Antragder AfD-Fraktion vom 19.05.2020
Todesursache Coronavirus – eine valide Datenbasis erstellen als Ausweg aus dem Dschungel der Erlasse und Verordnungen
I. Ausgangslage
In Nordrhein Westfalen werden bisher 1483 Todesfälle bei Menschen gezählt, die mit dem Coronavirus infiziert waren.1 Es werden jedoch immer noch zu wenig Verstorbene obduziert, bei denen ein positiver Covid-19-Befund vorgelegen hat. Obwohl bei den wenigen durchgeführten Obduktionen wertvolle neue medizinische Erkenntnisse gewonnen werden konnten, die zukünftig für die Behandlung von am Coronavirus erkrankten Patienten von großem Nutzen sein können, wird dies meistens unterlassen. Es gibt auch keine einheitliche Verfahrensweise im Land.
Der Bundesverband der Pathologen, die Gesellschaft für Pathologie und führende Lungenfachärzte fordern möglichst zahlreiche Obduktionen von Verstorbenen, die an Corona erkrankt waren. Denn nur auf dem Wege der sogenannten inneren Leichenschau (Obduktion) lässt sich feststellen, ob jemand zwar an Corona erkrankt war, die Todesursache aber unter Umständen eine andere gewesen ist. Auch lassen sich nur auf diesem Wege die Fallzahlen der tatsächlich an Corona Verstorbenen sicher ermitteln.
Daneben bieten Obduktionen die Möglichkeit, mehr über die Erkrankung zu erfahren und Therapieoptionen zu entwickeln. So halten die Berufsverbände der Pathologen und der Rechtsmediziner diese für dringend geboten, weil damit geklärt werden könne, in welchem Umfang innere Organe von der Infektion betroffen sind und welche Risikofaktoren bei näherer Betrachtung eine Rolle spielen.2
Nach dem Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 ist das Bundesministerium für Gesundheit nach dem Infektionsschutzgesetz (§ 5 Abs. 2 Nr. 1-8 IfSG n.F.) ermächtigt, hierzu eine Rechtsverordnung zu erlassen. Bisher ist von dieser Ermächtigung kein Gebrauch gemacht worden, so dass jetzt auf Landesebene gehandelt werden muss.
Nach dem § 10 des Bestattungsgesetzes Nordrhein Westfalen (BestG NRW) und dem hier maßgeblichen § 25 Abs. 1 u. 4 des Infektionsschutzgesetzes können die Gesundheitsämter der Kreise und der kreisfreien Städte die sog. innere Leichenschau (Obduktion) anordnen, wenn sie es für erforderlich halten. Ob eine Obduktion durchgeführt wird, liegt somit im pflichtgemäßen Ermessen der Gesundheitsämter.
Ein öffentliches Interesse an der Durchführung der erforderlichen Ermittlungen ist grundsätzlich gegeben, da die Vorschrift der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten und dem Schutz der Bevölkerung dient. Diese Anordnung kann auch gegen den Willen der Gewahrsamsinhaber, also in den meisten Fällen der Hinterbliebenen, erfolgen, wenn diese ihre Einwilligung verweigern sollten, obwohl sie gesetzlich zur Erteilung der Einwilligung verpflichtet sind. Vorrangig soll in einem Aufklärungsgespräch mit den Hinterbliebenen versucht werden, die Einwilligung zur inneren Leichenschau zu erhalten.
Es ist nicht nur erforderlich, mehr innere Leichenschauen durchzuführen, sondern auch, dass die örtlichen Gesundheitsämter im Land einheitlich verfahren. Daher ist es erforderlich, dass das Ministerium hierzu eine einheitliche Handlungsempfehlung erarbeitet und den Gesundheitsämtern vorgibt.
Denn erst genauere Daten zur Letalität der Krankheit erlauben es, sie epidemiologisch richtig einzuschätzen und zu bewerten. Die daraus resultierende valide Datenbasis sollte herangezogen werden, um die Verordnungen, Allgemeinverfügungen und Erlasse des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales zur Eindämmung der Corona-Pandemie einzuschätzen und in ihrer Verhältnismäßigkeit zu prüfen.
II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
1. das Ministerium für Arbeit, Gesundheit, und Soziales zu veranlassen, für die Gesundheitsämter eine Handlungsempfehlung mit dem nachfolgenden wesentlichen Inhalt zu erlassen:
„Die Gesundheitsämter der Kreise und kreisfreien Städte werden aufgefordert, im Todesfall und unmittelbar zuvor festgestellter Covid-19 Erkrankung die Durchführung einer inneren Leichenschau anzuordnen, wenn die Gewahrsamsinhaber zuvor einer Durchführung einer inneren Leichenschau nicht zugestimmt haben.“;
2. gegenüber den Kreisen und kreisfreien Städten eine Kostenübernahmeerklärung für die aus der Umsetzung der Handlungsempfehlung resultierenden Kosten abzugeben;
3. eine valide Datenbasis zu erstellen, anhand derer die Maßnahmen des Landes zur Eindämmung des Coronavirus gemessen werden und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung stattfinden kann.
Dr. Martin Vincentz
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion
1 Stand 14.05.2020 Offizielle Statistik des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales
2 https://www.tagesspiegel.de/wissen/gestorben-mit-oder-an-covid-19-warum-in-deutschland-so-wenige-corona-tote-obduziert-werden-/25726918.html