Antragder Fraktion der AfD vom 12.03.2019
Subventionen gezuckerter Michprodukte stoppen – Das Schulmilchprogramm muss neu konzipiert werden und die Gesundheit unserer Kinder in den Fokus rücken.
I. Ausgangslage
Kinder und Jugendliche sollen gesund aufwachsen. Hier sind eine gesunde und ausgewogene Ernährung, sowie ausreichend Bewegung die maßgeblichen Komponenten. Deshalb fördert die Europäische Union unter anderem Milch und Milchprodukte an Schulen, Kindergärten und anderen Bildungseinrichtungen mit Steuergeldern, da diese ernährungsphysiologisch als wertvoll gelten. Die Rede ist hier vom „Europäischen Schulmilchprogramm“.
Mit diesem Programm stellt die Europäische Union Schulen und anderen Bildungseinrichtungen Zuschüsse bereit, damit den Schülern Milch und ausgewählte Milchprodukte angeboten werden können1. Im Schuljahr 2007/2008 verteilte das Schulmilchprogramm knapp 300.000 Tonnen Milch an Schulen in 27 Mitgliedstaaten. Die Europäische Union stellte über 55 Millionen Euro an Zuschüssen bereit2. Die Mitgliedstaaten sind berechtigt, das Schulmilchpro-gramm auf Landesebene anzupassen. Damit entscheidet jeder Mitgliedstaat auf nationaler Ebene selbst darüber, welche Produkte aus der EU-Liste in seinem Land über das Programm wo und wie bezuschusst werden. Möglich sind auch weitere Beschränkungen im Hinblick auf die Inhaltsstoffe der Milch oder der Milchprodukte, die im Rahmen des Subventionsprogramms angeboten werden – zum Beispiel eine Begrenzung des zulässigen Fett- oder Zuckergehalts. Darüber hinaus können die EU-Fördermittel in jedem Mitgliedstaat durch zusätzliche Gelder aufgestockt werden. Diese Umsetzung der europäischen Richtlinie erfolgt in Deutschland auf Landesebene, so kann jedes Bundesland autonom über die Umsetzung entscheiden.
Jedoch stehen gezuckerte Getränke schon lange in der Kritik, insbesondere vor dem Hintergrund der stetig zunehmenden Fälle von Übergewicht und Adipositas vor allem im Kindesalter, sodass im Jahre 2017 das Schulmilchprogramm überdacht und angepasst wurde. Die Europäische Union strich die Förderung von gezuckerten Milchgetränken3. Alles im Sinne der gesunden und ausgewogenen Ernährung der Kinder.
Nur erlaubt die EU-Vorgabe eine Ausnahme auf Grundlage der nationalen Regelungen. Auf diese beriefen sich bis vor kurzem noch drei Bundesländer, die weiterhin gezuckerte Milchprodukte subventioniert anbieten wollten: Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen. Die Begründung dieser Bundesländer: Kakao und gezuckerte Milchmischgetränke seien erforderlich, um das Angebot für Schulen und Lieferanten attraktiv zu halten. Zwar erklärten Vertreter der Landesregierung, das Programm würde überprüft4, jedoch ist der Zeitplan der Überprüfung bereits hinfällig; zudem wurden weder Maßstab noch Kriterien dieser „Überprüfung“ genannt.
Ziel ist es sicherzustellen, dass jedes Kind durch die Unterstützung täglich einen viertel Liter Schulmilch trinken kann. Doch in Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen haben die Landesregierungen entschieden, dass mit dem Geld auch gezuckerte Milchprodukte wie Kakao subventioniert werden. Das verstößt unter anderem gegen die freiwilligen Richtlinien zur Schulverpflegung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Künftig soll an Schulen in Brandenburg und Berlin nur noch Milch ohne Zuckerzusatz gefördert und Ernährungsunterricht unabhängig von wirtschaftlichen Interessen organisiert werden. Das hat der Brandenburger Landtag im Januar dieses Jahres beschlossen. Brandenburg organisiert sein Schulmilchpro-gramm gemeinsam mit Berlin. Nordrhein-Westfalen ist damit das einzige Bundesland, das an der Subventionierung gezuckerter Milch- und Milchmischgetränke festhält5. Zwar hat die Landesregierung inzwischen ihre Richtlinien dahingehend geändert, dass weniger Kakao gefördert werden soll, ein Ende der staatlichen Förderung gezuckerter Milchprodukte ist jedoch noch nicht in Sicht.
Basierend auf dem von „Foodwatch“ veröffentlichten Schulmilchreport „Im Kakao-Sumpf“6 appellieren unter dem Motto: „Keinen gezuckerten Kakao mehr im NRW-Schulmilchprogramm“ Ärzte, Wissenschaftler, Lehrer- und Elternvertreter an die Landesregierung7. Sie kritisieren, dass Schüler mit einer 0,25-Liter-Packung Kakao fast so viel zugesetzten Zucker konsumieren, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für einen ganzen Tag empfiehlt. Außerdem sollten sich Kinder und Jugendliche „nicht daran gewöhnen, ständig gesüßte Lebensmittel zu sich zu nehmen.“
In dem Schulmilch-Report ist die Rede von „jahrzehntelanger Verflechtung zwischen Milchwirtschaft, Wissenschaftlern und Politik in NRW. Das Schulmilchprogramm ist vor allem Absatzförderung für die Milchwirtschaft. Die Leidtragenden davon sind die Kinder.“
Das Programm, für das es Gelder von der EU gibt, ist nicht mehr zeitgemäß. Zumindest die gesüßten Milchmischgetränke stehen vor dem Aus. 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen gelten als übergewichtig – ein wesentlicher Grund dafür ist eine unausgewogene Ernährung.
Der Fokus sollte hier eindeutig auf einer gesunden, ausgewogenen und vor allem zuckerreduzierten Ernährung liegen.
II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
1. einen Maßnahmenkatalog zu entwickeln, um valide Daten zur Erstellung einer wissenschaftlich fundierten Evaluation zu erhalten;
2. ihrer Verantwortung für eine gesunde Schulverpflegung nachzukommen und als letztes Bundesland das Schulmilchprogramm dahingehend anzupassen, so dass der Zusatz von Zucker stark reduziert wird;
3. Ernährungsunterricht an den Schulen unabhängig von wirtschaftlichen Interessen anzubieten, um wertvolle Präventionsarbeit sicherstellen zu können.
Dr. Martin Vincentz
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion
1 Verordnung (EG) Nr. 2707/2000, seit 2008 gem. VO (EG) Nr. 657/2008
2 https://ec.europa.eu/agriculture/milk/school-milk-scheme_en
3 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?qid=1549624786644&uri=CELEX:02008R0657-20130801
6 https://www.foodwatch.org/fileadmin/Themen/Schulmilch/2018-10-10_Schulmilch-Report_web.pdf
7 https://lek-nrw.de/wp-content/uploads/2018/09/2018-09-14-PM_Experten_Schulmilch_NRW.pdf