Stromversorgung sichern, Arbeitsplätze erhalten – notwendige Kraftwerksleistung als Grundlage des Wirtschaftsstandortes NRW erhalten!

Antrag
vom 05.11.2019

Antragder AfD-Fraktion vom 05.11.2019

 

Stromversorgung sichern, Arbeitsplätze erhalten – notwendige Kraftwerksleistung als Grundlage des Wirtschaftsstandortes NRW erhalten!

I. Ausgangslage

Zur Umsetzung der Empfehlungen der von der Bundesregierung am Parlament vorbei einge­setzten Kommission „Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung“ (sog. Kohle-Kommission) hält die Landesregierung die Erarbeitung einer neuen Leitentscheidung zur Zukunft des Rhei­nischen Reviers für erforderlich. Vertreter von CDU und FDP haben in der Kommission maß­geblich den „Kohleausstieg“ vorangetrieben und damit auch einen drohenden Arbeitsplatzab­bau in der Kohleindustrie forciert. Ein Vertreter der Unternehmensverbände hat die Vorschläge der Kommission unter der Voraussetzung mitgetragen, dass die Kosten auf die Allgemeinheit abgewälzt werden und die Unternehmen einen Ausgleich für die höheren Strompreise erhalten sollen. Ein Vertreter der Gewerkschaften hat die Vorschläge unter der Voraussetzung mitge­tragen, dass die Entschädigungen für die zu entlassenden Mitarbeiter von der Allgemeinheit getragen werden. Die Energieunternehmen tragen die Vorschläge unter der Voraussetzung mit, dass sie eine Entschädigung durch die Allgemeinheit erhalten. Die Allgemeinheit, die all diese Kosten tragen muss, sind die hart arbeitenden Steuerzahler unseres Landes.

Als Folge der Forderung der Kommission, 3 Gigawatt an Kraftwerksleistung im Rheinischen Revier bis 2022 stillzulegen, würde der Braunkohlenbedarf aus den Tagebauen Hambach und Garzweiler deutlich sinken. Dazu wäre eine erneute Überplanung des Braunkohlereviers not­wendig, in der festzulegen ist, auf welchen Flächen Braunkohle in welchem Umfang noch ab­gebaut werden soll. Zusätzlich wäre zu prüfen, ob sich bereits geplante Rekultivierungsmaß-nahmen als obsolet erweisen und welche bisher zur Aufgabe vorgesehenen Siedlungen er­halten bleiben können.

Vor dem Hintergrund der vorgesehenen Revisionszeitpunkte und dem schleppenden Fortgang der sog. Energiewende gleichen diese Planungen für die Energiewirtschaft, deren Beschäftigte und die Anwohner der derzeitigen Abbaugebiete einem Lotteriespiel. Zu den Revisionszeit­punkten werden irreversible Entscheidungen getroffen worden sein, die keinen Weg zurück zu einem mit dem der Vergangenheit vergleichbaren Energieversorgungsniveau zulassen. Still­legungszeitpunkte können sich als zu früh gewählt erweisen, für den Weiterbetrieb von Kraft­werken benötigtes Personal könnte sich dann bereits anderweitig um neue sichere Arbeits­plätze bemüht haben. Plötzlich doch benötigte Braunkohlevorkommen können für diejenigen den Verlust von Hof und Haus bedeuten, die sich vor dem Hintergrund der Braunkohleaus-stiegseuphorie teure Instandhaltungsinvestitionen in ihre Immobilien leisten mussten, nach­dem sie diese jahrelang vor dem Hintergrund eines bevorstehenden Abrisses bei Näherkom­men der Abbruchkante unterlassen hatten.

Ob und wie die Kohlekapazitäten ersetzt werden können, ist dabei völlig unklar und gleicht einem reinen Wunschzettel: Während Landes- und auch Bundesregierung den Ausstiegster-min aus Kohle und Kernkraft immer wieder mit konkreten Zeitpunkten benennen, sind Netz­ausbau, Sicherung der notwendigen Grundlast und Speichermöglichkeiten zwar mit viel Prosa beschrieben, aber fern einer Realisierung. Auch die sog. Kohlekommission hat keinerlei kon­krete Vorstellung geäußert, wie der Ersatz dieser sicheren Einspeisung organisiert werden soll. Im Gegensatz dazu formulierte die „Ethikkommission Sichere Energieversorgung“ zur Le­gitimation des Atomausstiegs im Jahre 2011: „Moderne hocheffiziente Kohlekraftwerke bieten einen deutlichen Effizienzgewinn gegenüber (…) alten Kraftwerken (…) Ihr Ersatz ist eine kli­mapolitische und energiepolitische Notwendigkeit. Die derzeit im Bau befindlichen oder pla­nungsrechtlich zugelassenen Gas- und Kohlekraftwerke sollten ans Netz gebracht werden.“1

Hinzu kommt als Unsicherheitsfaktor ein weiteres unrealistisch gesetztes Ziel: So soll bereits 2050 der „Sektor“ der elektrischen Stromversorgung „klimaneutral“, also ganz ohne Emissio­nen des von der Bundesregierung als „Klimagas“ angenommenen Gases CO2 funktionieren. Darüber hinaus soll auch dieser „Sektor“ mit dem Energiebedarf der Sektoren Verkehr, Woh­nen und Industrie „gekoppelt“ werden. Alle Nutzenergie im Land soll dann „erneuerbar“ sein.

Um dahin zu gelangen, müsste der heute „erneuerbar“ produzierte Anteil im Stromsektor von ca. 3% des Gesamtenergiebedarfs um den Faktor 33 gesteigert werden -dies bei gleichzeitiger Speichermöglichkeit in bislang technisch nicht realisierbarer Größenordnung.

Die Bundesregierung hat vor Jahren eine Untersuchung zur Machbarkeit und zu den Konditi­onen dieser Sektorenkopplung in Auftrag gegeben. Die entsprechende Stellungnahme der re­nommiertesten Forschungsakademien wurde schon im Jahre 2017 veröffentlicht.2 Die Zusam­menfassung muss so gelesen werden, dass „es nicht geht“ – die sog. Energiewende mit ge­koppelten Sektoren der Energie-Verbraucher wird „vor die Wand fahren“. Allein das Szenario der Folgen einer Abschaltung der dazu vorgesehenen Kohlekraftwerke lässt Schlimmstes er­warten. Mit „Bilanz des Schreckens“ überschreibt unter Bezug auf eine seit acht Jahren jedes Jahr erarbeitete Dokumentation der Unternehmensberatung McKinsey die Tageszeitung DIE WELT den aktuellen Stand der sog. Energiewende. McKinsey urteilt trocken: „Mittlerweile ma­nifestieren sich die Probleme in allen drei Dimensionen des energiewirtschaftlichen Dreiecks – Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit.“3

DIE WELT nennt unter Bezug auf McKinsey die Gründe im Einzelnen:

  • Während die Bundesregierung die jährlichen CO2-Emissionen bis 2020 auf 750 Millionen Tonnen verringern wollte, betrugen diese im Jahr 2018 noch 866 Millionen Tonnen.
  • Die Indikatoren zum Primärenergieverbrauch und zum Stromverbrauch „rauschen“ mit Zie-lerreichungsgraden von 57 und 39 Prozent weit an den politischen Vorgaben vorbei.
  • Die Versorgungssicherheit kann nicht mehr garantiert werden. Im Juni dieses Jahres ha­ben an drei Tagen in der Spitze sechs Gigawatt Leistung gefehlt, was einer Leistung von sechs Großkraftwerken entspräche. Ausgleich konnten nur Stromimporte schaffen. Das zeige eine weitere gefährliche Entwicklung: Deutschland mutiert schleichend vom Strom­exporteur zum Stromimporteur.
  • Die weiteren, geplanten Kraftwerksabschaltungen werden binnen der nächsten zehn Jah­ren 43 Prozent der gesicherten Leistung vom Netz nehmen.
  • Diese und weitere Verschärfungen der Versorgungslage mit Strom führen für deutsche Stromkunden zu den höchsten Strompreisen in Europa, die 45 Prozent mehr für Strom bezahlen als ihre europäischen Nachbarn.4

Hinzu kommt, dass die Landesregierung auch den Ergebnissen des sog. Klimakabinettes we­nig zutraut. Von diesem scheint keine Verbesserung erwartet zu werden. Die Bewertung der Ausführungen der CDU-geführten Bundesregierung durch die CDU-geführte Landesregierung kommt einem glatten Verriss gleich. Unter anderem urteilt die Landesregierung: Die Entlastung der Stromkunden ist zu niedrig, einzelne Maßnahmen fallen als „wenig ambitioniert“ auf, im Sektor Land- und Forstwirtschaft angekündigte Maßnahmen werden als überwiegend aus För­derankündigungen und abstrakten Zielbeschreibungen bestehend beschrieben und die ge­nannten Sektorziele nur dann als sinnvoll beurteilt, wenn man der eigenen Politik misstraut. Das abschließende Fazit der Landesregierung dazu: „Was das Programm an THG-Emissions-minderungen bringt, ist nicht klar. Die Kosten sind indes hoch.“5

Während die Landesregierung auf der einen Seite erkennt, dass es unklar ist, welche CO2-Mengen beim sogenannten Klimapaket eingespart werden können, übersieht die Landesre­gierung, dass der Kohleausstieg aufgrund des mengenmäßig begrenzten Handels mit CO2-Zertifikaten in der EU überhaupt keinen Effekt auf den CO2-Ausstoß innerhalb der EU hat. Die Kosten des Kohleausstiegs sind indes hoch.

Der Erhalt, die Pflege und die Weiterentwicklung der nordrhein-westfälischen Stromerzeugung aus Braun- und Steinkohle sind als einzige zu erkennende Konstante unserer Energieversor­gung unerlässlich.

II. Der Landtag stellt fest:

1. Unsere in Nordrhein-Westfalen mit Braun- und Steinkohle betriebenen Kraftwerke wa­ren und sind das unverzichtbare Rückgrat unserer Energieversorgung.

2. Der deutsche Sonderweg, gleichzeitig die Energieerzeugung aus Steinkohle-, Braun­kohle- und Kernkraftwerken einzustellen, führt zu einer steigenden Abhängigkeit vom Ausland.

3. Ein Ausstieg aus der Kohleverstromung in Deutschland führt aufgrund des EU- weiten CO2-Zertifikate-Handels zu keinen CO2-Minderungen in der EU.

4. Ein Ausstieg aus der Kohleverstromung führt zu weiteren Preissteigerungen beim Strompreis.

5. Ein Ausstieg aus der Kohleverstromung führt zu weiteren Versorgungsengpässen und weiter steigenden Redispatch-Kosten.

6. Ein Ausstieg aus der Kohleverstromung gefährdet 120.000 qualifizierte und gut be­zahlte Arbeitsplätze in der stromintensiven und in der kohleabhängigen Industrie.

7. Der staatlich erzwungene Abbau von Arbeitsplätzen mit hoher Wertschöpfung führt zu sozialen Verwerfungen im Rheinischen Revier.

8. Die Kosten für die Stromrabatte für die Industrie, für die Entschädigungszahlungen an die Energiekonzerne und für die Abfindungen der entlassenden Mitarbeiter tragen die hart arbeitenden Steuerzahler, die bereits jetzt die höchsten Steuerlasten aller Zeiten tragen müssen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

1. sich bei der Bundesregierung und im Bundesrat für einen Ausstieg aus dem staatlich erzwungenen „Kohleausstieg“ einzusetzen;

2. die Erforschung von CO2-freien modernen und inhärent sicheren Reaktortypen wie bspw. Dual-Fluidreaktoren zu unterstützen.

Christian Loose
Herbert Strotebeck
Markus Wagner
Andreas Keith

und Fraktion

 

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1 https://archiv.bundesregierung.de/re-

source/blob/656922/394384/962baf09452793c8a87402c9ee347379/2011-07-28-abschlussbericht-ethikkommission-data.pdf?download=1, Seite 84, abgerufen am 14.10.2019 um 10:04 Uhr.

2 Vgl. https://energiesysteme-zukunft.de/publikationen/analyse/sektorkopplung/, abgerufen am 31.10.2019 um 11:41Uhr.

3 DIE WELT, Daniel Wetzel, Bilanz des Schreckens 05.09.2019, Seite 9.

4 Vgl. ebenda.

5  Vorlage 17/2532 des Ministeriums für Wirtschaft et. al. vom 10.10.2019: „Wie bewertet die Lan­desregierung das am 20.09.2019 vorgestellte Ergebnis des Klimakabinetts der Bundesregierung?“