Stärkere Nachfrage nach Akademikern auf dem Arbeitsmarkt

Kleine Anfrage
vom 27.11.2017

Kleine Anfrage 574
des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz AfD

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Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet in einem Artikel am 11. Oktober dieses Jahres, dass es derzeit eine hohe Nachfrage am Arbeitsmarkt nach Akademikern gibt. Die spezifische Arbeitslosenquote bei Akademikern lag im vergangenen Jahr nur noch bei 2,3%, was als Vollbeschäftigung anzusehen ist.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welche akademischen Abschlüsse werden derzeit besonders gefragt?
  2. In welchen Branchen und für welche Ausbildung ist die Nachfrage besonders hoch und in den letzten Jahren angestiegen?
  3. Die Quereinsteiger-Tendenz steigt. Personen mit welchen Abschlüssen schlagen am häufigsten eine andere Berufsrichtung ein?
  4. Für welche Studiengänge haben sich zum Wintersemester die meisten Personen angemeldet?
  5. Wie viele der Akademiker sind über Zeitarbeitsfirmen/Arbeitnehmerüberlassungen beschäftigt? Bitte die Antwort nach Abschlüssen untergliedern.

Dr. Martin Vincentz

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Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 574 mit Schreiben vom 8. Januar 2018 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet.

  1. Welche akademischen Abschlüsse werden derzeit besonders gefragt?
  2. In welchen Branchen und für welche Ausbildung ist die Nachfrage besonders hoch und in den letzten Jahren angestiegen?

Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres Sinnzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Die Fragen können mit den vorhandenen Daten nur indirekt beantworten werden. Dazu wird auf die nachfolgende Tabelle verwiesen. Dargestellt werden die „TOP 25“ der Hauptwirtschaftsgruppen nach Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse mit akademischem Abschluss für die Jahre 2015 und 2016 sowie die Veränderung zum Vorjahr. In den Bereichen Erziehung, Gesundheitswesen und öffentlicher Verwaltung werden demnach am meisten Akademiker beschäftigt.

Die Frage, um welche Abschlüsse es sich dabei handelt, kann mangels Datenlage nicht beantwortet werden. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die für die Berufshauptgruppen relevanten und einschlägigen Abschlüsse auch häufig nachgefragt werden.

  31. Dezember

2015

885.792

31. Dezember

2016

942.447

Veränderung zum Vorjahr
Insgesamt 6,40%
85 Erziehung und Unterricht 95.529 99.939 4,62%
86 Gesundheitswesen 86.990 92.327 6,14%
84 Öffentliche Verwaltung, Verteidigung;
Sozialversicherung
66.615 72.194 8,37%
70 Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben; Unternehmensberatung 50.913 53.193 4,48%
62 Erbringung von Dienstleistungen der
Informationstechnologie
43.719 47.528 8,71%
71 Architektur- und Ingenieurbüros; technische, physikalische und chemische Untersuchung 39.949 41.929 4,96%
46 Großhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen) 37.846 41.081 8,55%
88 Sozialw esen (ohne Heime) 35.217 38.896 10,45%
28 Maschinenbau 34.130 34.713 1,71%
94 Interessenvertr.,kirchl.u.sonst.Verein 29.625 31.266 5,54%
69 Rechts- und Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung 24.205 25.660 6,01%
47 Einzelhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen) 22.518 24.623 9,35%
87 Heime (ohne Erholungs- und Ferienheime) 22.604 23.577 4,30%
64 Erbringung von Finanzdienstleistungen 19.755 20.439 3,46%
72 Forschung und Entw icklung 17.510 18.303 4,53%
20 Herstellung von chemischen Erzeugnissen 15.903 17.665 11,08%
29 Herstellung von Kraftwagen und Kraftw agenteilen 14.890 15.435 3,66%
27 Herstellung von elektrischen Ausrüstungen 13.062 13.673 4,68%
26 Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen 12.709 12.858 1,17%
25 Herstellung von Metallerzeugnissen 11.918 12.718 6,71%
78 Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften 10.842 12.239 12,89%
35 Energieversorgung 10.667 11.571 8,47%
82 Dienstleistg.f.Untern.u.Privatpers.ang 9.577 10.607 10,75%
65 Versicherungen u.Pensionskassen 10.138 10.346 2,05%
73 Werbung und Marktforschung 8.637 9.516 10,18%

Bezogen auf den zweiten Teil der Frage, in welchen Branchen die Nachfrage besonders angestiegen ist, ergibt sich ein anderes Bild. Hier dominieren nicht die Berufshauptgruppen mit hohen Beschäftigungszahlen, sondern eher Branchen mit geringer Zahl von akademisch ausgebildeten Personen.

So sind die stärksten Zuwächse im Bereich Post und Kurierdienst sowie in der Herstellung von Lederwaren und im Sicherheitsgewerbe zu verzeichnen. Eine Aufschlüsselung nach konkreten Ausbildungen (akademisch/nichtakademisch) ist hier ebenso auf Grund fehlender Daten nicht möglich.

  31. Dezember

2015

1.597

31. Dezember

2016

2.341

Veränderung zum Vorjahr
53 Post-, Kurier- und Expressdienste 46,59%
15 Herstellung von Leder, Lederwaren und Schuhen 208 279 34,13%
80 Wach- und Sicherheitsdienste sow ie Detekteien 860 1.048 21,86%
55 Beherbergung 1.555 1.859 19,55%
02 Forstw irtschaft und Holzeinschlag 171 203 18,71%
79 Reisebüros, Reiseveranstalter und Erbringung sonstiger Reservierungsdienstleistungen 1.990 2.350 18,09%
32 Herstellung von sonstigen Waren 1.993 2.326 16,71%
56 Gastronomie 3.800 4.401 15,82%
51 Luftfahrt 752 870 15,69%
93 Erbringung von Dienstleistungen des Sports, der Unterhaltung und der Erholung 2.806 3.192 13,76%
45 Handel mit Kraftfahrzeugen; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen 3.462 3.927 13,43%
78 Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften 10.842 12.239 12,89%
92 Spiel-, Wett- und Lotteriew esen 425 478 12,47%
63 Informationsdienstleistungen 3.357 3.760 12,00%
12 Tabakverarbeitung 43 48 11,63%
20 Herstellung von chemischen Erzeugnissen 15.903 17.665 11,08%
82 Dienstleistg.f.Untern.u.Privatpers.ang 9.577 10.607 10,75%
49 Landverkehr und Transport in Rohrfernleitungen 3.356 3.712 10,61%
88 Sozialw esen (ohne Heime) 35.217 38.896 10,45%
73 Werbung und Marktforschung 8.637 9.516 10,18%
74 Sonstige freiberufliche, w issenschaftliche und technische Tätigkeiten 4.179 4.594 9,93%
42 Tiefbau 1.981 2.177 9,89%
52 Lagerei sow ie Erbringung von sonstigen
Dienstleistungen für den Verkehr
7.066 7.746 9,62%
47 Einzelhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen) 22.518 24.623 9,35%
13 Herstellung von Textilien 1.052 1.148 9,13%

Quelle für Tabelle 1 und 2: Bundesagentur für Arbeit

  1. Die Quereinsteiger-Tendenz steigt. Personen mit welchen Abschlüssen schlagen am häufigsten eine andere Berufsrichtung ein?

Diese Frage lässt sich aufgrund mangelnder Datenquellen nur ungenau beantworten. So sind laut den Daten der Bundesagentur für Arbeit in Nordrhein-Westfalen im Vorjahr 13.538 Personen in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung mit Abschluss eingetreten, davon besaßen 7.432 Personen keinen Berufsabschluss, 5.272 Personen verfügten über eine betriebliche oder schulische Ausbildung und 547 Personen hatten einen akademischen Abschluss (bei 287 Personen gab es keine Angaben zu der beruflichen Ausbildung).

Personen mit akademischem Abschluss nehmen daher im Vergleich mit anderen Personengruppen nur selten an Umschulungsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit teil. Andere Aussagen lassen sich aufgrund der nicht klar abgrenzbaren Berufsbilder und Beschäftigungsmöglichkeiten für diese Abschlüsse nicht treffen.

  1. Für welche Studiengänge haben sich zum Wintersemester die meisten Personen angemeldet?

Zur Beantwortung wird auf die nachfolgende Tabelle verwiesen, die die „Top 15“ der Studiengänge an Universitäten und Fachhochschulen zeigt. Zu beachten ist, dass sich die Zahlen auf die Studienanfänger und Studienanfängerinnen beziehen.

Studienanfängerinnen und -anfänger* in den am meisten nachgefragten

Studienfächern an den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen

im Wintersemester 2016/2017 – Universitäten und Fachhochschulen

Hochschulart Studienfach Studienanfänger
Universitäten Wirtschaftswissenschaften 5883
  Informatik 5234
  Germanistik/Deutsch 5221
  Mathematik 4437
  Maschinenbau/-wesen 4328
  Betriebswirtschaftslehre 4198
  Physik 4160
  Psychologie 4107
  Rechtswissenschaften 3987
  Biologie 3831
  Chemie 3480
  Anglistik/Englisch 3303
  Erziehungswissenschaft (Pädagogik) 3289
  Geschichte 2727
  Medizin (allgemein) 2535
     
Fachhochschulen Betriebswirtschaftslehre 9752
  Soziale Arbeit 3797
  Maschinenbau/-wesen 3503
  (Wirtschafts-)Psychologie 3175
  Wirtschaftswissenschaften 2834
  Informatik 2665
  Wirtschaftsingenieurwesen mit ingenieurwissenschaftlichem Schwerpunkt 2638
  Elektrotechnik/Elektronik 2458
  Internationale Betriebswirtschaft/Management 2401
  Wirtschaftsinformatik 2241
  Gesundheitswissenschaft/-management 1722
  Wirtschaftsingenieurwesen mit wirtschaftswissenschaftlichem Schwerpunkt 1615
  Bauingenieurwesen/Ingenieurbau 1399
  Architektur 1354
  Wirtschaftsrecht 1179

* 1. Fachsemester, 1. Studiengang, 1. oder einziges Fach, Haupthörer
Quelle: IT NRW

  1. Wie viele der Akademiker sind über Zeitarbeitsfirmen/Arbeitnehmerüberlassungen beschäftigt? Bitte die Antwort nach Abschlüssen untergliedern.

Zum 31. Dezember 2016 waren nach dem Datenbestand der Bundes-agentur für Arbeit 16.718 Personen mit einem akademischen Abschluss als Leiharbeitnehmer und Leiharbeitnehmerinnen beschäftigt. Im Vorjahr lag die Zahl bei 15.011 Personen. Eine Untergliederung nach Abschlüssen ist mangels Datenlage nicht möglich.