Antrag
der Fraktion der AfD
Schutz von Kindern und Jugendlichen vor geschlechtsangleichenden medizinischen Eingriffen
I. Ausgangslage
Als „geschlechtsdysphorisch“ werden Kinder bezeichnet, die sich mit ihrem angeborenen biologischen Geschlecht nicht identifizieren können und unter dieser Körper-Geschlechtsinkongruenz leiden.1 Während diese Diagnose noch vor wenigen Jahren selten war, sind die Fälle in den letzten zehn bis zwanzig Jahren dramatisch gestiegen. So berichten Spezialambulanzen in Deutschland über eine Verfünffachung geschlechtsdysphorischer Patienten im Zeitraum 2013 bis 2018.2 Infolgedessen werden zunehmend Kinder vor der Pubertät medikamentös mit sog. Pubertätsblockern behandelt. Das sind Gonadotropin-Releasing-Hormon-Analoga, die auf die Hypophyse einwirken und die Bildung von Geschlechtshormonen in den Keimdrüsen unterdrücken. Während diese Präparate normalerweise in der Onkologie eingesetzt werden, finden sie zunehmend bei geschlechtsdysphorischen Kindern Anwendung, um die Pubertät hinauszuzögern.
Bereits bekannte Risiken und Nebenwirkungen dieser Behandlungen für die physische und psychische Gesundheit werden kontrovers diskutiert. Beispielsweise werden neben einem persistierenden verminderten Intelligenzquotienten mit Verschlechterung des Arbeitsgedächtnisses auch eine dauerhafte Einschränkung der sexuellen Erlebnisfähigkeit sowie Störungen der Knochenmatrix diskutiert. Ethisch problematisch gestaltet sich die Therapie mit Pubertäts-blockern, weil sich die behandelten Kinder fast immer für eine anschließende gegengeschlechtliche Hormontherapie entscheiden, deren Folgen, insbesondere der Verlust der Fertilität, irreversibel sind. Damit nimmt diese wohlgemeinte Hinauszögerung der Pubertät den betroffenen Kindern die Chance, ihre Geschlechtsdysphorie auf natürlichem Weg durch die Pubertät zu überwinden.
Die empfundene Geschlechtsinkongruenz in der Adoleszenz ist nach Erfahrung von Psychiatern in den allermeisten Fällen ein passageres Phänomen: Je nach Studie persistiert eine Ge-schlechtsdysphorie nur in 25 bis 2 Prozent der Fälle. Eine häufige natürliche Entwicklung der Geschlechtsinkongruenz bzw. -dysphorie ist der Übergang in eine Homosexualität, die durch frühzeitige Hormonbehandlungen iatrogen, also durch ärztliche Maßnahmen, verhindert wird.
Aufgrund fehlender Daten und Statistiken ist nicht zu beziffern, wie oft auf diese Hormonbehandlungen geschlechtsangleichende Operationen folgen. Dass die Zahl dieser Operationen dramatisch angestiegen ist, zeigen die Statistiken der Krankenhäuser. Demnach ist die Zahl der Geschlechtsumwandlungen bei 15- bis 20-Jährigen zwischen 2005 und 2018 um das Fünfzehnfache und bei 20- bis 25-Jährigen gar um das Fünfzigfache gestiegen.3 Es ist evident, dass sehr viele dieser 20- bis 25-Jährigen bereits im Kindesalter oder jedenfalls als Minderjährige mit Hormonen behandelt worden sind.
Der sich in diesen Zahlen manifestierende Trend einer dramatischen Zunahme von Störungen der Geschlechtsidentität wird nicht nur in Deutschland, sondern auch international beobachtet. Die Ursachen dieser Entwicklung und die Gründe für den auffallend hohen Anteil von Mädchen an geschlechtsdysphorischen Jugendlichen sind bisher nicht hinreichend erforscht. Sie „bedürfen dringend weiterer Klärung“, wie der Deutsche Ethikrat feststellt. Therapeutische Erfahrungen von Psychiatern deuten darauf hin, dass „Transidentität“ zunehmend als Selbstdiagnose von Menschen in Lebenskrisen gewählt wird. Wie die Deutsche Gesellschaft für Sexualmedizin, Sexualtherapie und Sexualwissenschaft beobachtet, sind viele Patienten der „irrigen Auffassung“, dass körperverändernde Maßnahmen ein „Wundermittel“ für ihre Lebensprobleme darstellten. Deswegen müssten zunächst Psychotherapien das Mittel der Wahl sein.
In einer entsprechenden Bundestagsanhörung erklärte ein Sachverständiger, dass gerade Kindern für die Selbstfindung „ein Entwicklungsraum und Zeit gewährt werden“ müssen. Auch könnten Jugendliche nicht die Tragweite einer Entscheidung für eine medizinische Transitionsbehandlung absehen. Besorgniserregend sei die „wachsende Zahl von Mädchen mit pubertätsüblichen Altersrollenkonflikten oder Körperbildstörungen, denen bereits mit 14, 15 und 16 Jahren Brüste amputiert sowie Gebärmutter und Eierstöcke entfernt worden seien“. Schon in wenigen Jahren könne es eine größere Zahl Erwachsener geben, die Medizinern vorwerfen, sie zu leichtfertig behandelt und ihre Körper zerstört zu haben.4
Anstelle der staatlichen Propagierung höchst umstrittener medizinischer Maßnahmen an Kindern, wie kürzlich durch das „Regenbogenportal“ der Bundesregierung geschehen5, ist eine neutrale, umfassende Aufklärung über die Risiken derartiger Behandlungen angezeigt. Der Gesetzgeber darf nicht länger hinnehmen, dass die früher empfohlene Altersgrenze von 18 Jahren für geschlechtsangleichende Operationen immer häufiger unterschritten wird.6 Der fachliche Konsens, derartige Eingriffe mit fragwürdiger medizinischer Indikation an Minderjährigen zu unterlassen, wird offensichtlich von Einzelnen missachtet.
Das „Regenbogenportal“ stand vor Kurzem wieder in der Diskussion, worüber z. B. auch die FAZ7 am 13. Oktober 2022 berichtete. Beim „Regenbogenportal“ wurden Kinder und Jugendliche niederschwellig aufgefordert, sich darüber Gedanken zu machen, ob sie im richtigen Körper steckten. Die Bundesregierung ließ dort verbreiten: „Bist du noch sehr jung? Und bist du noch nicht in der Pubertät? Dann kannst du Pubertäts-Blocker nehmen.“ Die Einnahme von Pubertätsblockern wurde dort unreflektiert als bequeme Möglichkeit dargestellt, die Adoleszenz problemlos pausieren zu lassen und später in gewünschter Richtung wiederaufnehmen zu können. Diese Medikamente sorgten dafür, dass der Körper sich erst einmal nicht weiterentwickele – „weder in Richtung Frau. Noch in Richtung Mann“. Auf diese Weise könne jeder Jugendliche „in Ruhe überlegen“, welcher Körper zu ihm passe.
Auf mögliche Gefahren dieser „Therapie“ und diesbezügliche kontroverse Diskussionen wurde dabei nicht hingewiesen, was bildungspolitisch einen schweren Bruch des Beutelsbacher Konsenses darstellt. „Von den Nebenwirkungen und möglichen Spätwirkungen eines Pubertätsblockers ist keine Rede“, schrieb sogar die FAZ.8
Mittlerweile wurde die Seite nach massivem öffentlichem Protest leicht geändert. Zeitweise war sie nicht mehr erreichbar. Noch immer werden dort Pubertätsblocker jedoch einseitig als eine gute Option für unsichere Jugendliche porträtiert.9
Das Land Nordrhein-Westfalen muss mit einer Aufklärungskampagne dieser Desinformation der Bundesregierung entgegenwirken und damit junge Menschen vor unumkehrbaren Entscheidungen bewahren, die sie später im Leben bereuen könnten.
II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:
- sich auf Bundesratsebene dafür einzusetzen, dass die Behandlung von nicht einwilligungsfähigen Kindern mit Pubertätsblockern, gegengeschlechtlichen Hormonen und vergleichbaren Medikamenten unterbunden wird und damit verbunden geschlechtsangleichende chirurgische Eingriffe an Minderjährigen untersagt werden.
- sich auf Bundesratsebene dafür einzusetzen, dass durch staatliche Mittel geförderte Projekte, wie z. B. das umstrittene „Regenbogenportal“, dahingehend überprüft werden, ob diese Projekte den von Kinder- und Jugendpsychiatern beobachteten „Transhype“ und das Phänomen „Rapid Onset Gender Dysphoria“ (ROGD) befördern, die Entwicklung junger Menschen zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten beeinträchtigen und so den Intentionen des Kinder- und Jugendmedienschutzes (§ 10a des Jugendschutzgesetzes) widersprechen könnten.
- eine Aufklärungskampagne auf Landesebene ins Leben zu rufen, die Minderjährige und junge Erwachsene über die in der Regel passager auftretende Geschlechtsdysphorie in der Pubertät sowie über die physischen Konsequenzen geschlechtsangleichender Maßnahmen, insbesondere über irreversible Folgen solcher medizinischen Eingriffe, informiert.
Dr. Martin Vincentz
Zacharias Schalley
Andreas Keith
und Fraktion
1 Vgl. „Störungen der Geschlechtsidentität und Geschlechtsdysphorie bei Kindern und Jugendlichen“, in: hat tps://www.bun destag.de/reso urce/blob/673948/6509a65c4e77569ee8411393f81d7566/WD-9-079-19-pdf-data.pdf (15.11.2019), S. 7, abgerufen am 09.11.2022.
2 Vgl. „Zahl transsexueller Kinder gestiegen“, in: h ttps://www.aerzte blatt.de/nachr ichten/99311/Zahl-transsexueller-Kinder-gestiegen (21.11.2018), abgerufen am 09.11.2022.
3 Vgl. „Gesundheit / Fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) / Operationen und Prozeduren der vollstationären Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern (4-Steller)“, in: htt ps:/ /www. statistischebibliothek. De /mir/ receive/DESerie_mods_00000953, abgerufen am 09.11.2022.
4 Vgl. „Kontroverse zur Ausweitung der sexuellen Selbstbestimmung zwisc hen Är zten und Juris ten“, in: htt ps:// www. a erzteblatt. de/ nachrichten/ 117968/ Kontroverse-zur-Ausweitung-der-sexuellen-Selbstbestimmung-zwischen-Aerzten-und-J uristen (04.11.2020), abgerufen am 01.11.2022; „Fachärztliche & sexualwissenschaftliche Stellungnahme“, in: www. bundestag. de/ resourc e/blob/802752/8fe155 e6f019c 4734ae2aa 92efe2 f505/A-Drs-19-4-6 26-C-neu-data .pdf, abgerufen am 09.11.2022.
5 Vgl. „Familienministerium rät Kindern zur Einnahme von Pubertätsblockern“, in: htt ps:// jungefreiheit. de/ politik / deutschland /2022 / familienministerium-rp/ (12.10.2022), abgerufen am 10.11.2022.
6 Vgl. „Transsexualität im Kindes- und Jugendalter“, in: www. kindergynaekologie. de/ fachwissen/ko-rasion/20 12/transsexualita et-im- kindes-und-ju gendalter/ (Ma i 2012), abgerufen am 11.11.2022.
7 Vgl. „Hat die Bundesregierung Kindern Pubertätsblocker empfohlen?“, in: htt ps:// www. faz. net/ ak-tuell/p olitik/inl and/puber taetsblocker-debat te-ueber-r egenbogenportal-18384730. html (13.10.2022.), abgerufen am 03.11.2022.
8 Vgl. ebd.
9 Vgl. „Jung und trans-geschlechtlich“, in: htt ps:// www. regenbogenportal. De /leichte-sp rache/jung-und-tra ns-geschl echtlich, abgerufen am 09.11.2022.