Schutz des ungeborenen Lebens ernstnehmen: Frauen und Paare in ihrer Elternschaft unterstützen

Antrag

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der Fraktion der AfD

Schutz des ungeborenen Lebens ernstnehmen: Frauen und Paare in ihrer Elternschaft unterstützen

I. Ausgangslage

Die Familienplanung ist zu Recht eine private Angelegenheit. Die Entscheidung, ob und wann eine Frau Mutter werden und eine Familie gründen möchte, sollte jede für sich frei – und ohne Einmischung des Staates – treffen können. Allerdings gilt es als Staat einzugreifen, wenn der durch das Grundgesetz zugesicherte Schutz des Lebens nicht mehr gewahrt wird. Denn dort heißt es wörtlich: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ (Art. 2 Abs. 2 GG).

Aus diesem Grund ist der Schwangerschaftsabbruch auch nur unter bestimmten gesetzlichen Auflagen straffrei (§ 218a StGB). Straffrei bleibt dieser nur in den ersten zwölf Wochen und nur nach einer Pflichtberatung und drei Tagen Bedenkzeit. Mit dem Verbot des Schwanger­schaftsabbruchs trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass auch das ungeborene Kind menschliches Leben darstellt und daher die Menschenwürde gewahrt bleiben muss (Art. 1 Abs. 2 GG).

Somit sollte die Auffassung vertreten werden, dass die nach wie vor steigende Zahl von Ab­treibungen in Deutschland Antrieb sein müsste, um die Zahl der Abtreibungen nachhaltig zu reduzieren. Denn 2022 haben mit 104.000 fast 10 Prozent mehr Schwangere eine Abtreibung vornehmen lassen als im Vorjahr.1 In Nordrhein-Westfalen entschieden sich im gleichen Jahr 22.558 Frauen für einen Abbruch, was einem Zuwachs von 13,4 Prozent entspricht und damit noch einmal über dem Bundeswert liegt. 95 Prozent dieser Abbrüche erfolgten im Anschluss an die gesetzlich vorgeschriebene Beratung. Lediglich 4,9 Prozent der Fälle erfolgten aufgrund einer Indikation aus medizinischen Gründen oder aufgrund von Sexualdelikten.2 Durch die zeitliche Koinzidenz mit dem höchsten Geburtendefizit in Deutschland seit 1945 von rund 228.000, wird zusätzlich an der Stellschraube der demografischen Katastrophe nur noch schneller gedreht.3

Maßnahmen seitens der herrschenden Politik folgten daraus allerdings nicht. Vielmehr han­delte diese in der Vergangenheit konträr dazu: Ein Großteil der politischen Kräfte scheint die Abtreibung als Recht der Frau, über ihren Körper entscheiden zu dürfen, so zu interpretieren, dass der Körper und das Leben des ungeborenen Kindes keine Rolle spielen. Die Ampel-Koalition spricht sich beispielsweise auf Seite 116 ihres Koalitionsvertrages unter dem Titel „Reproduktive Selbstbestimmung“ für Abtreibungen aus und verlangt: „Die Möglichkeit zu kos­tenfreien Schwangerschaftsabbrüchen gehören (sic!) zu einer verlässlichen Gesundheitsver­sorgung. (…) Ärztinnen und Ärzte sollen öffentliche Informationen über Schwangerschaftsab­brüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen“.4 Konsequen­terweise wurde letztes Jahr Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs gestrichen. Doch als ob das nicht schon weitreichend genug wäre, wurden bereits kurze Zeit später Stimmen laut, die zu­sätzlich auch Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs gestrichen wissen wollen. So auch Bundes­familienministerin Paus, die eine generelle Straffreiheit bei Schwangerschaftsabbrüchen for-dert.5 Hinzu kommt, dass ein Schwangerschaftsabbruch in der Regel keine Leistung der Kran­kenkasse ist,6 die Kosten des Abbruchs in den meisten Fällen jedoch vom Land NRW über­nommen werden.

Neben den besagten politischen Kräften wird ebenfalls sowohl in Teilen der sogenannten Zi­vilgesellschaft als auch der Medien aktiv gegen das traditionelle Bild von Familie und Mutter agitiert bzw. Stimmung gemacht: Wer sich heute noch bewusst für Kinder entscheidet, schadet dem Klima oder handelt gleich antifeministisch. Vor allem kinderreiche Familien werden schnell stigmatisiert.

Doch anstatt immer weitere Vorstöße und Lockerungen bei den Auflagen für Schwanger­schaftsabbrüche zu forcieren, sollten der Blick und die Aufmerksamkeit der Gesellschaft und der Politik auf der Ursachenbekämpfung und der Frage liegen, warum eine Frau oder ein Paar eine Abtreibung vornehmen lässt.

Ein zentraler Grund in diesem Zusammenhang scheint das ansteigende Armutsrisiko durch Kinder zu sein. Die Bundeszentrale für politische Bildung stellt nüchtern fest: Durch Kinder steigen die Ausgaben der Haushalte und gleichzeitig können die Einnahmen durch zeitinten­sive Betreuung sinken. Entsprechend steigt die finanzielle Belastung mit steigender Kinder-zahl.7 Aber nicht nur Einbußen in den Einnahmen, sondern die generellen beruflichen und finanziellen Unsicherheiten sind häufig aufgeführte Gründe. Somit ist die berufliche und finan­zielle Situation zentral bei der Entscheidung für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch. Aber auch instabile Partnerschaften werden häufig als Gründe genannt. Denn Alleinerzie­hende sind mit den hohen Ausgaben für ein Kind oft überfordert und können diese alleine nicht stemmen.

Vor allem junge Frauen und Paare entscheiden sich aufgrund dieser Unsicherheiten oftmals gegen das Kind. Durch die permanenten Veränderungsprozesse in der Arbeitswelt reicht das Einkommen einer einzelnen Person für die Versorgung einer Familie meist nicht mehr aus. Die Arbeitswelt von heute erfordert viel Flexibilität, eine hohe Erreichbarkeit und ist selten „vor Ort“ ansässig. Somit erscheint die Fürsorge für ein Kind mit der Etablierung im Beruf und der damit einhergehenden finanziellen Sicherung kaum bis gar nicht vereinbar. Hinzu kommt eine Arbeitswelt, die gerade in der Phase des Berufseinstiegs von befristeten Arbeitsverhältnissen, unbezahlten Praktika und permanenter Unsicherheit geprägt ist. Wer sich dennoch schon wäh­rend der Ausbildung, des Studiums oder der ersten Schritte in das Berufsleben für ein Kind entscheidet, hat häufig das Nachsehen. Deshalb ist es an der Zeit, eine Politik zu betreiben, die Bedingungen schafft, die es allen Paaren ermöglicht, sich für Kinder zu entscheiden – und das ohne signifikante finanzielle und/oder berufliche Nachteile. Frauen und Paare müssen in ihrer Elternschaft grundsätzlich unterstützt und gefördert werden, nicht benachteiligt.

Denn die steigende Zahl an Abtreibungen ist neben der anschwellenden Kinderarmut ein wei­teres Symptom der kinderfeindlichen Politik, die in Deutschland seit Jahren betrieben wird. Dabei ist die Familie mit Kindern die Keimzelle unserer Gesellschaft und der Motor für eine erstrebenswerte Zukunft. Es muss Ziel der gestaltenden Politik sein, Deutschland wieder in eine familien- und kinderfreundliche Gesellschaft zu wandeln.

Dazu gehört unter anderem insbesondere junge Paare in ihrer (ungeplanten) Elternschaft zu unterstützen und in Beratungsgesprächen Wege für das Kind aufzuzeigen. Damit verbunden ist die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Ausbildung oder Studium. Neben den bereits vorhandenen Informationsangeboten der Landesregierung, welche zum Teil über zehn Jahre alt sind, müssen neue Konzepte für Frauen und Paare in ihren unterschiedlichen Le­bensphasen und -situationen entwickelt und auf die veränderten Lebensrealitäten eingegan­gen werden. Die Arbeitsbedingungen müssen grundsätzlich familienfreundlicher werden und sich an den Bedürfnissen der Eltern und Kinder orientieren. Auch die seit Jahren geforderte Wahlfreiheit zwischen einer kostengünstigen und funktionierenden Kinderbetreuung auf der einen Seite und einem Betreuungsgeld für Eltern, die sich selbst um ihre Kinder in den ersten Lebensjahren zu Hause kümmern möchten auf der anderen Seite muss vorangetrieben wer­den. Zusätzlich gilt es, kreative Mehrgenerationenprojekte zu entwickeln und zu fördern. Diese können einen weiteren Beitrag für eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf leisten und dem aufgekündigten Generationenvertrag neues Leben einhauchen.

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Das Grundgesetz verpflichtet den Staat, menschliches Leben zu schützen.
  2. Die Schutzpflicht erfordert Schutzmaßnahmen mit dem Ziel, Notlagen infolge einer Schwangerschaft zu vermeiden oder ihnen abzuhelfen, aber auch rechtliche Grundlagen zu schaffen, wodurch Schwangerschaftsabbrüche unter gewissen Bedingungen straffrei bleiben.
  3. Bei der Schwangerschaftskonfliktberatung soll der Schwangeren die Beratung und Un­terstützung zuteilwerden, um eine tragfähige Entscheidung treffen zu können. Die Bera­tung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens. Durch die Beratung soll die schwan­gere Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigt und ihr Perspektiven für ein Leben mit dem Kind eröffnet werden.
  4. Häufige Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch sind berufliche und finanzielle Un­sicherheiten sowie instabile Partnerschaften. Vor allem junge Frauen und Paare ent­scheiden sich aufgrund dieser Unsicherheiten oftmals gegen das Kind.
  5. Frauen und Paare müssen in ihrer Entscheidung für das Kind proaktiv unterstützt wer­den.
  6. Die Vereinbarkeit von Familie, Beruf, Ausbildung und Studium hat sich immer noch nicht verbessert.
  7. Konzepte und Beratungsangebote für schwangere Frauen und Paare in den unter­schiedlichsten Lebenssituationen müssen entwickelt und zugänglich gemacht werden.

III. Der Landtag fordert daher die Landesregierung auf:

  1. Frauen und Paare zusätzlich zur Schwangerschaftskonfliktberatung in ihrer (ungeplan­ten) Elternschaft zu unterstützen und Wege für das Kind aufzuzeigen.
  2. Gezielte Maßnahmen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu entwi­ckeln. Dazu zählen unter anderem die Förderung von Mehrgenerationenprojekten, die Anpassung der Arbeitsbedingungen an den familiären Alltag und die Wahlfreiheit in der kostengünstigen Kinderbetreuung.
  3. Eine wissenschaftliche Studie in Auftrag zu geben mit dem Ziel, die Gründe von Frauen und Paaren zu ermitteln, die sich gezielt für einen Schwangerschaftsabbruch entschei­den haben, sowie Umstände auszumachen, durch die sich Frauen und Paare gegen einen Schwangerschaftsabbruch entschieden hätten.
  4. Die über 200 Beratungsstellen für eine Schwangerschaftskonfliktberatung in Nordrhein-Westfalen dahingehend wissenschaftlich zu evaluieren, ob sie ihrem gesetzlich geregel­ten Auftrag zum wirksamen Schutz des ungeborenen Lebens nachkommen.

Zacharias Schalley
Enxhi Seli-Zacharias
Andreas Keith
Dr. Martin Vincentz

und Fraktion

 

Antrag als PDF

 

1 https://www.tagesschau.de/inland/schwangerschaftsabbrueche-anstieg-101.html (abgerufen am 17.04.2023).

2 https://www.it.nrw/nrw-134-prozent-mehr-schwangerschaftsabbrueche-im-jahr-2022-120635 (abge­rufen am 17.04.2023).

3 https://www.tagesschau.de/inland/geburtendefizit-in-deutschland-101.html (abgerufen am 17.04.2023).

4 https://www.bundesregierung.de/re-source/blob/974430/1990812/1f422c60505b6a88f8f3b3b5b8720bd4/2021-12-10-koav2021-data.pdf?download=1 (abgerufen am 17.04.2023).

5 https://www.tagesschau.de/inland/abtreibungsverbot-schwangerschaftsabbrueche-paus-101.html (abgerufen am 17.04.2023).

6 https://www.mkjfgfi.nrw/schwangerschaftsberatung-und-schwangerschaftskonfliktberatung (abgeru­fen am 17.04.2023).

7 https://www.bpb.de/themen/soziale-lage/verteilung-von-armut-reichtum/272372/armutsrisiken-von-kindern-und-familien/ (abgerufen am 17.04.2023).