Sind Saugwürmer auch in nordrhein-westfälischen Badeseen bekannt?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 56
der Abgeordneten Andreas Keith, Dr. Martin Vincentz und Zacharias Schalley vom 29.06.2022

 

Sind Saugwürmer auch in nordrhein-westfälischen Badeseen bekannt?

In deutschen Badeseen ist es in diesem Jahr wieder zu Fällen von Zerkarien gekommen. Neben Blaualgen sind Zerkarien ein bekanntes, großes Problem in deutschen Badeseen. Normalerweise befallen die Parasiten nur Wasservögel. Sie bohren sich in deren Haut, entwickeln sich und ihre Eier werden mit dem Kot der Vögel wieder ausgeschieden. Die dann frisch geschlüpften Parasiten befallen nach einer zwei- bis dreimonatigen Entwicklung erneut die Haut von Wasservögeln. Auf der Suche nach ihnen werden aber auch Menschen befallen.

Die Saugwürmer können beim Menschen zur Bade- oder Zerkariendermatitis führen. Diese stark juckende Hauterkrankung tritt häufig nach dem Baden in Flachwasserbereichen auf. Es bilden sich rötliche und juckende Quaddeln auf der Haut. Die Ursache dafür sind die Larven der Saugwürmer, welche nicht nur in die Haut von Wasservögeln, sondern auch in die des Menschen eindringen können.

In schlimmen Fällen kann es neben den juckenden Quaddeln auch zu Fieber kommen. Insgesamt ist die Badedermatitis unangenehm, aber laut Experten ungefährlich. Zerkarien fallen zumeist erst durch einen Befall der Badegäste auf, da sie aufgrund ihrer sehr geringen Größe mit dem bloßen Auge nicht erkennbar sind. Auch sind Prognosen zum Vorkommen angesichts des komplizierten Entwicklungszyklus der Larven nur sehr schwer möglich.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Inwieweit ist der Landesregierung ein Befall von Badegästen durch Zerkarien in nordrhein-westfälischen Badeseen im Jahr 2022 bekannt? (Bitte aufschlüsseln nach Zeitpunkt, Ort und Anzahl der betroffenen Personen)
  2. Welche Badeseen in Nordrhein-Westfalen waren in der Zeit von 2015 bis 2022 von Zerkarien schon einmal befallen? (Bitte aufschlüsseln nach Zeitpunkt, Ort und Dauer des Befalls)
  3. Was unternimmt die Landesregierung, wenn ein Badesee von Zerkarien befallen ist? Datum des Originals: 29.06.2022/Ausgegeben: 30.06.2022
  4. Was empfiehlt die Landesregierung grundsätzlich Personen, die von Zerkarien befallen wurden?
  5. Was empfiehlt die Landesregierung Personen aus vulnerablen Gruppen, die von Zerkarien befallen wurden?

Andreas Keith
Dr. Martin Vincentz
Zacharias Schalley

 

Anfrage als PDF


Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 59 mit Schreiben vom 26. Juli 2022 im Einvernehmen mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales namens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Bewertung der Badegewässerqualität erfolgt auf Grundlage der Verordnung über die Qualität und die Bewirtschaftung der Badegewässer (Badegewässerverordnung). Da das Auftreten von Zerkarien in keinem Zusammenhang mit der hygienischen Wasserqualität des Badegewässers steht, ist eine weitergehende Bewertung der Badewasserqualität auf Grundlage von einzelnen Parasiten oder deren larvalen Formen auch nicht sinnvoll.

Fälle von Zerkarienbefall oder dadurch ausgelöste Badedermatitis bei Badenden werden, wie auch Insektenstiche und –bisse im Umfeld von Badegewässern, nicht erfasst. Eine Vorhersage des Auftretens und ihrer Abundanzen ist nicht möglich.

  1. Inwieweit ist der Landesregierung ein Befall von Badegästen durch Zerkarien in nordrhein-westfälischen Badeseen im Jahr 2022 bekannt? (Bitte aufschlüsseln nach Zeitpunkt, Ort und Anzahl der betroffenen Personen)
  2. Welche Badeseen in Nordrhein-Westfalen waren in der Zeit von 2015 bis 2022 von Zerkarien schon einmal befallen? (Bitte aufschlüsseln nach Zeitpunkt, Ort und Dauer des Befalls)

Die Fragen 1 und 2 werden wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet.

Eine systematische Erfassung einzelner Zerkarienbefälle (sog. Badedermatitis) nach Bädern in Badeseen von Nordrhein-Westfalen findet nicht statt.

Das aktuelle Auftreten von Zerkarien bzw. der damit verbundenen Badedermatitis ist für nordrhein-westfälische Badeseen daher nicht bekannt. Sehr seltene und einzelne Fälle in der Vergangenheit sind als Ausnahmen zu betrachten. Sofern die offiziell ausgewiesenen Badestellen aufgesucht werden, besteht kaum eine Gefährdung durch Zerkarien. Sie erhöht sich mit steigenden Zahlen von Wasservögeln insbesondere Enten, weshalb sie an Badegewässern nicht zusätzlich mit Futter angelockt werden sollen. Außerdem sollten flache und krautige Uferzonen als Risikobereiche gemieden werden.

  1. Was unternimmt die Landesregierung, wenn ein Badesee von Zerkarien befallen ist?

Da das Aufkommen von Zerkarien an das Vorkommen von Wasservögeln als Wirt abhängig ist und es nicht möglich ist, das Ausschwärmen von Zerkarien vorherzusagen, ist ein landesweites, proaktives Tätigwerden der Landesregierung nicht möglich aber auch nicht geboten. Da – wie in der Vorbemerkung erwähnt – Abundanzen von Zerkarien ebenfalls nicht als Parameter in der Badegewässerverordnung festgelegt sind, liegen den Gesundheitsämtern hierzu nur Einzelinformationen vor. Über Anfragen aus der Bevölkerung bei den örtlich zuständigen Gesundheitsämtern oder Badeseebetreibern können Verdachtsfälle dort bekannt werden. Häufungen mit nachfolgender ärztlicher Bestätigung würden dann entsprechende Warn- und Sicherheitshinweise für das entsprechende Badegewässer zur Folge haben.

  1. Was empfiehlt die Landesregierung grundsätzlich Personen, die von Zerkarien befallen wurden?

Ein Befall des Menschen, als sog. Fehlwirt von Zerkarien, erfolgt lediglich in den oberen Hautschichten. Die übliche Behandlung der Badedermatitis, als Folge eines Kontaktes mit Zerkarien, erfolgt symptomatisch mit juckreiz- und entzündungshemmenden Mitteln. Bei schweren Verläufen oder unklaren Symptomen sollte zur Sicherheit medizinischer Rat eingeholt werden.

  1. Was empfiehlt die Landesregierung Personen aus vulnerablen Gruppen, die von Zerkarien befallen wurden?

Je nach Art der Vorerkrankung sollte nach Befall mit Zerkarien bzw. dem Auftreten einer schweren Badedermatitis die entsprechende Fachpraxis aufgesucht werden. Präventiv sollten empfindliche Personen sich möglichst nicht länger als nötig im Flachwasserbereich und Ufervegetationsraum aufhalten, den Kontakt zu Wasservögeln (z.B. Fütterung) vermeiden, sich nach dem Verlassen des Wassers nasser Badebekleidung entledigen und sich zügig abtrocknen.

 

Antwort als PDF