Telematikinfrastruktur – Ist die im E-Health-Gesetz festgelegte bundesweite Frist zur Anbindung für Ärzte in NRW ausreichend und zumutbar?

Kleine Anfrage
vom 01.08.2018

Kleine Anfrage 1339des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz vom 17.07.2018

 

Telematikinfrastruktur – Ist die im E-Health-Gesetz festgelegte bundesweite Frist zur Anbindung für Ärzte in NRW ausreichend und zumutbar?

Die verpflichtende Anbindung der Arztpraxen und medizinischen Versorgungszentren (MVZ) an die Telematikinfrastruktur muss aufgrund gesetzlicher Vorschriften bis zum Ende des laufenden Kalenderjahres vollzogen werden.

Der Digitale Fortschritt birgt jedoch auch Probleme. So kommen viele Arztpraxen und MVZs mit der Nachrüstung nicht hinterher, auch gibt es nach wie vor nur einen Anbieter auf dem Markt für die „Konnektoren“, welche zum Anschluss an die Telematikinfrastruktur notwendig sind. Das führt dazu, dass die Kosten deutlich über den Erstattungsbeträgen liegen. Dies aufgrund des Marktmonopols und der daraus resultierenden Preisstagnation, welche bei der Kalkulation für die Kostenerstattungen durch die Krankenkassen nicht berücksichtigt wurde.

Da jedoch laut Gesetz vorgesehen ist, dass die Krankenkassen die Erstausstattung der TI finanzieren, hat die KBV Verhandlungen mit dem GKV Spitzenverband aufgenommen.

Ein weiterer finanzieller Aspekt sind die Honorarabzüge, welche den Ärzten drohen, wenn bis zum 31.12.2018 kein Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) durchgeführt wurde, solche Strafandrohungen stellen sich vor dem Hintergrund keiner garantierten Lieferfristen für die notwendige Hardware und einer monopolistischen Preisgestaltung als unangemessen dar.

Auch bestehen erhebliche Zweifel daran, ob diese konzipierte TI mit der am 25.05.2018 in Kraft getretene EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) konform ist.

Fokussiert auf die Umsetzung im Allgemeinen und auf die Durchführung im Einzelnen, haben sowohl der 121. Deutsche Ärztetag als auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) eine Aussetzung der Frist gefordert, Erstgenannter darüber hinaus auch die Strafandrohungen von Honorarabzügen zurückzunehmen.

Es stellt sich somit die Frage ob die bundesweite Fristsetzung in Nordrhein-Westfalen, insbesondere in der durch das Land NRW geförderte Modellregion OWL realisierbar ist und wie die Landesregierung eine allgemeine Fristverlängerung, wie zuletzt von der AfD Fraktion im deutschen Bundestag gefordert, bewertet.

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Inwieweit laufen die Vorbereitungen für die Umsetzung der TI im Allgemeinen und der Durchführung des Versichertenstammdatenmanagements im Besonderen in der bundesweiten Fristsetzung bis zum 23.12.2018 in der Modellregion OWL?

2. Sieht die Landesregierung die Einhaltung der Frist als realisierbar an?

3. Inwieweit sieht die Landesregierung die Konformität der Telematikinfrastruktur mit der am 25.05.2018 in Kraft getretenen EU-Datenschutzgrundverordnung gegeben?

4. Welche Auswirkungen hat die durch den 121. Ärztetag beschlossene Lockerung des Fernbehandlungsverbots auf die Projekte der Landesinitiative eGesundheit.nrw, inwieweit begleitet und evaluiert die Landesregierung diese Umsetzung?

Dr. Martin Vincentz

 

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Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 24.08.2018

 

Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 1339 mit Schreiben vom 24. August 2018 namens der Landesregierung beantwortet.

1. Inwieweit laufen die Vorbereitungen für die Umsetzung der TI im Allgemeinen und der Durchführung des Versichertenstammdatenmanagements im Besonderen in der bundesweiten Fristsetzung bis zum 23.12.2018 in der Modellregion OWL?

2. Sieht die Landesregierung die Einhaltung der Frist als realisierbar an?

Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Der Aufbau der Telematikinfrastruktur und die Einführung von Anwendungen der elektroni­schen Gesundheitskarte, wie dem Online-Abgleich der Versichertenstammdaten, haben in Nordrhein-Westfalen im November 2017 begonnen.

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales begleitet diesen Prozess mit einer eige­nen Projektgruppe, die sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Selbstverwaltungsorgane und der Industrie zusammensetzt.

Der Landesregierung liegen keine Zahlen vor, wie viele Arztpraxen und medizinische Versor­gungszentren in den einzelnen Regionen Nordrhein-Westfalens bisher an die Telematikinfra-struktur angebunden wurden. Die Angaben sind auch nicht innerhalb der für die Beantwortung der Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit den vorhandenen Ressourcen zu erlangen. Daher kann keine Einschätzung abgegeben werden, ob die Einhaltung der Frist realisierbar ist.

3. Inwieweit sieht die Landesregierung die Konformität der Telematikinfrastruktur mit der am 25.05.2018 in Kraft getretenen EU-Datenschutzgrundverordnung gegeben?

Die Landesregierung geht davon aus, dass die Telematikinfrastruktur mit den gesetzlichen Regelungen, auch der Datenschutz-Grundverord-nung und den sich daraus ableitenden Än­derungen am nationalen Datenschutzrecht, konform ist.

In § 291b SGB V wird explizit das Zulassungsverfahren für technische Komponenten und Dienste der Telematikinfrastruktur vorgeschrieben. Hierzu gehört auch die Festlegung der Zu­ständigkeiten der Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH (gema-tik), des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sowie der Bundesbeauf­tragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI). Es kann also davon ausge­gangen werden, dass die praktische Umsetzung der datenschutzrechtlichen Regelungen auf höchstmöglichem Niveau erfolgt.

4. Welche Auswirkungen hat die durch den 121. Ärztetag beschlossene Lockerung des Fernbehandlungsverbots auf die Projekte der Landesinitiative eGesund-heit.nrw, inwieweit begleitet und evaluiert die Landesregierung diese Umsetzung?

Der Beschluss des 121. Deutschen Ärztetages zur Änderung des in § 7 Abs. 4 der (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä) statuier­ten Behandlungsgrundsatzes zur Fernbehandlung von Patientinnen und Patienten erlaubt im Einzelfall eine ausschließliche Fernbehandlung, wenn diese ärztlich vertretbar ist und die er­forderliche ärztliche Sorgfalt durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung, Behand­lung sowie Dokumentation gewahrt bleibt.

In den Projekten der Landesinitiative eGesundheit.nrw erfolgt keine ausschließliche Fernbe­handlung nach vorgenannter Definition. Demnach stand die MBO-Ä der Durchführung der Pro­jekte auch vor dem Beschluss zur Novellierung des § 7 Absatz 4 MBO-Ä nicht im Wege.

 

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