Wanderungsstatistik Deutschland – Ukraine, Einzelauswertung für NRW

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 752
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias vom 11.11.2022

Wanderungsstatistik Deutschland Ukraine, Einzelauswertung für NRW

Die Wanderungsstatistik des statistischen Bundesamts weist monatlich die Zahl der Zu- und Fortzüge aus, differenziert unter anderem nach Herkunfts- und Zielgebiet sowie nach Alter und Geschlecht. Seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine bis zum 31. Juli 2022 ist die Zahl der Ukrainer in Deutschland sprunghaft auf 929 000 Personen angestiegen. Das sind sechs Mal mehr ukrainische Staatsbürger in Deutschland als Ende Februar.1

Von Februar bis August 2022 wurden in Deutschland 952 000 Zuzüge von Menschen aus der Ukraine erfasst. Die meisten davon fanden im März (431 000) und April (198 000) statt. In der Folgezeit sank die Anzahl der Zuzüge auf 58 000 im Juli und 70 000 im August.
Zugleich wurden von Februar bis einschließlich August 2022 durch die Meldeämter rund 78 000 Fortzüge registriert. Hierbei wird von Seiten des Statistischen Bundesamts eine Untererfassung vermutet, da viele Personen sich vor der Ausreise nicht bei den Meldebehörden in Deutschland abmelden. Ebenso ist bei den Zuzügen, insbesondere auf Grundlage der Visa-Bestimmungen zwischen Deutschland und der Ukraine, eine Untererfassung zu vermuten.

Da überwiegend Frauen, Kinder und ältere Personen vor dem russischen Angriffskrieg geflüchtet sind, haben sich das Geschlechterverhältnis und die Altersstruktur der ukrainischen Bevölkerung in Deutschland signifikant verändert:

„Unter den seit Februar aus der Ukraine Zugewanderten waren 616 000 weiblich (65 %) und 336 000 männlich (35 %). Werden nur Personen betrachtet, die bei der Einreise 18 Jahre oder älter waren, erhöht sich der Frauenanteil auf 74 %. Auch unter den über 60-jährigen Zugewanderten war die Mehrheit weiblich (71 %). Unter den Minderjährigen war der Anteil dagegen mit 51 % Jungen und 49 % Mädchen relativ ausgeglichen. Insgesamt sind von Februar bis Ende August 348 000 Minderjährige nach Deutschland aus der Ukraine eingereist, das waren 37 % der Eingewanderten aus der Ukraine.“2
Die Wanderungsstatistik des statistischen Bundesamts weist monatlich die Zahl der Zu- und Fortzüge aus, differenziert unter anderem nach Herkunfts- und Zielgebiet sowie nach Alter und Geschlecht. Seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine bis zum 31. Juli 2022 ist die Zahl der Ukrainer in Deutschland sprunghaft auf 929 000 Personen angestiegen. Das sind sechs Mal mehr ukrainische Staatsbürger in Deutschland als Ende Februar.1
Da überwiegend Frauen, Kinder und ältere Personen vor dem russischen Angriffskrieg geflüchtet sind, haben sich das Geschlechterverhältnis und die Altersstruktur der ukrainischen Bevölkerung in Deutschland signifikant verändert:

Gemäß EU-Massenzustromrichtlinie soll durch die EU-Mitgliedstaaten ein Solidaritätsmechanismus geschaffen werden, „um dazu beizutragen, dass die Belastungen, die sich im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Aufnahme dieser Personen und den damit verbundenen Folgen ergeben, auch ausgewogen auf die Mitgliedstaaten verteilt werden. Der Mechanismus sollte zwei Aspekte umfassen: zum einen die Finanzierung, zum anderen die tatsächliche Aufnahme der betreffenden Personen in den Mitgliedstaaten.“3 Von Ausgewogenheit kann momentan nicht die Rede sein, da insbesondere die Anrainerstaaten und danach Deutschland besonders betroffen sind.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele registrierte Zuzüge aus der Ukraine nach NRW bzw. durch die Meldeämter registrierte Fortzüge aus NRW in die Ukraine gab es seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs durch ukrainische Staatsbürger? (Bitte aus diesen Zahlen auch den entsprechenden Wanderungssaldo für NRW ermitteln)
  2. Welche Informationen zum möglichen Umfang des Dunkelfelds bei den Zuzügen und Fortzügen – insbesondere aus Gründen einer ausgebliebenen Registrierung bzw. Abmeldung bei den Meldeämtern – liegen der Landesregierung vor?
  3. Das Statistische Bundesamt registriert Zu- und Fortzüge ausländischer Staatsbürger nach Geschlecht und Alter und ermittelt daraus für jede Altersstufe den Wanderungssaldo, getrennt nach männlich, weiblich und in Summe. Wie viele Zu- und Fortzüge ukrainischer Staatsbürger nach NRW gab es nach diesen Parametern seit Beginn des russischen Angriffskriegs? (Bitte nach Geschlecht und Altersstufe differenziert für das letzte verfügbare Erfassungsdatum listen)
  4. Welche Informationen liegen der Landesregierung zum Umfang der Sekundärmigration von Flüchtlingen mit Ukraine-Bezug innerhalb der EU nach Deutschland und insbesondere NRW vor, also von Personen, die zuvor bereits Schutz in einem anderen EU-Land gefunden hatten?
  5. In welcher Form hat sich die Landesregierung in der Vergangenheit auf Bundesebene für eine – gemäß EU-Massenzustromrichtlinie vorgesehene – ausgewogene Lastenteilung bei der Unterbringung ukrainischer Staatsbürger innerhalb der EU (Solidaritätsmechanismus) eingesetzt?

Enxhi Seli-Zacharias

 

Anfrage als PDF

 

1 Vgl. htt p s : / /www. D e s t a t i s .de/DE/Im-Fokus/ U k r a i n e /Gesellschaft/_inhalt. H t m l, htt p s: / / www. D e s t a t i s.de/DE/Themen/ G e s e l l s c h a f t-Umwelt/ B e v o e l k e r u n g /Wanderungen/_inhalt. H t m l und htt p s : / / www. D e s t a t i s .de/ D E /Presse/Pressemitteilungen/2 0 2 2/10/PD22_ 4 2 8 _12411. H t m l
2 Ebd.
3 Vgl. Richtlinie 2001/55/EG (20)


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 752 mit Schreiben vom 16. Dezember 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern sowie der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung beantwortet.

  1. Wie viele registrierte Zuzüge aus der Ukraine nach NRW bzw. durch die Meldeäm­ter registrierte Fortzüge aus NRW in die Ukraine gab es seit dem Beginn des rus­sischen Angriffskriegs durch ukrainische Staatsbürger? (Bitte aus diesen Zahlen auch den entsprechenden Wanderungssaldo für NRW ermitteln)
  2. Welche Informationen zum möglichen Umfang des Dunkelfelds bei den Zuzügen und Fortzügen – insbesondere aus Gründen einer ausgebliebenen Registrierung bzw. Abmeldung bei den Meldeämtern – liegen der Landesregierung vor?
  3. Das Statistische Bundesamt registriert Zu- und Fortzüge ausländischer Staatsbür­ger nach Geschlecht und Alter und ermittelt daraus für jede Altersstufe den Wan­derungssaldo getrennt nach männlich, weiblich und in Summe. Wie viele Zu- und Fortzüge ukrainischer Staatsbürger nach NRW gab es nach diesen Parametern seit Beginn des russischen Angriffskriegs? (Bitte nach Geschlecht und Alters­stufe differenziert für das letzte verfügbare Erfassungsdatum listen).

Die Fragen 1-3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Zur Beantwortung der Fragen 1 und 3 wird auf die Anlage verwiesen. Datenbasis der überlie­ferten Daten für das Jahr 2022 sind vorläufige Ergebnisse der Wanderungsstatistik. Grundlage der Wanderungsstatistik sind die An- und Abmeldungen, die von den kommunalen Meldeäm­tern nach den melderechtlichen Regelungen erfasst und dem Statistischen Landesamt über­mittelt werden. Aus Gründen der Geheimhaltung nach § 16 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz (BstatG) mussten in der beigefügten Tabelle vereinzelt Zellsperrungen vorgenommen werden.

Zu Frage 2 liegen der Landesregierung keine Informationen vor.

  1. Welche Informationen liegen der Landesregierung zum Umfang der Sekundärmig­ration von Flüchtlingen mit Ukraine-Bezug innerhalb der EU nach Deutschland und insbesondere NRW vor, also von Personen, die zuvor bereits Schutz in einem anderen EU-Land gefunden hatten?

Eine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht. Vor diesem Hintergrund liegen der Landesregierung hierzu keine statistischen Daten vor.

  1. In welcher Form hat sich die Landesregierung in der Vergangenheit auf Bundes­ebene für eine – gemäß EU- Massenzustromrichtlinie vorgesehene – ausgewo­gene Lastenteilung bei der Unterbringung ukrainischer Staatsbürger innerhalb der EU (Solidaritätsmechanismus) eingesetzt?

Schon kurz nach Ausbruch des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Uk­raine haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeinsam wenige Tage später den sog. vorübergehenden Schutzmechanismus ausgelöst. Die entsprechenden Regelungen sind in dem Durchführungsbeschluss 2022/382 vom 4. März 2022 festgehalten. Einen Verteilungs­mechanismus von schutzsuchenden Menschen aus der Ukraine auf europäischer Ebene ent­hält der von den EU-Mitgliedstaaten verabschiedete Durchführungsbeschluss nicht.

 

Antwort samt Anlage als PDF