Stichprobe in Baden-Württemberg ergibt: 42 von 87 angeblich unbegleitet minderjährigen Ausländern (UMA) sind in Wahrheit bereits volljährig! Welche Daten liegen in NRW vor?

Kleine Anfrage
vom 06.12.2023

Kleine Anfrage 3009

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Stichprobe in Baden-Württemberg ergibt: 42 von 87 angeblich unbegleitet minderjährigen Ausländern (UMA) sind in Wahrheit bereits volljährig! Welche Daten liegen in NRW vor?

Wie aus einer Stellungnahme des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration in Baden-Württemberg hervorgeht, wurden im Jahr 2023 bis zum 21. September 87 Personen im Rahmen des Altersfeststellungsverfahrens für UMA in der Uniklinik Heidelberg untersucht. In 42 Fällen wurde im Rahmen der medizinischen Altersfeststellung die Volljährigkeit festgestellt – also fast in jedem zweiten Fall.1

Da es keinen logischen Grund für ein grob abweichendes Ergebnis in NRW gibt, stellt sich die Frage, inwiefern es entsprechende Überprüfungen auch in NRW gegeben hat und was diese Überprüfungen ergeben haben.

Die Folgen falscher Altersangaben sind für den Steuerzahler geradezu fatal, da UMA im Rahmen der umfangreichen Betreuung unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen. Die Angaben schwanken je nach Quelle zwischen 5.000 und 8.500 Euro je Person und Monat. Auch die aufenthaltsrechtliche Situation verbessert sich mit dem UMA-Status enorm.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele UMA sind 2021, 2022 und im Jahr 2023 bis zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage in NRW neu eingetroffen? (Bitte differenziert nach Jahr, Anzahl und Herkunftsland listen)
  2. Bei wie vielen der neu eingetroffenen UMA wurde 2021, 2022 und im Jahr 2023 bis zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage in NRW eine Altersfeststellung durchgeführt? (Bitte auch die Methode zur Altersfeststellung benennen)
  3. Bei wie vielen dieser Altersfeststellungen stellte sich – entgegen eigener Angaben – im Zuge der Altersfeststellung eine Volljährigkeit heraus?
  4. Wie viele UMA sind aktuell in NRW untergebracht? (Bitte aufschlüsseln nach Art der Unterbringung – Heime, betreute Wohngruppen, Verwandte und anderweitig.)
  5. Welche Summe hat das Land NRW in 2021, 2022 und im Jahr 2023 bis zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage den Kommunen bzw. den Jugendämtern in NRW für die Unterbringung und Betreuung der UMA jährlich insgesamt erstattet? (Bitte jeweils aufschlüsseln nach Kreis bzw. kreisfreier Stadt, Betrag sowie nach der Anzahl der in den einzelnen Jahren dort jeweils zu versorgenden Personen)

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-7224

 

1 Vgl. https://www.bild.de/regional/stuttgart/stuttgart-aktuell/aerzte-checks-decken-auf-jeder-2-fluechtling-schummelt-beim-alter-86107520.bild.html? und https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP17/Drucksachen/5000/17%5F5496%5FD.pdf


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3009 mit Schreiben vom 4. Januar 2024 namens der Landesregierung beant­wortet.

  1. Wie viele UMA sind 2021, 2022 und im Jahr 2023 bis zum Zeitpunkt der Beantwor­tung dieser Anfrage in NRW neu eingetroffen? (Bitte differenziert nach Jahr, An­zahl und Herkunftsland listen)

Es wird davon ausgegangen, dass die Formulierung „neu eingetroffen“ auf die Nennung der vorläufigen Inobhutnahmen im jeweiligen Bezugsjahr abzielt. Im Jahr 2021 sind insgesamt 1.495 unbegleitete Minderjährige vorläufig in Obhut genommen worden und im Jahr 2022 wa­ren es 5.005 junge Menschen. Bis zum (Abfrage-) Stichtag 12.12.2023 sind im Jahr 2023 4.742 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Obhut genommen worden.

Die darüber hinaus erfragte Differenzierung nach den (Haupt-) Herkunftsländern kann der bei­gefügten Anlage 1 entnommen werden.

  1. Bei wie vielen der neu eingetroffenen UMA wurde 2021, 2022 und im Jahr 2023 bis zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage in NRW eine Altersfeststellung durchgeführt? (Bitte auch die Methode zur Altersfeststellung benennen)

Zur Beantwortung dieser Fragen wird auf die Antwort auf die Kleine Anfrage 1143 (Drucksache 18/3329) verwiesen. Im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme ist vom zuständigen Jugend­amt in jedem Einzelfall eine Altersfeststellung vorzunehmen. Dafür ist gem. § 42 f SGB VIII bundesgesetzlich ein abgestuftes Verfahren zur Verifizierung der Minderjährigkeit vorgesehen. Im ersten Schritt sind Ausweispapiere, sofern diese vorliegen, zur Grundlage der Altersfest­stellung zu machen. Sollten keine eindeutigen Ausweispapiere vorliegen, mit denen das Alter festgestellt werden kann, ist mittels qualifizierter Inaugenscheinnahme das Alter einzuschät­zen. Bleiben nach dem Ermessen des Jugendamts weiterhin Zweifel an der Minderjährigkeit der oder des jungen Geflüchteten, ist eine ärztliche Untersuchung zu veranlassen.

  1. Bei wie vielen dieser Altersfeststellungen stellte sich entgegen eigener Angaben im Zuge der Altersfeststellung eine Volljährigkeit heraus?

Entsprechende Daten können nur mittels umfangreicher Einzelerhebungen bei den Jugend­ämtern gewonnen werden. Im Rahmen der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit ist dies mit vertretbarem Aufwand nicht möglich.

  1. Wie viele UMA sind aktuell in NRW untergebracht? (Bitte aufschlüsseln nach Art der Unterbringung – Heime, betreute Wohngruppen, Verwandte und anderweitig.)

Die Summe aller jugendhilferechtlichen Zuständigkeiten für unbegleitete Minderjährige beträgt zum Stichtag 12.12.2023 10.158.

  1. Welche Summe hat das Land NRW in 2021, 2022 und im Jahr 2023 bis zum Zeit­punkt der Beantwortung dieser Anfrage den Kommunen bzw. den Jugendämtern in NRW für die Unterbringung und Betreuung der UMA jährlich insgesamt erstat­tet? (Bitte jeweils aufschlüsseln nach Kreis bzw. kreisfreier Stadt, Betrag sowie nach der Anzahl der in den einzelnen Jahren dort jeweils zu versorgenden Perso­nen)

Es wird darauf hingewiesen, dass nur die Auszahlungen an die Kommunen dargestellt werden, eine Zuordnung zur Entstehung der Aufwendungen im Jugendamt ist nicht möglich. Die Ju­gendämter können Kosten bis zu vier Jahre nach Entstehung fristgerecht zur Erstattung vor­legen (hierzu bereits erläutert in der Beantwortung der Kleinen Anfrage 873, Drucksache 18/2457).

Die im Jahr 2021 an die Kommunen/ Jugendämter ausgezahlten Aufwendungserstattungen nach § 89d SGB VIII wurden bereits mit Beantwortung der Kleinen Anfrage 297 (Drucksache 18/869) dargestellt. Der Anlage 2 können die Kostenerstattungen an die Jugendämter nach § 89d SGB VIII für die Jahre 2022 und 2023 (Stichtag 12.12.2023) entnommen werden.

 

MMD18-7594