Straftaten innerhalb und außerhalb der Flüchtlingsunterkünfte durch die untergebrachten Personen im Jahre 2022

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 941
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias vom 28.12.2022

Straftaten innerhalb und außerhalb der Flüchtlingsunterkünfte durch die untergebrachten Personen im Jahre 2022

Im Rahmen eines Berichtswunsches im Integrationsausschuss führte die Landesregierung am 28. November 2022 ausführlich zur Gefährdung der in den Flüchtlingsunterkünften untergebrachten Personen aus.1 Danach wurden für das Jahr 2021 insgesamt 128 Straftaten bekannt und für 2022 zum damaligen Zeitpunkt bereits 87 Straftaten. Für beide Jahre wurden je 16 Gewaltdelikte gemeldet. Mit Ausnahme einer Widerstandshandlung handelte es sich ausschließlich um Körperverletzungsdelikte.

Außer Acht gelassen wurde bei diesem Bericht die Tatsache, dass es auch Straftaten gibt, die sich gegen die Mitarbeiter der Einrichtungen richten. Zudem kommt es immer wieder zu Straftaten der Bewohner untereinander.

Auch die Anwohner in der direkten Umgebung der Unterkünfte werden immer wieder durch Straftaten der Bewohner in Mitleidenschaft gezogen.

Einer großen Gefahr sind auch die vielen allein reisenden, vor dem russischen Angriffskrieg geflohenen Frauen und Mädchen ausgesetzt. In einem Artikel der Jüdischen Rundschau wird diese Problematik (nicht nur für Deutschland) ausführlich beleuchtet.2 In diesem Zusammenhang tragen wir eine große Verantwortung. Daher ist es zusammenfassend von Bedeutung, das Lagebild zu vervollständigen und somit abzurunden.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Straftaten gab es im Jahre 2022 innerhalb der Tatörtlichkeit Flüchtlingsunterkunft durch dort untergebrachte Personen zum Nachteil der dort angestellten Mitarbeiter? (Bitte nach Straftatbestand und Anzahl differenziert listen)
  2. Wie viele Straftaten gab es im Jahre 2022 innerhalb und außerhalb der Tatörtlichkeit Flüchtlingsunterkunft zwischen den dort untergebrachten Personen? (Bitte nach Straftatbestand und Anzahl differenziert listen)
  3. Wie viele Straftaten gab es im Jahre 2022 außerhalb der Flüchtlingsunterkünfte durch dort untergebrachte Personen zum Nachteil unbeteiligter Anwohner bzw. zum Nachteil sich dort aus anderen Gründen aufhaltender Personen? (Bitte nach Straftatbestand und Anzahl differenziert listen)
  4. In wie vielen der unter Frage 1-3 erfragten Straftaten wurde die örtliche Polizei zur Unterstützung der Sicherheitskräfte in den Unterkünften herbeigerufen?
  5. In welcher Form wird innerhalb und außerhalb der Flüchtlingsunterkünfte insbesondere der Schutz allein reisender Frauen und Mädchen vor sexuellen Übergriffen sichergestellt, beispielsweise durch eine separate Unterbringung für diese vulnerable Personengruppe?

Enxhi Seli-Zacharias

 

Anfrage als PDF

 

1 Vgl. Lt.-Vorlage 18/521 Neudruck

2 Vgl. htt p s://j u e d i s c h e r u n d s c h a u . d e / a r t i c l e . 2 0 2 2 – 1 1 . n a c h – d e m – k r i e g – d i e – h o e l l e -in-den-fluechtlings h e i m e n . h t m l


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 941 mit Schreiben vom 26. Januar 2023 na­mens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beantwortet.

  1. Wie viele Straftaten gab es im Jahre 2022 innerhalb der Tatörtlichkeit Flüchtlings­unterkunft durch dort untergebrachte Personen zum Nachteil der dort angestellten Mitarbeiter? (Bitte nach Straftatbestand und Anzahl differenziert listen)
  2. Wie viele Straftaten gab es im Jahre 2022 innerhalb und außerhalb der Tatörtlich­keit Flüchtlingsunterkunft zwischen den dort untergebrachten Personen? (Bitte nach Straftatbestand und Anzahl differenziert listen)
  3. Wie viele Straftaten gab es im Jahre 2022 außerhalb der Flüchtlingsunterkünfte durch dort untergebrachte Personen zum Nachteil unbeteiligter Anwohner bzw. zum Nachteil sich dort aus anderen Gründen aufhaltender Personen? (Bitte nach Straftatbestand und Anzahl differenziert listen)
  4. In wie vielen der unter Frage 1-3 erfragten Straftaten wurde die örtliche Polizei zur Unterstützung der Sicherheitskräfte in den Unterkünften herbeigerufen?

Die Fragen 1 bis 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet:

Als Datenbasis für die Beantwortung von Fragen der Kriminalitätsentwicklung dient die Poli­zeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen (PKS NRW). Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die PKS NRW ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Lan­deskriminalamt Nordrhein-Westfalen umfangreiche und aufwändige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssicherungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten der PKS NRW für das Jahr 2022 und mithin auch zu Straftaten an den Tatörtlichkeiten „Asylunterkunft“ und „Flücht­lingsunterkunft“ derzeit noch nicht qualitätsgesichert vor, so dass eine Beantwortung der Fra­gen allein aus diesem Grund derzeit nicht möglich ist.

Darüber hinaus ist anzuführen, dass in der PKS NRW eine Differenzierung der beteiligten Per­sonen in „untergebrachte Personen oder angestellte Mitarbeiter“ sowie eine Differenzierung zwischen der Begehung von Straftaten „durch dort untergebrachte Personen zum Nachteil unbeteiligter Anwohner beziehungsweise zum Nachteil sich dort aus anderen Gründen aufhal­tender Personen“ nicht erfolgt. Die Fragen eins bis drei sind daher auch nach dem Qualitäts-sicherungsprozess in dieser Detailtiefe nicht zu beantworten.

Die Frage 4 ist auch nach Abschluss des Qualitätssicherungsprozesses und nach Vorliegen der Daten der PKS NRW 2022 nicht zu beantworten, da eine automatisierte Abfrage nach den Tatörtlichkeiten „Asylunterkunft“ und „Flüchtlingsunterkunft“ im Kontext zu in den Unterkünften eingesetzten Sicherheitskräften nicht möglich ist.

  1. In welcher Form wird innerhalb und außerhalb der Flüchtlingsunterkünfte insbe­sondere der Schutz allein reisender Frauen und Mädchen vor sexuellen Übergrif­fen sichergestellt, beispielsweise durch eine separate Unterbringung für diese vul-nerable Personengruppe?

Seit 2017 gilt das Landesgewaltschutzkonzept (LGSK) für alle Landeseinrichtungen. Alle Be­wohnerinnen und Bewohner sollen, ebenso wie das Personal, vor jeglicher Form von Gewalt bestmöglich geschützt werden. Das LGSK enthält sowohl Vorgaben zum Belegungsmanage-ment mit dem Ziel, insbesondere vulnerable Gruppen wie Frauen und Kinder oder LSBTIQ*-Personen zu schützen, als auch grundlegende Anforderungen an die bauliche Herrichtung bzw. den Um- und Ausbau von Einrichtungen und Gewaltschutzaspekten (z. B. Beleuchtungs­konzept, nach Reisegruppen getrennte Schlafbereiche, Begegnungs-/Kommunikations- und Rückzugsräume, geschlechtergetrennte Sanitärräume mit Notrufsystem). Die Mitarbeitenden des Betreuungs- und Sicherheitsdienstes müssen vor Dienstaufnahme eine Schulung in inter-kultureller Kompetenz absolvieren, die u.a. Kenntnisse und Sensibilisierungsmaßnahmen für die besondere Situation vulnerabler Gruppen umfasst und auf die besonderen Bedürfnisse von vulnerablen Personen eingeht.

Polizeiliche Schutzmaßnahmen werden auf der Grundlage der bundeseinheitlichen Regelun­gen der Polizeidienstvorschrift „Personen- und Objektschutz“ PDV 129 (VS-NfD) durchgeführt. Danach umfasst der Personen- und Objektschutz alle Maßnahmen, die zur Verhinderung oder Abwehr von Angriffen gegen gefährdete Personen oder Objekte getroffen werden. Auf eine Veränderung der Sicherheitslage oder im Einzelfall bestehende Gefährdungen werden die Kreispolizeibehörden im erforderlichen Fall unmittelbar reagieren.

Angesichts des russischen Angriffskrieges in der Ukraine wurden die Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter der Polizei Nordrhein-Westfalen insbesondere hinsichtlich Straftaten zum Nachteil von ukrainischen Personen sensibilisiert. Dies erfolgte beispielsweise unter Nutzung des polizeili­chen Intranets. Ferner liegt den Kreispolizeibehörden Nordrhein-Westfalen ein federführend von EUROPOL erarbeiteter Kriterienkatalog vor, welcher Indikatoren zur Erkennung von Fäl­len des Menschenhandels enthält.

Zudem hat die Polizei NRW auf ihrer Internetseite zahlreiche Informationen3 für Betroffene und Interessierte zusammengestellt.

Neben Informationen der Polizei NRW wurden durch das Programm Polizeiliche Kriminalprä­vention der Länder und des Bundes verschiedene Handreichungen, Plakate und Faltblätter in verschiedenen Sprachen im Sachzusammenhang erstellt. Diese werden auf seiner Internet-seite4 und bei den örtlichen Kriminalpolizeilichen Beratungsstellen zur Verfügung gestellt.

 

Antwort als PDF

 

3 https://polizei.nrw/kriminalitaet-im-zusammenhang-mit-der-aktuellen-lage-in-der-ukraine

4 https://www.polizei-beratung.de