Verstöße von Lehrpersonal gegen das Neutralitätsgebot

Kleine Anfrage
vom 16.10.2017

Kleine Anfrage 428
des Abgeordneten Dr. Christian Blex AfD

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Im Schulgesetz für Nordrhein-Westfalen heißt es in § 2 (8) über Lehrer: „[…] Sie dürfen in der Schule keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnlichen Bekundungen abgeben, die die Neutralität des Landes gegenüber Schülerinnen und Schülern sowie Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Schulfrieden gefährden oder stören […].“

Aus gutem Grund gilt für Mitarbeiter im öffentlichen Dienst eine Treuepflicht, denn sie haben sich verpflichtet, die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland zu achten. Dazu wurden im Beutelsbacher Konsens die Grundsätze des Überwältigungsverbots, Kontroversität und der Schülerorientierung aufgestellt. Diese Grundsätze haben nach wie vor Gültigkeit.

Insbesondere in Zeiten starker, politischer Polarisierung darf die Schule nicht zu einem Ort der Indoktrination verkommen, indem Lehrkräfte ihre Autorität und den Erziehungs- und Bildungsauftrag missbrauchen, um Schülern ihre Meinung aufzuzwingen, insbesondere weil die Schüler strukturell im Nachteil sind. So könnte die Lehrkraft ihr nicht genehme Meinungen und Ansichten über die Noten oder sonstige schulische Nachteile sanktionieren.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Beschwerden über Lehrkräfte wegen Verstoßes gegen das Neutralitätsgebot sind der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen seit 2012 bekannt?
  2. Was war der Inhalt der Beschwerden? Bitte nach Jahr und Beschwerdeanlass aufschlüsseln.
  3. Welche disziplinarischen Konsequenzen hatten solche Beschwerden für die Lehrkräfte?
  4. Wie schätzt die Landesregierung die Dunkelziffer von Verstößen gegen das Neutralitätsgebot ein, die aus Angst vor negativen Konsequenzen für die Schüler nicht eingereicht wurden?
  5. Plant die Landesregierung Maßnahmen, um die Einhaltung des Neutralitätsgebotes besser durchzusetzen?

Dr. Christian Blex

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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,

namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage 428 wie folgt:

Vorbemerkung der Landesregierung

Lehrerinnen und Lehrer genießen — wie alle Bürgerinnen und Bürger —das Recht auf Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Absatz 1 des Grundge­setzes. Bei der Ausübung dieses Rechtes haben sie allerdings — wie alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst — Einschränkungen zu beach­ten, die sich aus dem Beamtenverhältnis als öffentlich-rechtlichem Dienst- und Treueverhältnis oder aus einem bestehenden tariflichen Arbeitsverhältnis ergeben. Zu den beamtenrechtlichen Pflichten gehört auch, das Amt unparteiisch und gerecht zu führen. Bei politischer Betä­tigung ist Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren. Darüber hinaus ver­pflichtet § 2 Absatz 8 des Schulgesetzes Lehrerinnen und Lehrer zu politischer Neutralität gegenüber den ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schülern. Politische Äußerungen von Lehrkräften sind selbstver­ständlich nicht ausgeschlossen, unterliegen jedoch einem Gebot von ausgewogener Darstellung und Zurückhaltung.

 

Frage 1 Wie viele Beschwerden über Lehrkräfte wegen Verstoßes gegen das Neutralitätsgebot sind der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen seit 2012 bekannt?

Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Lehrkräfte werden unabhängig vom Beschwerdegegenstand von der Schulaufsicht statistisch nicht erfasst. In der Kürze der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfü­gung stehenden Zeit wäre die manuelle Auswertung aller Beschwerde­verfahren in den betreffenden Zeiträumen im Schulbereich nicht mög­lich und stünde auch außer Verhältnis zum angestrebten Ziel. Um die erforderlichen Informationen zu erhalten, wäre es notwendig die Perso­nal- und — soweit vorhanden -Sachakten der über 180.000 Lehrerinnen und Lehrer, Vertretungslehrkräfte, Lehramtsanwärterinnen und -anwärter in Nordrhein-Westfalen auszuwerten.

Frage 2 Was war der Inhalt der Beschwerden? Bitte nach Jahr und Beschwerdeanlass aufschlüsseln.

Vgl. Antwort zu Frage 1.

Frage 3 Welche disziplinarischen Konsequenzen hatten solche Beschwer­den für die Lehrkräfte?

Sofern ein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot festgestellt wird, sind dienstrechtliche Konsequenzen abhängig von der Beurteilung des je­weiligen Einzelfalls. Die Einleitung eines Disziplinarverfahrens stellt in der Praxis der Bezirksregierungen eher die Ausnahme dar. Seit 2012 sind dem Ministerium lediglich vier Fälle bekannt geworden, in denen Verstöße gegen das Neutralitätsgebot (teilweise neben weiteren Dienstpflichtverletzungen) Gegenstand eines Disziplinarverfahrens wa­ren. Die Verfahren sind noch nicht abgeschlossen, sodass derzeit keine Aussage zu den disziplinarrechtlichen Konsequenzen getroffen werden kann.

Frage 4 Wie schätzt die Landesregierung die Dunkelziffer von Verstößen gegen das Neutralitätsgebot ein, die aus Angst vor negativen Kon­sequenzen für die Schüler nicht eingereicht wurden?

Da, wie dargestellt, über erhobene Dienstaufsichtsbeschwerden keine statistischen Daten vorliegen, lässt sich diese Frage nicht valide beant­worten. Soweit auf Fälle abgestellt wird, die im Rahmen eines Diszipli­narverfahrens behandelt wurden bzw. werden, dürfte eine Dunkelziffer eher als gering eingeschätzt werden.

Frage 5 Plant die Landesregierung Maßnahmen, um die Einhaltung des Neutralitätsgebotes besser durchzusetzen?

Die Landesregierung sieht keine Veranlassung, Lehrkräfte des Landes Nordrhein-Westfalen intensiver als bisher zur Einhaltung des Neutrali­tätsgebotes anzuhalten. Sie hat vielmehr volles Vertrauen in die neutra­le Amtsführung bzw. Aufgabenerfüllung der Lehrerinnen und Lehrer.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Beteiligte:
Christian Blex