Kleine Anfrage 3797
des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz AfD
Teilzeitquote steigt – auch in NRW?
In Deutschland stellt die Teilzeitarbeit eine weit verbreitete Beschäftigungsform dar, wobei besonders Frauen eine hohe Quote aufweisen. Die Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass im Jahr 2023 etwa 31 % der Angestellten in Teilzeit tätig waren, mit einem leichten Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Besonders hohe Teilzeitquoten zeigen sich in sozialen Berufen wie der Altenpflege (43 %) und im Gesundheitswesen (39 %), wo auch die Arbeitsbelastung besonders hoch ist.1
Während rund die Hälfte aller berufstätigen Frauen in Teilzeit arbeitet, davon fast ein Drittel aufgrund familiärer Verpflichtungen wie der Kinderbetreuung, sind es bei den Männern lediglich 13 %. Diese Entwicklung spiegelt eine fortbestehende Präferenz vieler Familien für traditionelle Rollenmodelle wider, bei denen Frauen die Versorgung der Kinder übernehmen, während Männer Vollzeit arbeiten.2
Trotz des Fachkräftemangels in bestimmten Bereichen wie der Pflege wird die Reduzierung der Teilzeitarbeit keine Lösung sein, sondern die Betonung liegt auf der Aufrechterhaltung stabiler familiärer Strukturen und der Unterstützung von Familien, um ihren Lebensentwurf nach eigenen Vorstellungen zu gestalten.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie hat sich die Anzahl der Teilzeitarbeitsverhältnisse in NRW in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? (Bitte aufschlüsseln nach Geschlecht, Berufsfeld und Wohnort.)
- Inwiefern unterstützt die Landesregierung Arbeitnehmer in Teilzeit, insbesondere Frauen, bei der Weiterbildung bzw. beruflichen Entwicklung?
- Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um die Qualität bzw. Rahmenbedingungen von Teilzeitarbeit zu verbessern?
- Welche spezifischen Unterstützungsangebote bzw. Initiativen existieren auf Landesebene, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf insbesondere für Frauen in Teilzeitbeschäftigung zu fördern?
Dr. Martin Vincentz
1 https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/04/PD24_N017_13.html
2 Ebd.
Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 3797 mit Schreiben vom 11. Juni 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beantwortet.
- Wie hat sich die Anzahl der Teilzeitarbeitsverhältnisse in NRW in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? (Bitte aufschlüsseln nach Geschlecht, Berufsfeld und Wohnort.)
Zur Beantwortung der Frage werden Daten aus der amtlichen Statistik des Landesbetriebs Information und Technik Nordrhein-Westfalen verwendet.
Es können Angaben zu sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten am Arbeitsort in Nordrhein-Westfalen nach Beschäftigungsumfang und Geschlecht gemacht werden. Die Daten können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden.
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Arbeitsort in Nordrhein-Westfalen nach Beschäftigungsumfang und Geschlecht | |||||
Stichtag: | |||||
Insgesamt | |||||
Insgesamt | männlich | weiblich | |||
Anzahl | |||||
30.06.2023 | 7.281.274 | 3.954.470 | 3.326.804 | ||
30.06.2022 | 7.232.841 | 3.932.899 | 3.299.942 | ||
30.06.2021 | 7.096.396 | 3.865.731 | 3.230.665 | ||
30.06.2020 | 6.974.006 | 3.807.213 | 3.166.793 | ||
30.06.2019 | 6.976.079 | 3.822.088 | 3.153.991 | ||
Stichtag: | |||||
Vollzeit | |||||
Insgesamt | männlich | weiblich | |||
Anzahl | |||||
30.06.2023 | 5.145.963 | 3.446.054 | 1.699.909 | ||
30.06.2022 | 5.131.905 | 3.438.447 | 1.693.458 | ||
30.06.2021 | 5.067.554 | 3.396.527 | 1.671.027 | ||
30.06.2020 | 5.012.868 | 3.362.429 | 1.650.439 | ||
30.06.2019 | 5.037.420 | 3.384.813 | 1.652.607 | ||
Stichtag: | |||||
Teilzeit | |||||
Insgesamt | männlich | weiblich | |||
Anzahl | |||||
30.06.2023 | 2.135.310 | 508.416 | 1.626.894 | ||
30.06.2022 | 2.100.936 | 494.452 | 1.606.484 | ||
30.06.2021 | 2.028.842 | 469.204 | 1.559.638 | ||
30.06.2020 | 1.961.138 | 444.784 | 1.516.354 | ||
30.06.2019 | 1.938.659 | 437.275 | 1.501.384 | ||
Wichtiger Hinweis: | Die Summe aus „Vollzeit“ und „Teilzeit“ ergibt „insgesamt“, sondern kann geringfügig | ||||
nicht immer die Beschäftigten kleiner sein. |
© IT.NRW, Düsseldorf, 2024 | Stand: 13.05.2024
Demnach hat sich die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigten am Arbeitsort in Nordrhein-Westfalen in der Zeit von Juni 2019 bis Juni 2023 insgesamt um 196.651 Personen (+ 10 Prozent) erhöht.
Der prozentuale Zuwachs an sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigten war dabei bei Männern mit + 16 Prozent (von 437.275 auf 508.416) doppelt so hoch wie bei Frauen + 8 Prozent (von 1.501.384 auf 1.626.894).
- Inwiefern unterstützt die Landesregierung Arbeitnehmer in Teilzeit, insbesondere Frauen, bei der Weiterbildung bzw. beruflichen Entwicklung?
- Welche spezifischen Unterstützungsangebote bzw. Initiativen existieren auf Landesebene, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf insbesondere für Frauen in Teilzeitbeschäftigung zu fördern?
Die Fragen 2 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Aus Sicht der Landesregierung sind von einer insgesamt gleichmäßigeren Verteilung des Arbeitsvolumens zwischen Männern und Frauen – so wie sie auch den persönlichen Wünschen vieler Männer und Frauen und vor allem auch vieler Mütter entspricht3 – positive Effekte für beide Seiten zu erwarten. Dem Arbeitsmarkt könnte so ein insgesamt höheres Stundenkontingent zur Verfügung gestellt werden.
Deshalb unterstützen u.a. die 15 vom Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration geförderten regionalen Kompetenzzentren Frau und Beruf kleine und mittlere Unternehmen u.a. bei der Gewinnung, Bindung und Weiterentwicklung weiblicher Fach- und Führungskräfte. Darüber hinaus betreibt das Land das FAMILIENPORTAL.NRW, auf dem vielfältige Informationen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bereitgestellt werden. Neben dem Bereich, der sich explizit an Familien richtet, wurde im Frühjahr 2024 ein weiterer Bereich für die Zielgruppe der Unternehmen veröffentlicht. Hier werden beispielsweise Instrumente einer gelingenden Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Best-Practice-Beispiele von Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen präsentiert.
Mit dem individuellen Bildungsscheck unterstützt das Land Nordrhein-Westfalen die Teilnahme an beruflicher Weiterbildung. Der Bildungsscheck finanziert Weiterbildungskosten bis zu deren Hälfte aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF), maximal jedoch mit 500 Euro. In 2023 wurden 40 Prozent der individuellen Bildungsschecks an Teilzeiterwerbstätige ausgegeben.
- Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um die Qualität bzw. Rahmenbedingungen von Teilzeitarbeit zu verbessern?
Die qualitative Ausgestaltung der Arbeit liegt im Wesentlichen in der Verantwortung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber – in Zusammenarbeit mit den Betriebsräten und unter Berücksichtigung der zwischen den Sozialpartnern getroffenen Vereinbarungen. Aufgabe des Staates ist es, gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Für das Thema Teilzeit relevant ist hier nach Überzeugung der Landesregierung vor allem auch die gesetzliche Einführung der Brückenteil-zeit auf Bundesebene. Damit können Arbeitszeitpräferenzen der Belegschaft flexibler als zuvor berücksichtigt und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht werden.
Zum anderen wird so den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern die Möglichkeit geboten, Fachkräfte zu binden, die nach der Brückenteilzeit wieder mit ihrer ursprünglichen Arbeitszeit zur Verfügung stehen.