Vervollständigung des vormaligen „Sachstandsberichts staatliches Asylsystem“ für das erste Halbjahr 2024

Kleine Anfrage
vom 08.07.2024

Kleine Anfrage 4102

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Vervollständigung des vormaligen „Sachstandsberichts staatliches Asylsystem“ für das erste Halbjahr 2024

Mit der Umstellung des letztmals zum zweiten Quartal 2023 erschienenen „Quartalsbericht staatliches Asylsystem“ auf das Format des „Sachstandsberichts zur Geflüchtetenaufnahme“ i.V. m. den „Newslettern“ des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen gingen wesentliche statistische Angaben verloren.

Dazu zählen statistische Angaben zu den Asylverfahren, Belegungszahlen der einzelnen Landesunterkünfte (Erstaufnahmeeinrichtungen, Zentrale Unterbringungseinrichtungen und Notunterkünfte) sowie Angaben zur Staatsangehörigkeit der abgeschobenen, rücküberstellten und freiwillig ausgereisten Personen.

Zudem sind die Angaben zur Anzahl der ausreisepflichtigen Personen (mit und ohne Duldung) unvollständig, wenn nicht zugleich angegeben wird, wie vielen Personen ein Aufenthaltstitel gemäß § 104c Abs. 1 AufenthG (Chancen-Aufenthaltsrecht) erteilt wurde. Ohne diese Angabe ergäben sich bei einem Vergleich der Abschiebezahlen mit dem Rückgang der Anzahl ausreisepflichtiger Personen ungeklärte Abweichungen, da der Rückgang der Anzahl ausreisepflichtiger Personen gerade nicht auf Abschiebungen, freiwilligen Ausreisen oder Dublin-Rücküberstellungen beruht. Die Antwort der Landesregierung auf eine vorherige Kleine Anfrage zu diesem Thema hat diesen Zusammenhang deutlich aufgezeigt.1

Danach hat sich die Anzahl der ausreisepflichtigen Personen im Zeitraum 31.12.2022 bis 31.10.2023 um 13.182 Personen reduziert. Zugleich wurden in diesem Zeitraum allerdings auch 12.766 Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG – sprich: nach dem Chancen-Aufenthaltsrecht – erfasst. Mit Stand vom 31. März 2024 hatte sich die Anzahl dieser Aufenthaltserlaubnisse bereits auf 17.268 erhöht.2

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie hat sich die Anzahl der offenen Asylverfahren im 1. Halbjahr 2024 entwickelt? (Bitte differenziert nach Monat und Anzahl der Personen aufschlüsseln, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 20233)
  2. Wie hoch war mit Stand 30.06.2024 der NRW-Anteil in Bezug auf Neuanträge, Entscheidungen und offene Verfahren? (Bitte ausführen, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 20234)
  3. Wie hoch war mit Stand 30.06.2024 die Belegung der Landesunterkünfte, also EAE, ZUE und NU? (Bitte einzeln für alle Unterbringungseinrichtungen aufschlüsseln, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 20235)
  4. Über welche Staatsangehörigkeiten verfügten die im 1. Halbjahr 2024 abgeschobenen, rücküberstellten und freiwillig ausgereisten Personen? (Bitte differenziert nach den drei genannten Kategorien sowie nach Herkunftsland bzw. Staatsangehörigkeit, Anzahl sowie prozentualen Anteil listen, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 20236)
  5. In welchem Umfang wurde im ersten Halbjahr 2024 das neue Chancen-Aufenthaltsrecht in Bezug auf erteilte und beantragte Aufenthaltstitel gemäß § 104c Abs. 1 AufenthG genutzt? (Bitte analog zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 28597 die Zahlen für das 1. Halbjahr 2024 bzw. die letzten verfügbaren Zahlen angeben)

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-9949

 

1 Vgl. Lt.-Drucksache 18/7437

2 Vgl. Lt.-Drucksache 18/9249

3 Vgl. Lt.-Vorlage 18/1693; S.4

4 Vgl. Lt.-Vorlage 18/1693; S.5

5 Vgl. Lt.-Vorlage 18/1693; S.6-8

6 Vgl. Lt.-Vorlage 18/1693; S.9-11

7 Vgl. Lt.-Drucksache 18/7437; Fragen 3 und 4


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 4102 mit Schreiben vom 5. August 2024 namens der Landesregierung beant­wortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Seit Oktober 2023 wurde das bisherig quartalsmäßige Berichtswesen der Landesregierung zum oben genannten Thema mit Blick auf den Informationsbedarf in eine monatliche Be-richtserstattung überführt. In einzelnen Punkten wurde der Bericht dabei im Interesse einer zeitnahen und damit aktuelleren Berichterstattung verschlankt.

  1. Wie hat sich die Anzahl der offenen Asylverfahren im 1. Halbjahr 2024 entwickelt? (Bitte differenziert nach Monat und Anzahl der Personen aufschlüsseln, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 2023)
  2. Wie hoch war mit Stand 30.06.2024 der NRW-Anteil in Bezug auf Neuanträge, Ent­scheidungen und offene Verfahren? (Bitte ausführen, analog zum letzten verfüg­baren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 2023)

Die Fragen werden analog zum vormaligen Sachstandsbericht gemeinsam beantwortet. Die Entwicklung ist nachfolgender Tabelle zu entnehmen:

2024 Neuanträge Entscheidungen Offene Verfahren
Januar 6.100 6.000 40.400
Februar 4.000 6.000 39.500
März 3.600 6.100 38.200
April 3.500 6.100 36.500
Mai 3.700 5.500 35.600
Juni 3.700 5.700 34.600

(Antrags-, Entscheidungs- und Bestandsstatistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge; Zahlen gerundet)

  1. Wie hoch war mit Stand 30.06.2024 die Belegung der Landesunterkünfte, also EAE, ZUE und NU? (Bitte einzeln für alle Unterbringungseinrichtungen aufschlüsseln, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 2023)?

Einrichtungsscharfe Belegungszahlen stellen immer nur eine kurze Momentaufnahme dar. Sie unterliegen großen Schwankungen innerhalb kurzer Zeiträume und lassen für sich genommen somit keine belastbare Bewertung der vorherrschenden Situation vor Ort zu. Die Auslastung einzelner Einrichtungen innerhalb des Landessystems bestimmt sich in Abhängigkeit der Ent­wicklung des allgemeinen Zugangsgeschehens, einzelner Auslastungssituationen sowie ein­richtungsspezifischer Ereignisse. Sie wird fortwährend dynamisch bewertet und durch interne landessystemische Verteilprozesse gezielt auch kurzfristig gesteuert.

 

Stand 30.06.2024 Belegung
EAE (5) 2.917
Arnsberg 412
Unna 412
Detmold 421
Bielefeld 421
Düsseldorf 973
Essen 288
Mönchengladbach 685
Köln 1.111
Köln/Bonn 1.111
ZUE (29) 13.153
Arnsberg 2.866
Hamm 652
Möhnesee 490
Olpe 340
Soest 886
Wickede 498
Detmold 1.308
Bad Driburg 418
Borgentreich 412
Herford 478
Düsseldorf 4.636
Mülheim 538
Neuss 825
Ratingen 725
Rees I 106
Rees II 378
Rheinberg 341
Viersen 515
Weeze I 612
Weeze II 307
Wuppertal 289
Köln 2.413
Bonn 474
Düren 693
Euskirchen 293
Kreuzau 117
Sankt Augustin 450
Schleiden 386
Wegberg 0
Münster 1.930
Dorsten 306
Ibbenbüren 702
Marl 182
Münster 740
Gesamt Landeseinrichtungen (34) 16.070

 

Stand 30.06.2024 Belegung
NU (23) 6.467
Arnsberg 1.306
Bochum 241
Dortmund 150
Finnentrop 62
Hamm 292
Herne 561
Selm 0
Werl 0
Detmold 1.873
Büren 367
Gütersloh 392
Gütersloh II 277
Lage 243
Paderborn 594
Düsseldorf 964
Düsseldorf 89
Krefeld 0
Ratingen 347
Remscheid 298
Wuppertal 230
Köln 1.112
Leverkusen 420
Marmagen 692
Münster 1.212
Castrop-Rauxel 796
Dorsten (Gerhart-Hauptmann-Schule) 0
Gladbeck 136
Schöppingen 280

 

  1. Über welche Staatsangehörigkeiten verfügten die im ersten Halbjahr 2024 abge­schobenen, rücküberstellten und freiwillig ausgereisten Personen? (Bitte differen­ziert nach den drei genannten Kategorien sowie nach Herkunftsland bzw. Staats­angehörigkeit, Anzahl sowie prozentualem Anteil listen, analog zum letzten ver­fügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 2023)?

Im Jahr 2024 wurden bis zum Stichtag 30.06.2024 insgesamt 793 REAG/GARP-Anträge aus Nordrhein-Westfalen bewilligt. Dies entspricht 19,37 % der bundesweiten Reintegration and Emigration Programme for Asylum-Seekers in Germany/Government Assisted Repatriation Programme-Bewilligungen (REAG/GARP).

2024 wurden bis zum Stichtag 31.05.2024 laut Statistik der Bundespolizei 1.708 Rückführun­gen (einschließlich Dublin-Überstellungen) aus Nordrhein-Westfalen erfasst. Dies entspricht 21,08 % der bundesweiten Abschiebungen und Rücküberstellungen.

Die Abschiebungen (einschließlich Dublin-Überstellungen), die von nordrhein-westfälischen Behörden bis zum 31.05.2024 vollzogen worden sind, stellen sich bezogen auf die 20 Haupt­herkunftsländer wie folgt dar:

TOP Staatsangehörig­keit Zielland Gesamt Anteil an Gesamt­rückführungen in %
1 Nordmazedonien Nordmazedo-nien 195 11,42
2 Albanien Albanien 186 10,89
3 Serbien Serbien 137 8,02
4 Georgien Georgien 91 5,33
5 Algerien Algerien 62 3,63
6 Türkei Türkei 60 3,51
7 Syrien Bulgarien 56 3,28
8 Marokko Marokko 45 2,63
9 Irak Irak 39 2,28
10 Türkei Österreich 34 1,99
11 Angola Portugal 33 1,93
12 Syrien Spanien 26 1,52
13 Afghanistan Österreich 21 1,23
14 Afghanistan Frankreich 19 1,11
15 Aserbaidschan Aserbaidschan 19 1,11
16 Ghana Ghana 19 1,11
17 Kosovo Kosovo 19 1,11
18 Nigeria Nigeria 18 1,05
19 Bangladesch Bangladesch 17 1,00
20 China China 17 1,00

 

Die Zahlen zum Stichtag 30.06.2024 liegen noch nicht vor.

  1. In welchem Umfang wurde im ersten Halbjahr 2024 das neue Chancen-Aufent­haltsrecht in Bezug auf erteilte und beantragte Aufenthaltstitel gem. § 104c Abs. 1 AufenthG genutzt? (Bitte analog zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2859 die Zahlen für das 1. Halbjahr 2024 bzw. die letzten verfügbaren Zah­len angeben)

Für Nordrhein-Westfalen sind im Ausländerzentralregister (AZR) 18.972 Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG erfasst (Stand: 30. Juni 2024). Die angefragte Zahl der beantragten Aufenthaltstitel kann aus der Statistik des AZR nicht entnommen werden, weil darin keine Antragsdaten zu Aufenthaltstiteln erfasst werden. Die Landesregierung hat noch während des Gesetzgebungsverfahrens damit begonnen, Daten zum Chancen-Aufent­haltsrecht zu erfassen und seither fortgesetzt. Hierzu zählen auch Daten zu Anträgen auf Er­teilung von Aufenthaltstiteln gemäß § 104c Abs. 1 AufenthG. Mit Stand von Juni 2024 (aktu­ellste Daten) sind dazu in Nordrhein-Westfalen 24.659 Anträge von den Ausländerbehörden gemeldet worden.

 

MMD18-10229