Vervollständigung des vormaligen „Sachstandsberichts staatliches Asylsystem“ für das Jahr 2023

Kleine Anfrage
vom 06.02.2024

Kleine Anfrage 3306

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Vervollständigung des vormaligen „Sachstandsberichts staatliches Asylsystem“ für das Jahr 2023

Mit der Umstellung des letztmals zum zweiten Quartal 2023 erschienenen „Quartalsbericht staatliches Asylsystem“ auf das Format des „Sachstandsberichts zur Geflüchtetenaufnahme“ i. V. m. den „Newslettern“ des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen gingen wesentliche statistische Angaben verloren.

Dazu zählen statistische Angaben zu den Asylverfahren, den Belegungszahlen der einzelnen Landesunterkünfte (Erstaufnahmeeinrichtungen, Zentrale Unterbringungseinrichtungen und Notunterkünfte) sowie zur Staatsangehörigkeit der abgeschobenen, rücküberstellten und freiwillig ausgereisten Personen.

Zudem sind die Angaben zur Anzahl der ausreisepflichtigen Personen (mit und ohne Duldung) unvollständig, wenn nicht zugleich angegeben wird, wie vielen Personen ein Aufenthaltstitel gemäß § 104c Abs. 1 AufenthG (Chancen-Aufenthaltsrecht) erteilt wurde. Ohne diese Angabe ergäben sich bei einem Vergleich der Abschiebezahlen mit dem Rückgang der Anzahl ausreisepflichtiger Personen ungeklärte Abweichungen, da der Rückgang der Anzahl ausreisepflichtiger Personen gerade nicht auf Abschiebungen, freiwilligen Ausreisen oder Dublin-Rücküberstellungen beruht.

Die Antwort der Landesregierung auf eine vorherige Kleine Anfrage zu diesem Thema hat diesen Zusammenhang deutlich aufgezeigt.1 Danach hat sich die Anzahl der ausreisepflichtigen Personen im Zeitraum 31.12.2022 bis 31.10.2023 um 13.182 Personen reduziert. Zugleich wurden in diesem Zeitraum allerdings auch 12.766 Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG – sprich: nach dem Chancen-Aufenthaltsrecht – erfasst.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie hat sich die Anzahl der offenen Asylverfahren im 2. Halbjahr entwickelt? (Bitte differenziert nach Monat und Anzahl der Personen aufschlüsseln, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 20232)
  2. Wie hoch war mit Stand 31.12.2023 der NRW-Anteil in Bezug auf Neuanträge, Entscheidungen und offene Verfahren? (Bitte ausführen, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 20233)
  3. Wie hoch war mit Stand 31.12.2023 die Belegung der Landesunterkünfte, also EAE, ZUE und NU? (Bitte einzeln für alle Unterbringungseinrichtungen aufschlüsseln, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 20234)
  4. Über welche Staatsangehörigkeiten verfügten die im Jahr 2023 abgeschobenen, rücküberstellten und freiwillig ausgereisten Personen? (Bitte differenziert nach den drei genannten Kategorien sowie nach Herkunftsland bzw. Staatsangehörigkeit, Anzahl sowie prozentualem Anteil listen, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 20235)
  5. In welchem Umfang wurde im Jahr 2023 das neue Chancen-Aufenthaltsrecht in Bezug auf erteilte und beantragte Aufenthaltstitel gem. § 104c Abs. 1 AufenthG genutzt? (Bitte analog zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 28596 die Zahlen für das Kalenderjahr 2023 bzw. die letzten verfügbaren Zahlen angeben)

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-7997

 

1 Vgl. Lt.-Drucksache 18/7437

2 Lt.-Vorlage 18/1693; S. 4

3 Lt.-Vorlage 18/1693; S. 5

4 Lt.-Vorlage 18/1693; S. 6–8

5 Lt.-Vorlage 18/1693; S. 9–11

6 Lt.-Drucksache 18/7437; Frage 3 und 4


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3306 mit Schreiben vom 12. März 2024 namens der Landesregierung beant­wortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Seit Oktober 2023 wurde das bisherig quartalsmäßige Berichtswesen der Landesregierung zum oben genannten Thema mit Blick auf den Informationsbedarf in eine monatliche Be-richtserstattung überführt. In einzelnen Punkten wurde der Bericht dabei im Interesse einer zeitnahen und damit aktuelleren Berichterstattung verschlankt.

  1. Wie hat sich die Anzahl der offenen Asylverfahren im 2. Halbjahr entwickelt? (Bitte differenziert nach Monat und Anzahl der Personen aufschlüsseln, analog zum letz­ten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 2023)
  2. Wie hoch war mit Stand 31.12.2023 der NRW-Anteil in Bezug auf Neuanträge, Ent­scheidungen und offene Verfahren? (Bitte ausführen, analog zum letzten verfüg­baren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 2023)

Die Fragen werden analog zum vormaligen Sachstandbericht gemeinsam beantwortet. Die Entwicklung ist nachfolgender Tabelle zu entnehmen:

 

2023 Neuanträge Entscheidungen Offene Verfahren
Juli 4.900 4.900 28.700
August 6.000 5.600 30.900
September 5.400 5.000 32.100
Oktober 6.200 4.500 34.800
November 7.700 5.500 38.000
Dezember 4.900 4.600 39.100

 

(Antrags-, Entscheidungs- und Bestandsstatistik des Bundesamts für Migration und Flücht­linge; Zahlen gerundet)

Weitere Kennzahlen aus der BAMF-Statistik (Stand: 31.12.2023):

  • 900 Asylanträge in Nordrhein-Westfalen im Dezember: (der NRW-Anteil entspricht 20,2 % der bundesweit gestellten Anträge)
  • 600 Entscheidungen im Dezember (NRW-Anteil: 21,5 %)

→ Gesamtschutzquote in Nordrhein-Westfalen im Dezember: 52 % (Bund: 46 %)

  • 100 offene Verfahren Ende Dezember

(Vergleich Bund: 239.600 offene Verfahren; NRW-Anteil: 16,3 %)

  1. Wie hoch war mit Stand 31.12.2023 die Belegung der Landesunterkünfte, also EAE, ZUE und NU? (Bitte einzeln für alle Unterbringungseinrichtungen aufschlüsseln, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 2023)
Stand 31.12.2023 Belegung
EAE (5) 3.254
Arnsberg 386
Unna 386
Detmold 652
Bielefeld 652
Düsseldorf 1.117
Essen 400
Mönchengladbach 717
Köln 1.099
Köln/Bonn 1.099
ZUE (28) 13.559
Arnsberg 3.186
Hamm 713
Möhnesee 715
Olpe 358
Soest 947
Wickede 453
Detmold 1.237
Bad Driburg 293
Borgentreich 391
Herford 553
Düsseldorf 4.333
Mülheim 525
Neuss 855
Ratingen 624
Rees I 122
Rees II 434
Rheinberg 265
Viersen 555
Weeze 589
Wuppertal 364
Köln 2.669
Bonn 396
Düren 682
Euskirchen 476
Kreuzau 120
Sankt Augustin 585
Schleiden 410
Wegberg 0
Münster 2.134
Dorsten 324
Ibbenbüren 786
Marl 217
Münster 807
Gesamt Landeseinrichtungen (33) 16.813

 

Stand 31.12.2023  
NU (15) 6.177
Arnsberg 1.239
Bochum 0
Herne 711
Selm 528
Soest (LBH) 0
Detmold 1.763
Bielefeld (Musikerviertel) 114
Büren 355
Gütersloh 364
Lage 198
Paderborn 732
Düsseldorf 0
Köln 1.148
Messe 30
Leverkusen 423
Marmagen 695
Münster 2.027
Castrop-Rauxel 872
Dorsten (Gerhart-Hauptmann- Schule) 818
Schöppingen 337

 

  1. Über welche Staatsangehörigkeiten verfügten die im Jahr 2023 abgeschobenen, rücküberstellten und freiwillig ausgereisten Personen? (Bitte differenziert nach den drei genannten Kategorien sowie nach Herkunftsland bzw. Staatsangehörig­keit, Anzahl sowie prozentualem Anteil listen, analog zum letzten verfügbaren Sachstandsbericht staatliches Asylsystem für das 2. Quartal 2023)?

Im Jahr 2023 wurden bis zum Stichtag 31.12.2023 insgesamt 2.495 REAG/GARP-Anträge aus Nordrhein-Westfalen bewilligt. Dies entspricht 23,18 % der bundesweiten REAG/GARP-Bewil-ligungen, so dass weiterhin die meisten freiwilligen Ausreisen bundesweit aus Nordrhein-West­falen erfolgten.

2023 wurden bis zum Stichtag 31.12.2023 laut Statistik der Bundespolizei 3.663 Rückführun­gen (einschließlich Dublin-Überstellungen) aus Nordrhein-Westfalen erfasst. Dies entspricht 22,29 % der bundesweiten Abschiebungen und Rücküberstellungen.

Die Abschiebungen (einschließlich Dublin-Überstellungen), die von nordrhein-westfälischen Behörden bis zum 31.12.2023 vollzogen worden sind, stellen sich bezogen auf die 20 Haupt­herkunftsländer wie folgt dar:

TOP Staatsangehörig­keit Zielland Gesamt Anteil an Gesamt-
rückführungen in %
1 Albanien Albanien 447 12,20
2 Nordmazedonien Nordmazedo-nien 364 9,94
3 Serbien Serbien 313 8,54
4 Georgien Georgien 223 6,09
5 Algerien Algerien 144 3,93
6 Türkei Türkei 112 3,06
7 Irak Irak 82 2,24
8 Afghanistan Österreich 80 2,18
9 Kosovo Kosovo 77 2,10
10 Syrien Spanien 66 1,80
11 Bosnien-Herzego­wina Bosnien-Her­zegowina 52 1,42
12 Marokko Marokko 51 1,39
13 Ghana Ghana 49 1,34
14 Syrien Bulgarien 49 1,34
15 Nigeria Nigeria 45 1,23
16 Rumänien Rumänien 42 1,15
17 Türkei Österreich 41 1,12
18 Syrien Österreich 40 1,09
19 Pakistan Pakistan 38 1,04
20 Guinea Spanien 36 0,98

 

  1. In welchem Umfang wurde im Jahr 2023 das neue Chancen-Aufenthaltsrecht in Bezug auf erteilte und beantragte Aufenthaltstitel gem. § 104c Abs. 1 AufenthG genutzt? (Bitte analog zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 28596 die Zahlen für das Kalenderjahr 2023 bzw. die letzten verfügbaren Zahlen angeben)

Für Nordrhein-Westfalen sind im AZR 14.746 Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG erfasst (Stand: 31. Dezember 2023). Die angefragte Zahl der beantragten Aufenthaltstitel kann aus der Statistik des AZR nicht entnommen werden, weil darin keine An­tragsdaten zu Aufenthaltstitel erfasst werden. Die Landesregierung hat noch während des Ge­setzgebungsverfahrens damit begonnen, Daten zum Chancen-Aufenthaltsrecht zu erfassen und dies seither fortgesetzt. Hierzu zählen auch Daten zu Anträgen auf Erteilung von Aufent­haltstiteln gemäß § 104c Abs. 1 AufenthG. Mit Stand von November 2023 (aktuellste Daten) sind dazu in Nordrhein-Westfalen 19.988 Anträge von den Ausländerbehörden gemeldet wor­den.

 

MMD18-8446