Unzumutbare Wartezeiten beim Meister-BAföG – wie reagiert die Landesregierung?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1626

der Abgeordneten Markus Wagner und Dr. Martin Vincentz vom 29.03.2023

Unzumutbare Wartezeiten beim Meister-BAföG wie reagiert die Landesregierung?

Die für das Meister-BAföG zuständige Stelle in Nordrhein-Westfalen ist die Bezirksregierung Köln. Laut Medienberichten hat sich dort mittlerweile ein Antragsstau von etwa 10.000 unbearbeiteten Anträgen gebildet.1 Nach Angaben der Abteilungsdirektion vor Ort gingen in den vergangenen Jahren immer mehr Anträge ein; vor einem Jahr sei klar geworden, „dass das vorhandene Personal die Papierflut nicht alleine bewältigen könne“2. Das Land habe daher 37 zusätzliche Stellen genehmigt. Allerdings sei es schwer, geeignete Bewerber zu finden, diese müssten außerdem erst geschult werden.

Viele Gesellen mussten ihre Ausbildung abbrechen, da sie sich unter diesen Umständen die Kurse in der ohnehin sehr angespannten wirtschaftlichen Lage nicht mehr leisten konnten.

In diesem Zusammenhang fragen wir die Landesregierung:

  1. Wie viele Anträge auf Meister-BAföG wurden in den vergangenen 5 Jahren im Land Nordrhein-Westfalen gestellt?
  2. Wie viele der Anträge wurden bewilligt respektive abgelehnt?
  3. Wie lange dauerte die durchschnittliche Bearbeitungszeit der Anträge?
  4. Wie viele der zusätzlichen Stellen konnten mittlerweile besetzt werden?
  5. Wie plant die Landesregierung die unzumutbaren Bearbeitungszeiten zu verringern?

Markus Wagner
Dr. Martin Vincentz

 

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1 https:// regionalheute .de/nrw-bafoeg-antraege-stapeln-sich-wartezeit-von-bis-zu-elf-monaten-1675731665/

2 https:// www1 .wdr.de/nachrichten/rheinland/meister-bafoeg-verzug-100.html


Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 1626 mit Schreiben vom 20. April 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Landesregierung hält den Rückstau bei der Bearbeitung der Anträge auf Leistungen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) sowie die damit verbundenen Auswirkun­gen auf die Antragstellenden für nicht akzeptabel. Die schnellstmögliche Aufarbeitung der be­stehenden Rückstände, die erhebliche Reduzierung der Bearbeitungszeiträume sowie die Verhinderung neuer Verzögerungen werden von allen Beteiligten angestrebt. Dazu sind ent­sprechende Maßnahmen erfolgt.

Die erheblichen Rückstände bei der Bearbeitung der Anträge beruhen einerseits auf der stei­genden Anzahl an gestellten Anträgen infolge von Verbesserungen, die das AFBG unmittelbar durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes mit Wir­kung vom 1. August 2020 und mittelbar über das Siebenundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes mit Wirkung vom 1. August 2022 erfahren hat. Andererseits war die angespannte personelle Situation im Dezernat 49 der Bezirksregierung Köln, welches in Nordrhein-Westfalen allein für die Bearbeitung der Anträge nach dem AFBG zuständig ist, ursächlich für die langen Bearbeitungszeiten. Darüber hinaus führt eine hohe Anzahl an unvollständigen Anträgen zu weiterem Bearbeitungsaufwand.

  1. Wie viele Anträge auf Meister-BAföG wurden in den vergangenen 5 Jahren im Land Nordrhein-Westfalen gestellt?

In den vergangenen 5 Jahren (2018 bis 2022) wurden im Land Nordrhein-Westfalen insgesamt 82.389 Anträge (Erst-, Folge- und Wiederholungsanträge) auf Leistungen nach dem AFBG gestellt.

  1. Wie viele der Anträge wurden bewilligt respektive abgelehnt?

In den letzten 5 Jahren (2018 bis 2022) wurden nach statistischer Auswertung 61.238 Anträge bewilligt und 2.430 Anträge abgelehnt. Hinzukommen statistisch nicht erfasste manuell abge­lehnte Anträge. Darüber hinaus wurden Folge- und Wiederholungsanträge teilweise nicht durch Neubewilligung, sondern durch eine Verlängerung des Bewilligungszeitraums des Be­scheides erledigt.

  1. Wie lange dauerte die durchschnittliche Bearbeitungszeit der Anträge?

Eine Statistik über die durchschnittliche Bearbeitungszeit in den letzten 5 Jahren wird nicht geführt. Aufgrund erfolgter Prozessumstellungen beträgt die Bearbeitungszeit für Anträge, die seit Mitte November 2022 gestellt werden, 12 Wochen, sofern die eingereichten Unterlagen vollständig sind. Die Bearbeitungszeit für Anträge, die vor diesem Stichtag eingegangen sind, kann der Webseite der Bezirksregierung Köln entnommen werden. Zum Stand 31. März 2023 ist die Bearbeitung der Vollzeitanträge bis zum Eingangsdatum 28. Juni 2022 und die der Teil­zeitanträge bis zum Eingangsdatum 9. Mai 2022 fortgeschritten.

  1. Wie viele der zusätzlichen Stellen konnten mittlerweile besetzt werden?

Der Bezirksregierung Köln wurden im Nachtragshaushalt 2022 insgesamt 37 zusätzliche Stel­len – 12,5 Stellen für den Bereich des Auslands-BAföG in der Zuständigkeit des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft und 24,5 Stellen für den AFBG-Bereich – zur Verfügung gestellt.

Von den zusätzlichen Stellen für den AFBG-Bereich konnten mittlerweile 12,5 Stellen besetzt werden. Drei weitere Stellen können voraussichtlich Mitte des Jahres besetzt werden. Die ent­sprechenden Bewerberinnen und Bewerber wurden bereits ausgewählt. Die noch unbesetzten Stellen werden weiterhin ausgeschrieben. Die Bezirksregierung behält sich zudem die Option vor, im Sommer fertige Auszubildende auf diejenigen Stellen zu setzen, die bis dahin nicht mit externem Personal besetzt werden konnten.

  1. Wie plant die Landesregierung die unzumutbaren Bearbeitungszeiten zu verrin­gern?

Das Ministerium des Innern sowie das Ministerium für Schule und Bildung sind dienst- und fachaufsichtlich tätig geworden und haben mit der Bezirksregierung Köln Maßnahmen auf ver­schiedenen Ebenen abgestimmt, um eine Aufarbeitung der bestehenden Rückstände sowie eine deutliche Reduzierung der Bearbeitungszeiträume zeitnah zu ermöglichen.

Der Bezirksregierung Köln wurden im Nachtragshaushalt 2022 24,5 zusätzliche Stellen für den AFBG-Bereich zur Verfügung gestellt. Mittlerweile konnten neue Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter für die Bearbeitung der Anträge auf Leistungen nach dem AFBG gewonnen werden. Diese nehmen seit Anfang des Jahres 2023 Zug um Zug ihren Dienst auf (s. Frage 4).

Darüber hinaus erfolgte eine Neuorganisation des Eingangsbüros, welche die Erfassung der Anträge sowie die Verteilung dieser auf die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter verein­facht und beschleunigt.

Des Weiteren hat die Bezirksregierung Köln auf Betreiben des Ministeriums für Schule und Bildung die Ausschreibung für einen externen Personaldienstleister durchgeführt, welcher ab April 2023 zusätzliches Personal für einen Zeitraum von einem Jahr zur Verfügung stellt, um die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie das Bestandspersonal zu unterstützen.

Es wurde auch darauf hingewirkt, dass die gesetzlich in § 24 Absatz 4 AFBG verankerte Vor­schussleistung konsequent berücksichtigt und bei Bedarf umgesetzt wird. Zu beachten ist, dass § 24 Absatz 4 AFBG einen vollständigen Antrag voraussetzt.

Bei Neuanträgen wird nun zeitnah und möglichst per E-Mail eine Eingangsbestätigung ver­schickt. Ist der eingegangene Antrag nicht vollständig, erfolgt zudem die Übermittlung von Links zu Informationsplattformen mit umfassenden Erläuterungen zu den erforderlichen Nach­weisen. Hierdurch wird die Zahl der telefonischen und elektronischen Anfragen erheblich re­duziert und die Nachreichung der fehlenden Unterlagen beschleunigt.

Des Weiteren lässt sich das Ministerium für Schule und Bildung regelmäßig über die Entwick­lung des Bearbeitungsstands informieren, um bei eventuellen Abweichungen von den mit der Bezirksregierung abgesprochenen Zielvorgaben unmittelbar reagieren zu können. Das Repor-ting wird auch künftig fester Bestandteil der Fachaufsicht bleiben.

Alle Beteiligten arbeiten mit Hochdruck an einer Verbesserung der Situation. Die ergriffenen Maßnahmen – insbesondere die personelle Aufstockung sowie die Optimierung der Bearbei­tungspraxis – dürften zeitnah zu einer Aufarbeitung des Bearbeitungsrückstands und einer nachhaltig reduzierten Bearbeitungsdauer führen. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt konnten die Rückstände signifikant reduziert werden.

 

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