Schafft Gendersprache Verwirrungen bei Kindern und gefährdet somit ihren Lernfortschritt?

Kleine Anfrage
vom 03.05.2024

Kleine Anfrage 3788

des Abgeordneten Dr. Christian Blex AfD

Schafft Gendersprache Verwirrungen bei Kindern und gefährdet somit ihren Lernfortschritt?

Jüngsten Berichten zufolge soll an einer Grundschule in Lünen das Gendern im Unterricht durch eine Referendarin eingeführt worden sein. Diese soll nach Pressemeldungen erst Räumlichkeiten wie das Lehrerzimmer zu einer genderneutralen Form wie Teamraum umbenannt und anschließend in ihrem Unterricht auf die Verwendung von Gendersprech-und -schreibweisen bestanden haben.1

Nun kam es zu skurrilen falschen Verwendungen von gegenderten Begriffen durch Schüler. So sollen manche Kinder Wortneuschöpfungen wie „Stühl-innen“, „Tisch-in“ oder „Plakatin“ genutzt haben, da sie offenbar durch die unrechtmäßige und vor allem grammatikalisch falsche Forderung nach einer Gendersprechweise verwirrt und überfordert wurden. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich viele Schüler diese falsche Sprech- und Schreibweise einprägen und somit einen langfristigen Nachteil in ihrem Lernfortschritt haben werden. Besonders Kinder, welche nicht Deutsch als Muttersprache lernen, werden hierdurch massiv gefährdet.

Die im Alleingang handelnde neue Kollegin führt hier also eine inkorrekte Grammatik und Aussprache ein, die jeder wissenschaftlichen oder sprachkulturellen Grundlage entbehrt. Hat doch kürzlich erst der Rat für deutsche Rechtschreibung eine Stellungnahme gegen die Verwendung von Sprech- und Schreibweisen mit Sonderzeichen veröffentlicht.2 Sie stünden nicht im Kernbestand der deutschen Orthografie und entsprächen nicht den Kriterien, die gendergerechte Sprache erfüllen müsse.3

Das erfolgreiche Erlernen der deutschen Sprache in Wort und Schrift ist mitunter wichtigstes Lernziel unserer Grundschüler. Besonders hinsichtlich weiter sinkender Lernstände, immer weiter rückläufiger Ergebnisse von Lernstandserhebungen und eines horrenden Verfalls des Wortschatzes unserer Schüler kann sich das einstige Bildungsland NRW, aber auch Deutschland gesamtheitlich betrachtet eine derartige proaktive Schädigung nicht erlauben. Kinder mit Migrationshintergrund, die ohnehin häufig zu den abgehängten Deutschlernern zählen und oft die Mehrheit im Klassenzimmer ausmachen, leiden zudem besonders unter fluktuierenden Regeln und Vorgaben für den Sprachgebrauch.4

Lehrkräfte dürfen nicht im Alleingang Experimente an unseren Schulen durchführen, weswegen das Thema zeitnah aufgeklärt werden sollte.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Auf welcher Rechtsgrundlage kann die Verwendung von Gendersprache an einer Schule eingeführt bzw. verlangt werden?
  2. Wie können Schüler, die sich der Verwendung von Gendersprache verweigern, schulrechtlich oder gemäß der Schulordnung disziplinarisch belangt werden?
  3. Wie ist die Verwendung von Gendersprache und Genderschreibweise mit den Kernlernzielen des Faches Deutsch in Einklang zu bringen?
  4. Gedenkt die Landesregierung eine einheitliche und verbindliche Lösung für Genderschreibweisen einzuführen?
  5. An welche Kriterien sind Lehrkräfte zurzeit gebunden, wenn es um den Unterricht der deutschen Sprache geht?

Dr. Christian Blex

 

MMD18-9131

 

1 https://apollo-news.net/gender-sprache-an-der-grundschule-kinder-sprechen-von-tisch-in-und-stuehl-innen/

2 https://www.rechtschreibrat.com/geschlechtergerechte-schreibung-erlaeuterungen-begruendung-und-kriterien-vom-15-12-2023/

3 https://www.rechtschreibrat.com/amtliches-regelwerk-der-deutschen-rechtschreibung-ergaenzungspassus-sonderzeichen/

4 https://www.waz.de/region/rhein-und-ruhr/article241736380/NRW-Schulleiter-Von-28-Kindern-


Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 3788 mit Schreiben vom 27. Mai 2024 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Auf welcher Rechtsgrundlage kann die Verwendung von Gendersprache an einer Schule eingeführt bzw. verlangt werden?

Für Beschäftigte an öffentlichen Schulen gilt die Vorgabe des § 4 des Landesgleichstellungs-gesetzes, wonach grundsätzlich eine geschlechtergerechte Sprache zu verwenden ist. Für die Amts- und Rechtssprache wird diese Vorgabe durch den Gemeinsamen Runderlass „Gleich­stellung von Frau und Mann in der Rechts- und Amtssprache“ des Justizministeriums, des Ministerpräsidenten und aller Landesministerien vom 24. März 1993 konkretisiert. Er besagt, dass möglichst geschlechtsneutrale Formulierungen oder – sofern keine geschlechtsneutralen Formulierungen gefunden werden können – ausgeschriebene Paarformeln (weiblich und männlich) zu verwenden sind.

Darüber hinaus sind Schulen an das Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung ge­bunden (siehe Antworten auf die Fragen 3 und 5).

  1. Wie können Schüler, die sich der Verwendung von Gendersprache verweigern, schulrechtlich oder gemäß der Schulordnung disziplinarisch belangt werden?

Die Nichtverwendung geschlechtergerechter Sprache durch Schülerinnen und Schüler ist keine schulische Pflichtverletzung im Sinne des § 53 Schulgesetz NRW.

  1. Wie ist die Verwendung von Gendersprache und Genderschreibweise mit den Kernlernzielen des Faches Deutsch in Einklang zu bringen?

Das Fach Deutsch leistet neben anderen Fächern wesentliche Beiträge zur ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung, die die Wahrnehmung, Gestaltung und Reflexion der Vielgestal­tigkeit von Kultur und Lebenswirklichkeit umfassen. Ziel des Deutschunterrichts von der Pri­marstufe aufsteigend ist es, Schülerinnen und Schüler zu einer grundlegenden rezeptiven und produktiven Text- und Gesprächskompetenz zu befähigen.

In den unteren Jahrgangsstufen steht im Deutschunterricht zunächst vor allem der Erwerb einer sicheren Rechtschreibung im Vordergrund. Die Schule ist der Ort der Vermittlung von orthografischen Normen. Für alle Schulen gilt das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung. Die geschriebene deutsche Sprache ist von jüngeren Schülerinnen und Schülern erst noch zu erlernen. In den höheren Schulstufen soll dann im Sinne der Reflexion der Vielgestaltigkeit von Kultur und Lebenswirklichkeit unter anderem auch die Entwicklung von Sprache reflektiert werden.

Sofern die Debatte über gendergerechte Sprech- und Schreibweisen Eingang in den Unterricht findet, so ist sie in Anlehnung an den Beutelsbacher Konsens (Überwältigungsverbot und Kontroversitätsgebot) als gesellschaftlich kontrovers einzuordnen.

  1. Gedenkt die Landesregierung eine einheitliche und verbindliche Lösung für Gen-derschreibweisen einzuführen?

Es existieren bereits einheitliche und verbindliche Vorgaben für eine geschlechtergerechte Sprache (siehe Antwort auf Frage 1).

  1. An welche Kriterien sind Lehrkräfte zurzeit gebunden, wenn es um den Unterricht der deutschen Sprache geht?

Seit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 3. März 2006 stellt das amtliche Regel­werk der deutschen Rechtschreibung, herausgegeben vom Rat für deutsche Rechtschrei­bung, die verbindliche Grundlage für den Unterricht an allen Schulen dar.

Darüber hinaus sind für Lehrkräfte die Richtlinien und Lehrpläne aller Fächer für die jeweiligen Schulformen verbindlich umzusetzen.

 

MMD18-9363