Städtischer Kindergarten Schwalbenstraße in Gelsenkirchen bringt Kindern islamische Gebetsrituale bei! Neue Standards bei der Kinderbetreuung in NRW?

Kleine Anfrage
vom 01.07.2024

Kleine Anfrage 4038

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Städtischer Kindergarten Schwalbenstraße in Gelsenkirchen bringt Kindern islamische Gebetsrituale bei! Neue Standards bei der Kinderbetreuung in NRW?

Im Rahmen der Fußball-EM hat die Kita Schwalbenstraße in Gelsenkirchen ein Programm für die zu betreuende Kinder entworfen. Dabei ging es darum, andere Kulturen kennenzulernen, wogegen zunächst nichts einzuwenden ist.

Den Kindern soll u. a. die Durchführung islamischer Glaubensrituale vermittelt worden sein. Außerdem standen Moschee-Besuche auf der Agenda.

Dies geschah ohne die Einwilligung der Eltern.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Hat die Kita-Leitung respektive der zuständige Erzieher eine Einwilligung der Eltern zur Durchführung dieser Maßnahmen samt Moschee-Besuch eingeholt?
  2. Inwiefern wurde das Vorgehen in der besagten KITA mit den betroffenen Eltern im Voraus abgesprochen?
  3. Inwiefern gehört es nach Ansicht der Landesregierung zu den Aufgaben einer altersgerechten Kinder-Tagesbetreuung, maximal 6 Jahre alten Kindern islamische Gebetsrituale beizubringen?
  4. Zum Konfirmandenunterricht werden Kinder angemeldet, wenn sie in die 7. Klasse kommen, der Kommunionsunterricht wird im Alter von 8 oder 9 Jahren besucht. In beiden Fällen ist die Zustimmung der Eltern erforderlich. Inwiefern erachtet es die Landesregierung für angemessen, Kleinkinder mit dem Thema „Religion“ zu konfrontieren, ggf. auch gegen den Willen der Eltern, die ggf. keiner Religionsgemeinschaft angehören bzw. auch ihre Kinder in dieser Weise erziehen wollen?
  5. Inwiefern ist die Vermittlung islamischer Gebetsrituale oder auch anderer religiöser Praktiken bei maximal 6 Jahre alten Kindern in konfessionslosen Kindergärten rechtlich überhaupt vorgesehen bzw. gestattet? (Bitte die Rechtsgrundlage benennen)

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-9819


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 4038 mit Schreiben vom 23. Juli 2024 namens der Landesregierung beantwor­tet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Bildungsgrundsätze Nordrhein-Westfalen legen einen ganzheitlichen und inklusiven Bil­dungsbegriff zugrunde, der den Bildungs- und Erziehungsauftrag in nordrhein-westfälischen Kindertageseinrichtungen prägt. Dieses Bildungsverständnis zielt auf eine umfassende Bil­dung, Erziehung und Betreuung von Kindern in allen Entwicklungsbereichen ab. Unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen, ihrer Herkunft, ihren Fähigkeiten oder besonderen Bedürfnissen erhalten alle Kinder gleiche Chancen und Unterstützung, um sich bestmöglich zu entwickeln. Die individuellen Lern- und Entwicklungsbedürfnisse des Kindes sind dabei Aus­gangspunkt des pädagogischen Handelns. Dieses Bildungsverständnis strebt danach, Bil­dungsprozesse so zu gestalten, dass sie lebensweltorientiert sind und Weltoffenheit fördern. Mit den vielfältigen Bildungsangeboten in der Kindertageseinrichtung sollen die Kinder befähigt werden, Sinnzusammenhänge zu erfassen, die das „Ganze“ der Welt erschließen. Dadurch werden auch die Kompetenzen des kritischen Hinterfragens gestärkt, um ihre Selbstwirksam­keit, Weltoffenheit und Resilienz zu fördern.

  1. Hat die Kita-Leitung respektive der zuständige Erzieher eine Einwilligung der El­tern zur Durchführung dieser Maßnahmen samt Moschee-Besuch eingeholt?

Gemäß § 17 des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) ist die Zusammenarbeit zwischen Kinderta­geseinrichtung und Personensorgeberechtigten nach den Prinzipien der Bildungs- und Erzie­hungspartnerschaft zu gestalten. Bei externen Besuchen ist der Träger auch aus versiche­rungsrechtlichen Gründen verpflichtet, die elterliche Einwilligung im Rahmen seiner pädagogi­schen Gesamtverantwortung einzuholen.

  1. Inwiefern wurde das Vorgehen in der besagten KITA mit den betroffenen Eltern im Voraus abgesprochen?

Die Verantwortung für die Abstimmung von Maßnahmen im pädagogischen Kita-Alltag liegt im Verantwortungsbereich des Trägers der Kindertageseinrichtung. Gemäß § 9 des Kinderbil-dungsgesetzes ist eine partnerschaftliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Kindertageseinrichtung und den Personensorgeberechtigten vorgesehen.

  1. Inwiefern gehört es nach Ansicht der Landesregierung zu den Aufgaben einer al­tersgerechten Kinder-Tagesbetreuung, maximal 6 Jahre alten Kindern islamische Gebetsrituale beizubringen?

Die pädagogische Arbeit in Kindertageseinrichtungen ist von einer Lebensweltorientiertheit ge­prägt, die sich an den kindlichen Fragen und Bedürfnissen im Kita-Alltag orientiert. Die päda­gogische Auseinandersetzung mit vielfältigen Themen, einschließlich kultureller und religiöser Aspekte, basiert auf den individuellen Lern- und Entwicklungsbedürfnissen der Kinder und ist der Ausgangspunkt des pädagogischen Handelns. Dabei steht die Förderung der Offenheit und des Verständnisses für verschiedene Kulturen und Religionen im Vordergrund, ohne die Vermittlung spezifischer religiöser Praktiken.

  1. Zum Konfirmandenunterricht werden Kinder angemeldet, wenn sie in die 7. Klasse kommen, der Kommunionsunterricht wird im Alter von 8 oder 9 Jahren besucht. In beiden Fällen ist die Zustimmung der Eltern erforderlich. Inwiefern erachtet es die Landesregierung für angemessen, Kleinkinder mit dem Thema „Religion“ zu kon­frontieren, ggf. auch gegen den Willen der Eltern, die ggf. keiner Religionsgemein­schaft angehören bzw. auch ihre Kinder in dieser Weise erziehen wollen?
  2. Inwiefern ist die Vermittlung islamischer Gebetsrituale oder auch anderer religiö­ser Praktiken bei maximal 6 Jahre alten Kindern in konfessionslosen Kindergärten rechtlich überhaupt vorgesehen bzw. gestattet? (Bitte die Rechtsgrundlage benen­nen)

Die Fragen 4 bis 5 werden zusammengefasst beantwortet.

Der Bildungsbereich „Religion und Ethik“ ist einer der zehn Bildungsbereiche in den Bildungsgrundsätzen Nordrhein-Westfalen. Mit dem zugrundeliegenden Bildungsver­ständnis der Ganzheitlichkeit und Inklusivität muss das pädagogische Handeln ange­messen auf kindliche Fragen reagieren. Kinder stellen solche Fragen, wenn sie die Welt erforschen, indem sie nach dem Anfang und Ende, nach dem Sinn und dem Wert des Lebens fragen.

Die Auseinandersetzung mit weltanschaulichen Fragen und Traditionen sowie die Kenntnis religiöser und ethischer Deutungen sind wesentliche Bausteine, um eigene Antworten zu fin­den und die eigene Identität herauszubilden. Kindern den Zugang zu verschiedenen religiösen und ethischen Perspektiven zu ermöglichen, ist ein integraler Bestandteil eines ganzheitlichen und inklusiven Bildungsverständnisses. Dies geschieht jedoch stets im Rahmen einer sensib­len und respektvollen pädagogischen Praxis, die die individuellen Lern- und Entwicklungsbe­dürfnisse der Kinder berücksichtigt. Eine offene und inklusive Bildungsarbeit soll gefördert wer­den, die Raum für Fragen und Erkundungen bietet und die Vielfalt der Weltanschauungen respektiert. Eltern werden in diesen Prozess einbezogen, und ihre Wünsche und Überzeugun­gen werden respektiert, um sicherzustellen, dass das Bildungsangebot den Bedürfnissen und Erwartungen aller Beteiligten gerecht wird.

 

MMD18-10103