Kleine Anfrage 3306
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD
Vervollständigung des vormaligen „Sachstandsberichts staatliches Asylsystem“ für das Jahr 2023
Mit der Umstellung des letztmals zum zweiten Quartal 2023 erschienenen „Quartalsbericht staatliches Asylsystem“ auf das Format des „Sachstandsberichts zur Geflüchtetenaufnahme“ i. V. m. den „Newslettern“ des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen gingen wesentliche statistische Angaben verloren.
Dazu zählen statistische Angaben zu den Asylverfahren, den Belegungszahlen der einzelnen Landesunterkünfte (Erstaufnahmeeinrichtungen, Zentrale Unterbringungseinrichtungen und Notunterkünfte) sowie zur Staatsangehörigkeit der abgeschobenen, rücküberstellten und freiwillig ausgereisten Personen.
Zudem sind die Angaben zur Anzahl der ausreisepflichtigen Personen (mit und ohne Duldung) unvollständig, wenn nicht zugleich angegeben wird, wie vielen Personen ein Aufenthaltstitel gemäß § 104c Abs. 1 AufenthG (Chancen-Aufenthaltsrecht) erteilt wurde. Ohne diese Angabe ergäben sich bei einem Vergleich der Abschiebezahlen mit dem Rückgang der Anzahl ausreisepflichtiger Personen ungeklärte Abweichungen, da der Rückgang der Anzahl ausreisepflichtiger Personen gerade nicht auf Abschiebungen, freiwilligen Ausreisen oder Dublin-Rücküberstellungen beruht.
Die Antwort der Landesregierung auf eine vorherige Kleine Anfrage zu diesem Thema hat diesen Zusammenhang deutlich aufgezeigt.1 Danach hat sich die Anzahl der ausreisepflichtigen Personen im Zeitraum 31.12.2022 bis 31.10.2023 um 13.182 Personen reduziert. Zugleich wurden in diesem Zeitraum allerdings auch 12.766 Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG – sprich: nach dem Chancen-Aufenthaltsrecht – erfasst.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie hat sich die Anzahl der offenen Asylverfahren im 2. Halbjahr entwickelt? (Bitte differenziert nach Monat und Anzahl der Personen aufschlüsseln, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 20232)
- Wie hoch war mit Stand 31.12.2023 der NRW-Anteil in Bezug auf Neuanträge, Entscheidungen und offene Verfahren? (Bitte ausführen, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 20233)
- Wie hoch war mit Stand 31.12.2023 die Belegung der Landesunterkünfte, also EAE, ZUE und NU? (Bitte einzeln für alle Unterbringungseinrichtungen aufschlüsseln, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 20234)
- Über welche Staatsangehörigkeiten verfügten die im Jahr 2023 abgeschobenen, rücküberstellten und freiwillig ausgereisten Personen? (Bitte differenziert nach den drei genannten Kategorien sowie nach Herkunftsland bzw. Staatsangehörigkeit, Anzahl sowie prozentualem Anteil listen, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 20235)
- In welchem Umfang wurde im Jahr 2023 das neue Chancen-Aufenthaltsrecht in Bezug auf erteilte und beantragte Aufenthaltstitel gem. § 104c Abs. 1 AufenthG genutzt? (Bitte analog zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 28596 die Zahlen für das Kalenderjahr 2023 bzw. die letzten verfügbaren Zahlen angeben)
Enxhi Seli-Zacharias
1 Vgl. Lt.-Drucksache 18/7437
2 Lt.-Vorlage 18/1693; S. 4
3 Lt.-Vorlage 18/1693; S. 5
4 Lt.-Vorlage 18/1693; S. 6–8
5 Lt.-Vorlage 18/1693; S. 9–11
6 Lt.-Drucksache 18/7437; Frage 3 und 4
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3306 mit Schreiben vom 12. März 2024 namens der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Seit Oktober 2023 wurde das bisherig quartalsmäßige Berichtswesen der Landesregierung zum oben genannten Thema mit Blick auf den Informationsbedarf in eine monatliche Be-richtserstattung überführt. In einzelnen Punkten wurde der Bericht dabei im Interesse einer zeitnahen und damit aktuelleren Berichterstattung verschlankt.
- Wie hat sich die Anzahl der offenen Asylverfahren im 2. Halbjahr entwickelt? (Bitte differenziert nach Monat und Anzahl der Personen aufschlüsseln, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 2023)
- Wie hoch war mit Stand 31.12.2023 der NRW-Anteil in Bezug auf Neuanträge, Entscheidungen und offene Verfahren? (Bitte ausführen, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 2023)
Die Fragen werden analog zum vormaligen Sachstandbericht gemeinsam beantwortet. Die Entwicklung ist nachfolgender Tabelle zu entnehmen:
2023 | Neuanträge | Entscheidungen | Offene Verfahren |
Juli | 4.900 | 4.900 | 28.700 |
August | 6.000 | 5.600 | 30.900 |
September | 5.400 | 5.000 | 32.100 |
Oktober | 6.200 | 4.500 | 34.800 |
November | 7.700 | 5.500 | 38.000 |
Dezember | 4.900 | 4.600 | 39.100 |
(Antrags-, Entscheidungs- und Bestandsstatistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge; Zahlen gerundet)
Weitere Kennzahlen aus der BAMF-Statistik (Stand: 31.12.2023):
- 900 Asylanträge in Nordrhein-Westfalen im Dezember: (der NRW-Anteil entspricht 20,2 % der bundesweit gestellten Anträge)
- 600 Entscheidungen im Dezember (NRW-Anteil: 21,5 %)
→ Gesamtschutzquote in Nordrhein-Westfalen im Dezember: 52 % (Bund: 46 %)
- 100 offene Verfahren Ende Dezember
(Vergleich Bund: 239.600 offene Verfahren; NRW-Anteil: 16,3 %)
- Wie hoch war mit Stand 31.12.2023 die Belegung der Landesunterkünfte, also EAE, ZUE und NU? (Bitte einzeln für alle Unterbringungseinrichtungen aufschlüsseln, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 2023)
Stand 31.12.2023 | Belegung |
EAE (5) | 3.254 |
Arnsberg | 386 |
Unna | 386 |
Detmold | 652 |
Bielefeld | 652 |
Düsseldorf | 1.117 |
Essen | 400 |
Mönchengladbach | 717 |
Köln | 1.099 |
Köln/Bonn | 1.099 |
ZUE (28) | 13.559 |
Arnsberg | 3.186 |
Hamm | 713 |
Möhnesee | 715 |
Olpe | 358 |
Soest | 947 |
Wickede | 453 |
Detmold | 1.237 |
Bad Driburg | 293 |
Borgentreich | 391 |
Herford | 553 |
Düsseldorf | 4.333 |
Mülheim | 525 |
Neuss | 855 |
Ratingen | 624 |
Rees I | 122 |
Rees II | 434 |
Rheinberg | 265 |
Viersen | 555 |
Weeze | 589 |
Wuppertal | 364 |
Köln | 2.669 |
Bonn | 396 |
Düren | 682 |
Euskirchen | 476 |
Kreuzau | 120 |
Sankt Augustin | 585 |
Schleiden | 410 |
Wegberg | 0 |
Münster | 2.134 |
Dorsten | 324 |
Ibbenbüren | 786 |
Marl | 217 |
Münster | 807 |
Gesamt Landeseinrichtungen (33) | 16.813 |
Stand 31.12.2023 | |
NU (15) | 6.177 |
Arnsberg | 1.239 |
Bochum | 0 |
Herne | 711 |
Selm | 528 |
Soest (LBH) | 0 |
Detmold | 1.763 |
Bielefeld (Musikerviertel) | 114 |
Büren | 355 |
Gütersloh | 364 |
Lage | 198 |
Paderborn | 732 |
Düsseldorf | 0 |
Köln | 1.148 |
Messe | 30 |
Leverkusen | 423 |
Marmagen | 695 |
Münster | 2.027 |
Castrop-Rauxel | 872 |
Dorsten (Gerhart-Hauptmann- Schule) | 818 |
Schöppingen | 337 |
- Über welche Staatsangehörigkeiten verfügten die im Jahr 2023 abgeschobenen, rücküberstellten und freiwillig ausgereisten Personen? (Bitte differenziert nach den drei genannten Kategorien sowie nach Herkunftsland bzw. Staatsangehörigkeit, Anzahl sowie prozentualem Anteil listen, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 2023)?
Im Jahr 2023 wurden bis zum Stichtag 31.12.2023 insgesamt 2.495 REAG/GARP-Anträge aus Nordrhein-Westfalen bewilligt. Dies entspricht 23,18 % der bundesweiten REAG/GARP-Bewil-ligungen, so dass weiterhin die meisten freiwilligen Ausreisen bundesweit aus Nordrhein-Westfalen erfolgten.
2023 wurden bis zum Stichtag 31.12.2023 laut Statistik der Bundespolizei 3.663 Rückführungen (einschließlich Dublin-Überstellungen) aus Nordrhein-Westfalen erfasst. Dies entspricht 22,29 % der bundesweiten Abschiebungen und Rücküberstellungen.
Die Abschiebungen (einschließlich Dublin-Überstellungen), die von nordrhein-westfälischen Behörden bis zum 31.12.2023 vollzogen worden sind, stellen sich bezogen auf die 20 Hauptherkunftsländer wie folgt dar:
TOP | Staatsangehörigkeit | Zielland | Gesamt | Anteil an Gesamt- rückführungen in % |
1 | Albanien | Albanien | 447 | 12,20 |
2 | Nordmazedonien | Nordmazedo-nien | 364 | 9,94 |
3 | Serbien | Serbien | 313 | 8,54 |
4 | Georgien | Georgien | 223 | 6,09 |
5 | Algerien | Algerien | 144 | 3,93 |
6 | Türkei | Türkei | 112 | 3,06 |
7 | Irak | Irak | 82 | 2,24 |
8 | Afghanistan | Österreich | 80 | 2,18 |
9 | Kosovo | Kosovo | 77 | 2,10 |
10 | Syrien | Spanien | 66 | 1,80 |
11 | Bosnien-Herzegowina | Bosnien-Herzegowina | 52 | 1,42 |
12 | Marokko | Marokko | 51 | 1,39 |
13 | Ghana | Ghana | 49 | 1,34 |
14 | Syrien | Bulgarien | 49 | 1,34 |
15 | Nigeria | Nigeria | 45 | 1,23 |
16 | Rumänien | Rumänien | 42 | 1,15 |
17 | Türkei | Österreich | 41 | 1,12 |
18 | Syrien | Österreich | 40 | 1,09 |
19 | Pakistan | Pakistan | 38 | 1,04 |
20 | Guinea | Spanien | 36 | 0,98 |
- In welchem Umfang wurde im Jahr 2023 das neue Chancen-Aufenthaltsrecht in Bezug auf erteilte und beantragte Aufenthaltstitel gem. § 104c Abs. 1 AufenthG genutzt? (Bitte analog zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 28596 die Zahlen für das Kalenderjahr 2023 bzw. die letzten verfügbaren Zahlen angeben)
Für Nordrhein-Westfalen sind im AZR 14.746 Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG erfasst (Stand: 31. Dezember 2023). Die angefragte Zahl der beantragten Aufenthaltstitel kann aus der Statistik des AZR nicht entnommen werden, weil darin keine Antragsdaten zu Aufenthaltstitel erfasst werden. Die Landesregierung hat noch während des Gesetzgebungsverfahrens damit begonnen, Daten zum Chancen-Aufenthaltsrecht zu erfassen und dies seither fortgesetzt. Hierzu zählen auch Daten zu Anträgen auf Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß § 104c Abs. 1 AufenthG. Mit Stand von November 2023 (aktuellste Daten) sind dazu in Nordrhein-Westfalen 19.988 Anträge von den Ausländerbehörden gemeldet worden.