Kleine Anfrage 3555
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Zacharias Schalley AfD
Umplatzierung Minderjähriger in Nordrhein-Westfalen
Die Zahl der Alleinerziehenden in Nordrhein-Westfalen ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Im Jahr 2022 betrug sie 588.000, wobei mit 489.000 Frauen der Großteil auf das weibliche Geschlecht entfiel. 2021 hatte die Zahl noch bei 570.000 gelegen, 2020 bei 546.000. Dabei stieg der Anteil der alleinerziehenden Väter kontinuierlich an und lag 2022 mit 99.000 Personen bei rund 15 Prozent.1
Eine Trennung hat oftmals Aushandlungsprozesse der Eltern um das Sorgerecht zur Folge. Nicht selten kommt es dabei zu Auseinandersetzungen, die sich zum Teil nur noch gerichtlich regeln lassen. Die Gerichte greifen zur Klärung solcher Fälle auf die Paragrafen zum Sorgerecht im Bürgerlichen Gesetzbuch zurück.
Generell haben beide Elternteile unabhängig vom Sorgerecht die Berechtigung und die Verpflichtung zum Umgang mit dem Kind. Gerichte können gemäß §1684 BGB den Umgang des Kindes mit einem Elternteil anordnen. Dort heißt es unter Absatz 3:
„Das Familiengericht kann über den Umfang des Umgangsrechts entscheiden und seine Ausübung, auch gegenüber Dritten, näher regeln. Es kann die Beteiligten durch Anordnungen zur Erfüllung der in Absatz 2 geregelten Pflicht anhalten. Wird die Pflicht nach Absatz 2 dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht auch eine Pflegschaft für die Durchführung des Umgangs anordnen (Umgangspflegschaft). Die Umgangspflegschaft umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs zu verlangen und für die Dauer des Umgangs dessen Aufenthalt zu bestimmen. Die Anordnung ist zu befristen. Für den Ersatz von Aufwendungen und die Vergütung des Umgangspflegers gilt § 277 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.“
Darüber hinaus können Gerichte sogar die räumliche andauernde Verbringung eines Kindes zu einem anderen Elternteil erzwingen. Die Behörden sprechen in solchen Fällen von Umplatzierung. In Deutschland ist in den vergangenen Jahren eine heftig geführte Debatte um die Bewertung einer notwendigen Umplatzierung durch Familiengerichte entbrannt.2
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Wie viele Fälle von erzwungenem Umgang mit einem Elternteil wurden in den Jahren 2019 bis 2023 in Nordrhein-Westfalen gerichtlich festgesetzt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, Stadt bzw. Kommune und Alter des Kindes)
- Wie viele Fälle von Umplatzierung erfolgten in den Jahren 2019 bis 2023 in Nordrhein-Westfalen? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, Stadt bzw. Kommune und Alter des Kindes)
- In wie vielen dieser Fälle erfolgte die Umplatzierung mit polizeilicher Hilfe? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, Stadt bzw. Kommune und Alter des Kindes)
- Wie wurden die Fälle von Umplatzierung seitens des Familiengerichts begründet?
- Inwieweit spielen das Kindeswohl bzw. das soziale Umfeld der Kinder bei einer Umplatzierung eine Rolle?
Enxhi Seli-Zacharias
Zacharias Schalley
1 https://www.it.nrw/node/488/pdf und https://www.it.nrw/node/489/pdf.
2 Exemplarisch: https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/kindeswohl-sorgerecht-streit-polizei-100.html; https://www.fr.de/rhein-main/darmstadt/interview-zu-sorgerechtsstreit-man-nimmt-dem-kind-alles-91181670.html. Vgl. auch Hammer, Wolfgang: Familienrecht in Deutschland – Eine Bestandsaufnahme, April 2022, online unter: https://www.familienrecht-in-deutschland.de/studie/.