Kleine Anfrage 2165
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Markus Wagner AfD
Sicherheitsrisiko offene Grenzen – Festnahme von sieben mutmaßlichen IS-Unterstützern in NRW
Wie der Generalbundesbundesanwalt beim Bundesgerichtshof am 06. Juli verlautbaren ließ, hat die Bundesanwaltschaft an diesem Tag sieben mutmaßlichen Mitglieder einer islamistischen terroristischen Vereinigung durch Beamte des Bundeskriminalamts unter Beteiligung des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen, festnehmen lassen. Die Beschuldigten sind dringend verdächtig, eine terroristische Vereinigung im Inland gegründet und sich an dieser mitgliedschaftlich beteiligt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Zudem wird ihnen die Unterstützung der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) vorgeworfen (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB).1
Zu den Gründen der Festnahmen heißt es in den Haftbefehlen gemäß oben erwähnter Pressemitteilung:
„Die sieben vorgenannten Beschuldigten sind seit längerem miteinander bekannt und teilen eine radikal-islamische Einstellung. Kurz nach Beginn des Krieges in der Ukraine im Frühjahr 2022 reisten sie von dort aus nahezu zeitgleich nach Deutschland ein. Ende Juni 2022 schlossen sie sich hier zu einer terroristischen Vereinigung zusammen, mit dem Ziel, in Deutschland öffentlichkeitswirksame Anschläge im Sinne des IS zu verüben. Der Vereinigung gehörte auch der heute in den Niederlanden festgenommene Mann an. Die Gruppierung stand in Kontakt mit im Ausland befindlichen Mitgliedern des regionalen IS-Ablegers „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ (ISPK). Zur Umsetzung ihres Vorhabens fassten die Beschuldigten bereits Anschlagsobjekte in Deutschland ins Auge, kundschafteten mögliche Tatorte aus und versuchten, sich Waffen zu beschaffen. Ein konkreter Anschlagsplan bestand allerdings zum Zeitpunkt der heutigen Festnahme noch nicht.“2 |
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Leider bestätigt sich durch diese Festnahmen, dass die Sicherheitsbedenken im Zuge der Fluchtbewegung aus der Ukraine nach Deutschland berechtigt waren.
Auch die AfD-Landtagsfraktion machte am 23. März 2022 – anders als alle anderen im Landtag vertretenen Fraktionen – in einem Entschließungsantrag bereits frühzeitig deutlich, welche Gefahr von der ungeregelten Einreise aus der Ukraine ausgeht.4
So hieß es im damaligen Entschließungsantrag:
„Deutlich hervortretende Sicherheitsprobleme dürfen allerdings auch in der aktuellen Ausnahmesituation nicht verschwiegen werden. Momentan trägt insbesondere die Positionierung von Bundesinnenministerin Faeser (SPD) oder auch von Außenministerin Baerbock (Bündnis 90/ Die Grünen) dazu bei, dass die Einreise nach Deutschland insbesondere über die deutschpolnische und die deutsch-tschechische EU-Binnengrenze in großem Umfang ungesteuert bzw. unkontrolliert erfolgt. […]
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Bundespolizei sieht gar die Gefahr der Einschleusung russischer Spione. Wie bereits 2015 bestehe zudem die Gefahr der Einschleusung islamistischer Terrorgruppen. […] Zusammengefasst stellen weitestgehend offene EU-Binnengrenzen in der aktuell extrem unübersichtlichen Lage eine nicht zu unterschätzende sicherheitspolitische Gefahr dar, die u.a. auch zur unerwünschten Einreise von Trittbrettfahrern beiträgt.
Neben der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), die sich für reguläre Grenzkontrollen stark macht – der Bundesvorsitzende sagte: ,die Hilfsbereitschaft nimmt Schaden, wenn wir nicht wissen, wer zu uns kommt.´ – sprach sich auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Bundespolizei als Ersatz für stichprobenartige Kontrollen deutlich für die Einrichtung notifizierter Grenzübergangspunkte aus. Dies würde eine Kanalisierung der Flüchtlingsströme und somit eine fast lückenlose Kontrolle und Registrierung ermöglichen. Dieses Vorgehen scheitert aktuell u.a. an der Verweigerungshaltung von Bundesinnenministerin Faeser. In einem Interview vom 16. März wurde der Bundesvorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft in seiner Lagebeurteilung daher sehr deutlich.5 So heißt es:
,Aber vermutlich werden Sie bei dieser linken Regierung mit Forderungen nach Kontrollen an der Grenze oder an Bahnhöfen nicht durchdringen. Dasselbe Problem hatten wir schon bei der Ex-Kanzlerin, aber in dieser Regierungskonstellation glaube ich noch weniger daran. Ich kann mich hier nur sicherheitspolitisch und als langjähriger Polizist äußern, und ich bin fassungslos angesichts dieses laienhaften Umgangs mit den sich stellenden Problemen.´
Bemängelt werden fehlende, lückenlose Grenzkontrollen, da die vorgenommenen stichprobenartigen Grenzkontrollen lediglich max. 20 Prozent des Reiseverkehrs abdecken. […]6
Der Bundespolizei sei es gar untersagt bei Drittstaatlern, die mit einem ukrainischen Visum ankommen, die ggf. bereits erfolgte Registrierung zu überprüfen. Der Innenministerin Faeser sei es egal, dass Drittstaatler ohne gültiges Visum im allgemeinen Chaos einreisen, um später ggf. einen Asylantrag zu stellen. […]
Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) äußerte auf Grund eines Brachliegens bei der Registrierung in Berlin deutliche Kritik. Eine erkennungsdienstliche Behandlung von Personen, die einen Aufenthaltstitel erhalten, sei unabdingbar, u.a. um zu verhindern, dass Schutzsuchende selbst gefährdet werden. Das Verhalten Berlins, so der BDK, sei ein Armutszeugnis. Dabei scheinen auch ideologische Gründe eine Rolle zu spielen.7“
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Über welchen Aufenthaltsstatus verfügen die sieben festgenommenen Personen?
- Inwiefern wurde bei diesen Personen geprüft, ob sie als Nicht-Ukrainer gemäß EU-Massenzustromrichtlinie sicher in ihre Herkunftsländer zurückkehren können?
- Wie viele aus der Ukraine geflohene nicht-Ukrainer halten sich aktuell in NRW auf? (Bitte differenziert nach Anzahl und Herkunftsland listen)
- Wie viele dieser Personen verfügen gem. EU-Massenzustromrichtlinie bzw. AufenthG § 24 über eine „Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz“? (Bitte differenziert nach Anzahl und Herkunftsland listen)
- Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung bezüglich möglicher weiterer Islamisten bzw. potenzieller Terrorzellen vor, die auf diesem Weg eingereist sind?
Enxhi Seli-Zacharias
Markus Wagner
1 Vgl. https:// www.generalbundesanwalt.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/aktuelle/Pressemitteilung-vom-06-07-2023.html?
2 Ebd.
3 Ebd.
4 Vgl. Lt.-Drucksache 17/16854
6 Vgl. https:// www .tichyseinblick.de/interviews/grenzschutz-interview-teil2-heiko-teggatz/?
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 2165 mit Schreiben vom 18. August 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern sowie dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien und Chef der Staatskanzlei beantwortet.
- Über welchen Aufenthaltsstatus verfügen die sieben festgenommenen Personen?
Von den sieben festgenommenen Personen verfügen drei über einen Aufenthaltstitel und eine Person ist im Besitz einer Aufenthaltsgestattung. Die übrigen drei Person sind ausreisepflichtig. Sie können aktuell jedoch nicht zurückgeführt werden, da hierzu das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft fehlt.
- Inwiefern wurde bei diesen Personen geprüft, ob sie als Nicht-Ukrainer gemäß EU-Massenzustromrichtlinie sicher in ihre Herkunftsländer zurückkehren können?
Es wird fortlaufend und umfassend geprüft, ob die Voraussetzungen für aufenthaltsbeendende Maßnahmen vorliegen.
- Wie viele aus der Ukraine geflohene nicht-Ukrainer halten sich aktuell in NRW auf? (Bitte differenziert nach Anzahl und Herkunftsland listen)
- Wie viele dieser Personen verfügen gem. EU-Massenzustromrichtlinie bzw. Auf-enthG § 24 über eine „Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz“? (Bitte differenziert nach Anzahl und Herkunftsland listen)
Die Fragen 3 und 4 werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet.
Im Ausländerzentralregister – Sonderauswertung Ukraine, Stand 23. Juli 2023, sind insgesamt 9.947 Personen erfasst. Davon sind 6.805 Personen mit einem Aufenthaltstitel gemäß § 24 AufenthG registriert.
- Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung bezüglich möglicher weiterer Islamisten bzw. potenzieller Terrorzellen vor, die auf diesem Weg eingereist sind?
Der Landesregierung ist bekannt, dass Personen, die dem islamistischen Spektrum zuzurechnen sind, aufgrund der Präsenz des russischen Militärs und der andauernden Kampfhandlungen in der Ukraine nach Deutschland und in andere europäische Staaten eingereist sind. Darunter befinden sich auch Personen, die in Nordrhein-Westfalen als Flüchtlinge aufgenommen und registriert wurden.
Gegen Personen, die als Angehörige des islamistischen Spektrums erkannt werden konnten, wurden einzelfallabhängig die erforderlichen und rechtlich zulässigen Maßnahmen der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung und weitere ordnungsbehördliche Maßnahmen veranlasst. Die nordrhein-westfälische Polizei arbeitet dabei eng mit meinem Ministerium zusammen.
Belastbare Erkenntnisse zu Einreisen potenzieller Terrorzellen aus der Ukraine liegen nicht vor.