Kleine Anfrage 4951
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Markus Wagner AfD
Syrische Machtdemonstration nach dem Ende des Assad-Regimes am 2. Advent auf dem Essener Weihnachtsmarkt – Welche Erkenntnisse liegen den Sicherheitsbehörden vor?
Am 2. Advent erreichten uns verstörende Bilder vom Weihnachtsmarkt Essen.1 Nach Präsident Assads Flucht eskalierte die Situation auf den Straßen von NRW. Folgendes wurde zu den Zuständen in Essen am 08.12.2024 berichtet: „Jetzt ziehen tausende Syrer plötzlich unkontrolliert durch die Fußgängerzone Richtung Weihnachtsmarkt, ohne Begleitung durch die Polizei, Stimmung wird aggressiver, laute Allahu Akbar-Rufe und immer wieder Schüsse aus Pistolen in die Luft! […] In der Innenstadt von Essen ist der Verkehr komplett zusammengebrochen, Straßen sind blockiert, laut Polizei feiern weit über 10.000 Syrer in der City den Sieg über Assad, viele tanzen und singen, einige beten, die Polizei ist mit Hundertschaften im Einsatz.“2
In Essen waren angeblich 300 Teilnehmer angemeldet. Nach Angaben der Essener Polizei waren es – entgegen der Anmeldung – dann aber rund 11.000, aus ganz Deutschland, zum Teil sogar aus den Niederlanden. Hupende Autos fuhren durch die Innenstadt. Der große Kreisverkehr am Berliner Platz war zwischenzeitlich verstopft.3
Ähnliche Szenen spielten sich deutschlandweit an vielen Orten ab, u.a. auch am Weihnachtsmarkt Stuttgart. CSU-Fraktionsvize im Deutschen Bundestag, Andrea Lindholz, bemerkte: „Gemeinsam mit vielen Syrern in Deutschland freuen wir uns, dass Assads Unrechtsregime ein Ende gefunden hat.“ Jubel darüber sei okay. Allerdings: „Das Skandieren islamistischer Parolen ist völlig inakzeptabel. Erst recht im Umfeld eines Weihnachtsmarkts.“ Wer in einen demokratischen Rechtsstaat fliehe, „dann aber Islamismus verherrlicht, sollte unser Land verlassen“.4
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wer war gemäß Versammlungsrecht der Versammlungsleiter des Protestmarsches (überwiegend) syrischer Staatsbürger über den Essener Weihnachtsmarkt am 2. Advent?
- Sollte es sich (in Teilen) um eine nicht angemeldete Versammlung oder eine nicht beantragte wesentliche Änderung einer genehmigten Versammlung (z.B. Teilnehmerzahl, Versammlungsort) gehandelt haben: Warum wurde diese Versammlung, insbesondere zu diesem Zeitpunkt und an diesem Versammlungsort (Weihnachtsmarkt, 2. Advent) nicht unterbunden? (Bitte in diesem Zusammenhang auch die durch die Versammlungsteilnehmer benannten Ansprechpersonen der mutmaßlich nicht angemeldeten Versammlung benennen)
- In welchem Umfang waren Einsatzkräfte der Polizei vor Ort, um im Notfall ggf. eingreifen zu können?
- Wie viele Straftaten aus der Versammlung heraus wurden bisher festgestellt und zur Anzeige gebracht? (Bitte im Detail listen)
- In welchem Umfang kam es insbesondere zum Zeigen verfassungsfeindlicher Symbole im Zusammenhang mit der Versammlung? (Bitte in diesem Zusammenhang angeben, ob und wie viele Personen von der Versammlung ausgeschlossen wurden)
Enxhi Seli-Zacharias
Markus Wagner
1 Vgl. https://www.youtube.com/watch?v=2IWpxn1hd3M
2 Vgl. https://twitter.com/chefreporterNRW 08.12.2024
3 Vgl. https://www1.wdr.de/nachrichten/assad-syrien-nrw-demos-rebellen-damaskus-100.html
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4951 mit Schreiben vom 11. Februar 2025 namens der Landesregierung beantwortet.
- Wer war gemäß Versammlungsrecht der Versammlungsleiter des Protestmarsches (überwiegend) syrischer Staatsbürger über den Essener Weihnachtsmarkt am 2. Advent?
Versammlungsleiter der o. g. Versammlung war eine namentlich bekannte Privatperson.
- Sollte es sich (in Teilen) um eine nicht angemeldete Versammlung oder eine nicht beantragte wesentliche Änderung einer genehmigten Versammlung (z. B. Teilnehmerzahl, Versammlungsort) gehandelt haben: Warum wurde diese Versammlung, insbesondere zu diesem Zeitpunkt und an diesem Versammlungsort (Weihnachtsmarkt, 2. Advent) nicht unterbunden? (Bitte in diesem Zusammenhang auch die durch die Versammlungsteilnehmer benannten Ansprechpersonen der mutmaßlich nicht angemeldeten Versammlung benennen)
Durch die Kreispolizeibehörde (KPB) Essen wurde eine als Eilversammlung gemäß § 10 Absatz 3 Versammlungsgesetz NRW angezeigte Kundgebung mit erwarteten 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern bestätigt. Auf Grund der Erfahrungen der KPB Essen mit themengleichen Versammlungen war eine Teilnahme von bis zu 1.000 Personen nicht ausgeschlossen. Die angezeigte Versammlungsörtlichkeit war bereits durch den stattfindenden Weihnachtsmarkt belegt und wurde daher im Rahmen des Kooperationsgesprächs auf einen Platz außerhalb des innerstädtischen Kernbereichs verlegt. Tatsächlich haben 11.000 Personen an der Versammlung teilgenommen, worüber der KPB Essen im Vorfeld keine Erkenntnisse vorlagen. Gleichwohl war die kooperierte Versammlungsörtlichkeit auch für diese höhere Anzahl an Personen geeignet.
Im Zuge der An- und Abreise der Vielzahl an Personen u. a. mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu der Versammlung begaben sich unterschiedlich große Gruppen von Versammlungsteilnehmerinnen und Versammlungsteilnehmern (teils im hohen dreistelligen bzw. niedrigen vierstelligen Bereich) auch über das Gelände des Essener Weihnachtsmarkts zum Versammlungsort bzw. anschließend zurück zum Hauptbahnhof Essen.
Wenngleich die An- und Abreisebewegungen unter den Schutzbereich von Art. 8 des Grundgesetzes fielen, zeigten sie nach Bewertung der KPB Essen zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht bereits den Charakter einer Versammlung an sich im Sinne einer kollektiven Meinungskundgabe. Allerdings war insbesondere bei der Anreise festzustellen, dass Personen insbesondere Fahnen mitführten und zum Teil eine ausgelassene Stimmung herrschte. In der Gesamtschau hat dies zu nicht unerheblichen Beeinträchtigungen des Weihnachtsmarktes geführt. Insoweit wären in der Nachbetrachtung den An- und Abreiseweg kanalisierende Maßnahmen unter Berücksichtigung von einsatztaktischen Erwägungen und der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes anhand der konkreten Umstände vor Ort angezeigt gewesen.
- In welchem Umfang waren Einsatzkräfte der Polizei vor Ort, um im Notfall ggf. eingreifen zu können?
Zur Einsatzbewältigung wurden durch die zuständige KPB Essen zirka 350 Einsatzkräfte eingesetzt, darunter auch Kräfte der Bereitschaftspolizei.
- Wie viele Straftaten aus der Versammlung heraus wurden bisher festgestellt und zur Anzeige gebracht?
Mit Stand 17.01.2025 wurden sechs Straftaten festgestellt und entsprechende Strafanzeigen gefertigt.
- In welchem Umfang kam es insbesondere zum Zeigen verfassungsfeindlicher Symbole im Zusammenhang mit der Versammlung? (Bitte in diesem Zusammenhang angeben, ob und wie viele Personen von der Versammlung ausgeschlossen wurden)
Bei der Versammlung wurden weder verfassungsfeindliche Symbole festgestellt noch Versammlungsteilnehmerinnen bzw. Versammlungsteilnehmer aufgrund einer solchen Feststellung aus der Versammlung ausgeschlossen.