Schulpflichtverstöße konsequent erfassen und wirksame Prävention ermöglichen

Antrag
vom 06.11.2024

Antrag

der Fraktion der AfD

Schulpflichtverstöße konsequent erfassen und wirksame Prävention ermöglichen

I. Ausgangslage

Die Antwort auf die Kleine Anfrage 4578 der AfD-Fraktion1 über das Phänomen verschwunde­ner Schüler fiel wenig umfangreich aus und offenbarte Lücken in der konsequenten Aufklärung und demnach auch in der Prävention von Schulpflichtverletzungen verschiedener Ursachen. Jedoch sind nach jüngsten Presseberichten beispielsweise die Zahlen der Schulschwänzer auf einem Rekordhoch.2 Die zuständigen Schulaufsichtsbehörden seien zur Statistikführung nicht verpflichtet. Bereits eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion aus dem Jahr 2023 über Schü­ler, welche die Schulpflicht nicht wahrnehmen, ergab, dass die Datenerfassung darüber ledig­lich den einzelnen Schulen obliegt. Besonders Schüler mit Migrationshintergrund sind häufig von Schulpflichtverstößen betroffen, und ob das familiär bedingt, schulpsychologisch oder selbstverschuldet ist, spielt hierbei eine wichtige Rolle. Zweifelsfrei ist Schulabsentismus in jedem Fall ein großer Nachteil für betroffene Schüler, jedoch benötigt eine gelingende Präven­tion Daten über Gründe, Sachverhalte und grundlegende Fallzahlen, insbesondere wenn Be­trugsfälle seitens der Familien den Bildungsweg der Kinder gefährden.

Der Runderlass „BASS 2024/2025 – 12-51 Nr. 5 Überwachung der Schulpflicht“ gibt Rahmen­bedingungen vor, wie in eine Schulpflichtverletzung zu behandeln ist, wie Eltern und Schüler darüber aufzuklären sind und bei wem die Verantwortung über diese Umsetzungen liegt. Kon­krete Präventionsmaßnahmen, insbesondere sachgerechter sowie ursachenspezifischer Art, sind jedoch nicht vorgesehen, es wird seitens der Landesregierung allenfalls auf Krisenhand­bücher verwiesen.3

Beispielsweise muss der Schulwechsel eines Schülers der aktuellen Schule ausschließlich seitens der Eltern gemeldet werden. Bleibt dies aus, aus welchen Gründen auch immer, bleibt die betroffene Schule ahnungslos zurück. Vor allem bei Um- und Wegzügen von Familien mit schulpflichtigen Kindern und ausbleibenden Anmeldungen beim neuen zuständigen Einwoh­nermeldeamt ist zudem eine Ahndung von Schulpflichtverstößen schwer zu realisieren. Auch Betrugsmaschen, etwa eine Variante des Kindergeldbetrugs4, wie er kürzlich in Duisburg aufgedeckt wurde, hängen häufig mit falschen Schulanmeldungen zusammen.5 Die Dunkelzif­fer ungeahndeter Schulpflichtverstöße ist demzufolge aus Sicht des Antragstellers hoch, auch wenn die Landesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage 4578 keine derartigen Schät­zungen vornehmen möchte.

Der facettenreiche Schulabsentismus kann vermutlich auch durch die desolate Bildungslage der deutschen Schulen erklärt werden. Psychologische Folgen der Coronamaßnahmen, Bil­dungsmisserfolge, Mobbing, fehlende Sprach- und damit Integrationsfertigkeiten werden alle­samt ihren Beitrag zu den hohen Schulschwänzer-, Krankheits- und sonstigen Ausfallzahlen leisten. Eine Serie von Kleinen Anfragen der AfD-Fraktion aus dem Jahr 2023 ergab dazu, dass in einigen Regierungsbezirken mehrere hundert bis mehrere tausend Verfahren nach §126 SchulG liefen.6

Zur Schaffung von Grundlagen muss die Landesregierung einen lückenlosen Datenbestand über Schulpflichtverstöße anlegen, eine Informationskampagne für Eltern und Schüler über Schulpflicht- und Anmeldeverfahren auf den Weg bringen sowie Fälle von mutwilligem Schul-absentismus konsequent verfolgen und ahnden. In der Beantwortung der Kleinen Anfrage 880 aus dem Jahr 2018 sah die Landesregierung bereits keine Notwendigkeit für eine Änderung der Rechts- oder Verfahrenslage. Die Lage hat sich allerdings umfassend verschärft. Die oh­nehin überforderten Schulen müssen durch unterstützende Maßnahmen seitens des Bildungs­ministeriums entlastet werden. Die Landesregierung muss sich daher ebenfalls umgehend mit einer Überarbeitung bestehender Erfassungs- und Präventionsstrukturen auseinandersetzen.

II. Der Landtag stellt fest:

  • Die Schulpflicht ist zwingend notwendig, um allen Schülern einen erfolgreichen Werde­gang zu ermöglichen.
  • Jede Form von Schulpflichtverletzung ist ein Nachteil für den betroffenen Schüler.
  • Die Gründe für Schulpflichtverletzungen werden häufig nicht ausreichend aufgeklärt.
  • Eine Prävention wird dadurch massiv erschwert.
  • Besonders Familien mit Migrationshintergrund und großen Sprachbarrieren sind häufig unzureichend über die Notwendigkeit der Schulpflicht und Unterrichtsteilnahme aufge­klärt.
  • Schulabsentismus hat verwaltungstechnische Nachteile für die betroffenen Schulen, welche seit Jahren den Aufgaben nicht mehr nachkommen können und verursacht Auf­wand bei Behörden, zum Beispiel tägliche polizeiliche Begleitung von Schülern zur Schule.
  • Eine zentrale Datenbank über Schulpflichtverstöße und deren Gründe könnte für die Überweisung an hilfeleistende Behörden und Einrichtungen wie etwa Jugendämtern oder Hilfsnetzwerken verwendet werden.
  • Eine Mustererkennung könnte dadurch ermöglicht werden.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  • konsequent Daten über Schulabsentismus, insbesondere systematische Schulpflicht-verstöße, zentral zu sammeln;
  • aus diesen Daten ein Lagebild über Brennpunkte zu erstellen;
  • sach- und ursachengerechte Präventionsmaßnahmen zu ermitteln;
  • diese in einem Runderlass oder einer ähnlichen Form den Schulen und Eltern mitzutei­len;
  • vorhandene Handlungskonzepte und Handbücher nach neuen Erkenntnissen anzupas­sen,
  • die Kommunen bei der Animierung der Schulleiter zur konsequenten Meldung und Ver­folgung von Schulpflichtverstößen zu unterstützen,
  • vorhandene Schulpflichtverletzungen konsequent zu verfolgen und betroffenen Schülern eine bessere Chance auf einen erfolgreichen Bildungsweg zu ermöglichen;
  • den Familien und Schülern eindringlich die Notwendigkeit einer konstanten Teilnahme an Unterricht und der Erfüllung von Schulanmeldungen zu vermitteln;
  • bei erwiesenen Betrugsfällen und hieraus ersichtlicher Gefährdung der Schüler die zu­ständigen Jugendämter und Ordnungsbehörden in Kenntnis zu setzen.

Dr. Christian Blex

Dr. Martin Vincentz

Christian Loose

und Fraktion

 

MMD18-11320

 

1 Kleine Anfrage 4578

2 https://www.waz.de/lokales/duisburg/article407462691/kein-bock-auf-schule-warum-so-viele-kinder-in-duisburg-schwaenzen.html

3 https://intranet.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-7174.pdf

4 https://www.bild.de/politik/inland/einsatz-laeuft-noch-riesen-razzia-gegen-kindergeld-abzocker-67208314181dcf14f469613d

5 https://www.waz.de/lokales/duisburg/article407120257/kindergeldbetrug-jetzt-sollen-schulen-die-tae-ter-entlarven.html

6 z.B. Kleine Anfrage 1201 und weitere