Kleine Anfrage 4954
des Abgeordneten Christian Loose AfD
Verlagerungen, Umstrukturierungen, Abbau von Arbeitsplätzen – warum läuft es nicht bei Evonik?
Insgesamt war Evonik Industries AG aus Essen zuletzt 7,86 Mrd. Euro wert. Für Anleger ein bitteres Ergebnis: Der Evonik-IPO fand am 25.04.2013 an der Börse XETRA statt. Zum Börsendebüt des Papiers wurde der Erstkurs mit 33,00 EUR beziffert, aktuell liegt er bei knapp unter 17 Euro und hat sich so seit Börsenstart mehr oder weniger halbiert.1
Eine deutlich erfolgreichere Unternehmensführung ist möglich – während Evonik die Hälfte seines Wertes verloren hat, ist der MDAX, der Index, in dem Evonik notiert ist, im selben Zeitraum um rund 100% gestiegen.2 Ein stabiler, erfolgversprechender Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der RAG-Stiftung – unter Aufsicht von unter anderem dem ehemaligen Ministerpräsidenten Armin Laschet und dem amtierenden Ministerpräsidenten Hendrik Wüst3 – sieht anders aus.
Während die Landesregierung für ferne Zukunftszeiten neue wertschöpfende Arbeitsplätze verspricht, baut Evonik weiter reale Stellen ab. Dort läuft bereits ein Sparprogramm, mit dem 2.000 Stellen abgebaut werden sollen. Das Unternehmen stellt jetzt aber noch weitere Geschäftsbereiche zum Verkauf oder lotet zumindest aus, sie abzutrennen oder in Gemeinschaftsunternehmen abzugeben. Dann könnten insgesamt 7.000 der heute 32.000 Stellen wegfallen.4
Deshalb frage ich die Landesregierung:
- Inwiefern hat die Landesregierung Gespräche mit der Firma Evonik Industries AG aufgenommen, um den Arbeitsplatzabbau zu verhindern oder zu reduzieren?
- Welche Gründe hat das Unternehmen als Begründung für die Stellenreduktion gegenüber der Landesregierung geäußert?
- Inwiefern sind die Rahmenbedingungen bezüglich hoher Kosten für Energie und Material ursächlich für die Entlassungen und Umstrukturierungen?
- Inwiefern haben sich weitere Unternehmen der gleichen Branche zu möglichen Stellenreduktionen oder der Gefährdung von Stellen geäußert?
- Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um dem Stellenabbau bei diesem Unternehmen bzw. den folgenden Stellenreduktionen in dieser Branche entgegenzuwirken?
Christian Loose
1 Vgl. https://www.finanzen.net/aktien/evonik-aktie.
2 Vgl. https://www.boerse.de/chartsignale/Evonik-Industries-Aktie/DE000EVNK013.
3 Vgl. https://www.rag-stiftung.de/stiftung/kuratorium/.
4 Vgl. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/evonik-baut-sich-um-und-streicht-stellen-110172500.html vom 13.12.2024
Die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie hat die Kleine Anfrage 4954 mit Schreiben vom 10. Februar 2025 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet.
- Inwiefern hat die Landesregierung Gespräche mit der Firma Evonik Industries AG aufgenommen, um den Arbeitsplatzabbau zu verhindern oder zu reduzieren?
Die Landesregierung steht mit zahlreichen Unternehmen in Nordrhein-Westfalen in einem regelmäßigen Austausch. Das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie bietet dabei bei Bedarf Unterstützungsleistungen im Rahmen der Unternehmenssicherung an. Hierbei erfolgt stets ein enger Austausch mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, um die unterschiedlichen Interessen der beteiligten Stakeholder angemessen zu berücksichtigen. Die Inhalte dieser Gespräche sind vertraulich.
- Welche Gründe hat das Unternehmen als Begründung für die Stellenreduktion gegenüber der Landesregierung geäußert?
Evonik stellt sich nach eigenen Bekundungen, wie aktuellen Pressemitteilungen des Unternehmens entnommen werden kann, in einer neuen Struktur mit einem verschlankten Führungsmodell auf. Diesem Grundsatz folgt auch das bereits laufende Reorganisations-Pro-gramm „Evonik Tailor Made“, das bis Ende 2026 läuft und den Abbau von 2.000 Verwaltungsstellen weltweit beinhalten soll. Mit der neuen Struktur verfolgt das Unternehmen nach eigener Aussage das Ziel, seine Schlagkraft und Effizienz zu erhöhen. Wesentlicher Bestandteil der Restrukturierung soll die Prüfung der Auslagerung der Verantwortung für die Infrastruktur an den Standorten Marl und Wesseling sein. Hiermit wäre nicht automatisch ein Verlust von Arbeitsplätzen verbunden. Betriebsbedingte Kündigungen sind nach Angaben der Beteiligten nicht vorgesehen. Ein Kündigungsschutz besteht bis zum Jahr 2032.
- Inwiefern sind die Rahmenbedingungen bezüglich hoher Kosten für Energie und Material ursächlich für die Entlassungen und Umstrukturierungen?
Die Frage kann durch die Landesregierung nicht beantwortet werden, da sie sich an Evonik Industries richtet.
- Inwiefern haben sich weitere Unternehmen der gleichen Branche zu möglichen Stellenreduktionen oder der Gefährdung von Stellen geäußert?
Gespräche im Rahmen der Unternehmenssicherung werden vertraulich geführt. Auf die Ausführungen zur Frage 1 wird insoweit verwiesen.
- Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um dem Stellenabbau bei diesem Unternehmen bzw. den folgenden Stellenreduktionen in dieser Branche entgegenzuwirken?
Die Landesregierung schafft die erforderlichen Rahmenbedingungen für Wachstum und Wohlstand in Nordrhein-Westfalen: Industrie und Wirtschaft brauchen Planungssicherheit bei der Bewältigung der Herausforderungen der Transformation. Die Landesregierung fördert den Transformationsprozess hin zu einer klimaneutralen Industrie technologieoffen unter den Kriterien Effizienz, Klimaschutz und absehbare Wettbewerbsfähigkeit.
Die Landesregierung setzt sich kontinuierlich für die Stärkung des Industriestandorts Nordrhein-Westfalen ein. Dazu gehören Investitionen in Infrastruktur, Forschung und Entwicklung sowie Maßnahmen zur Sicherstellung einer wettbewerbsfähigen Energieversorgung. Durch den Dialog mit Unternehmen und Verbänden der Chemiebranche werden gemeinsam Strategien entwickelt, um den Standort attraktiv und zukunftsfähig zu gestalten – bspw. im Rahmen des jährlich stattfindenden Chemiegipfels. Mit weiteren Maßnahmen wie z. B. Circular Valley oder der trilateralen Chemiestrategie mit Niederlanden und Flandern bemüht sich die Landesregierung, die Industrie bei der Transformation zu unterstützen – auch im Bereich der zirkulären Wertschöpfung, um zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen.
Darüber hinaus sind Verhandlungen über Restrukturierungspläne grundsätzlich Aufgabe zwischen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Die Landesregierung respektiert hierbei die unternehmerische Autonomie.