbetrieblichen Aus- und Weiterbildung im Handwerk in Nordrhein-Westfalen zu modernisieren. Dafür wurden seit 2019 die Landesmittel auf acht Millionen Euro pro Jahr erhöht. Dies ermöglicht jährliche Gesamtinvestitionen von 40 Millionen Euro (mit Mitteln des Bundes und Eigenmittel der Zuwendungsempfänger).

Darüber hinaus fördert die Landesregierung die Lehrgänge der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung (ÜLU) in Handwerk und Industrie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF). Insbesondere im Handwerk wurde im Jahr 2022 eine Erhöhung um sieben Millionen Euro auf insgesamt 18,6 Millionen Euro realisiert. Die ESF-Förderung von laufenden Ausgaben der überbetrieblichen Unterweisung von Auszubildenden aus Industrie und Handel kommt im besonderen Maße den überbetrieblichen Lehrlingsunterweisungen in der Bauindustrie zugute.

Als besonders wirksames Instrument der Gewinnung und Bindung von Ingenieurinnen und Ingenieuren für die nordrhein-westfälische Straßenbauverwaltung hat sich das duale Studium erwiesen. Die Absolvierenden eines dualen Studiengangs lernen nicht nur den Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen und ihren späteren Einsatzort gut kennen, sie haben darüber hinaus die Möglichkeit, sich noch vor ihrem Abschluss ein Netzwerk aufzubauen. Auf dieses Netzwerk können sie auch später zurückgreifen, um Wissen und Erfahrung auszutauschen. Das duale Studium soll durch eine Erhöhung der Ausbildungsstellen weiter ausgebaut werden.

Ein weiteres Instrument sind Kooperationen mit Universitäten und Hochschulen. Um die Studierenden bereits während des Studiums für eine Tätigkeit bei Straßen.NRW zu begeistern, werden darüber hinaus Plätze für angehende Ingenieurinnen und Ingenieure als Werkstudierende oder Praktika angeboten.

Der Landesbetrieb Straßenbau bietet Studierenden außerdem Exkursionen und Fachvorträge an und ist mit großem Engagement auf (virtuellen) Hochschul- und Ausbildungsmessen präsent. Er ist in sozialen Netzwerken und auf Hochschulplattformen aktiv und betreibt zielgruppenspezifisches Marketing speziell für den Bereich der Ingenieurinnen und Ingenieure auf Plattformen wie ‚Studiflix‘ und ‚charly education‘.

 

Antwort samt Anlage als PDF