Kleine Anfrage 4606
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD
Was plant das Land in der Lukas-Klinik Solingen? Ist eine weitere Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) geplant?
Wie aus einem Bericht der Rheinischen Post hervorgeht, plant die Bezirksregierung Düsseldorf die Nutzung der ehemaligen Lukas-Klinik in Solingen als Unterbringungseinrichtung des Landes, vermutlich als ZUE.1
Die Bezirksregierung führt Gespräche mit der Kplus-Gruppe, um zu prüfen, ob das Krankenhaus dafür zur Verfügung stehen könnte.
Wie uns ein Bürger meldet, gibt es im Solinger Stadtbezirk Ohligs/Aufderhöhe/Merscheid allerdings mehrere Schulen, Kindergärten und Altenheime, was Fragen in Bezug auf die Sicherheit aufwirft. Im angrenzenden Erholungsgebiet gäbe es zahlreiche Einrichtungen, auch für Familien. Der Bürger benennt konkret:
- Freibad Heide
- Abenteuer-Spielplatz in der Ohligser Heide
- Heide-Lehrpfad: ein 150 Meter langer, barrierefreier Pfad zur Erkundung der Pflanzen-und Tierwelt.
- Ein dichtes Wegenetz in der Ohligser Heide mit ca. 36 Kilometern Länge.
- Gastronomie im Park
- Tierpark Fauna in Solingen
Auf kommunaler Ebene würden zudem weitere Unterkünfte an „exponierten Orten“ geplant: an der Neuenkamper Straße für 80 Personen und an der Nibelungenstraße. In der Nähe der Neuenkamper Straße gibt es – den Anmerkungen des Bürgers folgend – eine Kindertagesstätte und mehrere Schulen. Auch an der Nibelungenstraße befänden sich mehrere Schulen in der Nähe.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Planungsstand in Bezug auf eine mögliche weitere Unterbringungseinrichtung des Landes am Standort der Lukas-Klinik in Solingen? (Bitte ausführen zum Stand der Verhandlungen mit dem Eigentümer, der vermutlichen Kapazität der Einrichtung sowie zum voraussichtlichen Betriebsbeginn)
- Welche spezifischen Maßnahmen (u. a. auch Präventionsprogramme und Informationsveranstaltungen) werden im Nachgang des Terroranschlags von Solingen ergriffen, um die Sicherheit der dortigen Bürger zu gewährleisten, insbesondere auch im direkten Umfeld der bestehenden Unterbringungseinrichtungen?
- Welche Kriterien werden bei der Auswahl des Standorts Lukas-Klinik berücksichtigt und fließen somit in die Entscheidung für oder gegen diesen spezifischen Standort ein?
- In welcher Form werden die Anwohner und die Öffentlichkeit über die Fortschritte und Entwicklungen der geplanten Unterbringungseinrichtung am Standort Lukas-Klinik zukünftig informiert bzw. auch noch in den Entscheidungs- und Planungsprozess eingebunden?
- Von welchen Kosten geht die Landesregierung im Zusammenhang mit der neuen Unterkunft derzeit aus – also Mietkosten bzw. Kaufpreis, Betriebskosten, Kosten für Verpflegung, Betreuung und Sicherheitsmaßnahmen?
Enxhi Seli-Zacharias
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 4606 mit Schreiben vom 27. November 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung beantwortet.
- Wie ist der aktuelle Planungsstand in Bezug auf eine mögliche weitere Unterbringungseinrichtung des Landes am Standort der Lukas-Klinik in Solingen? (Bitte ausführen zum Stand der Verhandlungen mit dem Eigentümer, der vermutlichen Kapazität der Einrichtung sowie zum voraussichtlichen Betriebsbeginn)
- Welche Kriterien werden bei der Auswahl des Standorts Lukas-Klinik berücksichtigt und fließen somit in die Entscheidung für oder gegen diesen spezifischen Standort ein?
- In welcher Form werden die Anwohner und die Öffentlichkeit über die Fortschritte und Entwicklungen der geplanten Unterbringungseinrichtung am Standort Lukas-Klinik zukünftig informiert bzw. auch noch in den Entscheidungs- und Planungsprozess eingebunden?
- Von welchen Kosten geht die Landesregierung im Zusammenhang mit der neuen Unterkunft derzeit aus – also Mietkosten bzw. Kaufpreis, Betriebskosten, Kosten für Verpflegung, Betreuung und Sicherheitsmaßnahmen?
Die Fragen 1, 3, 4 und 5 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet:
Die Landesregierung plant keine Landeseinrichtung zur Unterbringung von Asylsuchenden und Geflüchteten in der Stadt Solingen. Der Prüfprozess ist abgeschlossen. Der Sachstand aus dem in der Kleinen Anfrage in Bezug genommenen Presseartikel der Rheinischen Post vom 24.07.2024 ist überholt.
- Welche spezifischen Maßnahmen (u. a. auch Präventionsprogramme und Informationsveranstaltungen) werden im Nachgang des Terroranschlags von Solingen ergriffen, um die Sicherheit der dortigen Bürger zu gewährleisten, insbesondere auch im direkten Umfeld der bestehenden Unterbringungseinrichtungen?
Das Kriminalkommissariat Kriminalprävention/Opferschutz (KK KP/O) der Kreispolizeibehörde Wuppertal informiert in enger Abstimmung mit der Kriminalinspektion Staatsschutz der Kreispolizeibehörde Wuppertal Bürgerinnen und Bürger, institutionelle Stellen und andere Aufgabenträger in ihrem Zuständigkeitsgebiet systematisch über kriminalpräventive Maßnahmen. Hierbei wird umfassend zur Thematik sensibilisiert und die Bevölkerung über Möglichkeiten zu sicherheitsbewusstem Verhalten informiert. Insbesondere Bezugspersonen von potentiellen Täterinnen und Tätern sollen durch diese Maßnahmen in die Lage versetzt werden, Radikali-sierungsverläufe frühzeitig zu erkennen und folgerichtig zu handeln. Durch ein informiertes soziales Umfeld werden Menschen gegen extremistische Ideologien gestärkt. Das KK KP/O der Kreispolizeibehörde Wuppertal entwirft zudem derzeit einen behördeneigenen Flyer „Radikalisierung entgegenwirken“, der im Rahmen von Präventionsveranstaltungen sowie an Interessierte herausgegeben werden soll.
Neben einem bereits durchgeführten themenbezogenen Informations-stand am 04.10.2024 auf dem Graf-Wilhelm-Platz in Solingen sind weitere Vorträge und die Durchführung von Informationsveranstaltungen sowie anlassbezogene und anlassunabhängige wiederkehrende Beratungsangebote unter anderem in den Gemeinschaftsunterkünften geplant. Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz setzt in diesem Kontext neben dem eigenen Präventionspro-gramm „Wegweiser – Stark ohne islamistischen Extremismus“ und der dazu gehörenden neuen Website mit ChatFunktion (www.wegweiser.nrw.de) auch auf die vielfältigen Präventi-onsangebote der Landesregierung, die die Interministerielle Arbeitsgruppe Islamismuspräven-tion unter Federführung des Ministeriums des Innern und des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen bündelt (https://gegen-gewaltbereiten-salafismus.nrw/). Bei erkannten potentiellen Radikalisierungs-tendenzen steht der Verfassungsschutz den Betreibern der jeweiligen Einrichtungen für Geflüchtete als direkter Ansprechpartner zur Verfügung.
Die Landesregierung hat darüber hinaus mit ihrem Maßnahmenpaket vom 10.09.2024 unter anderem beschlossen, die Angebote zur Hilfestellung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Flüchtlingseinrichtungen für den Fall einer möglichen islamistischen Radikalisierung, einer möglichen Zuwendung zu einer islamistischen Ideologie oder bei Distanzierungsprozes-sen einer Person zu evaluieren und anhand aktueller Wissensstände weiterzuentwickeln.
Durch die Polizeiinspektion Solingen werden ergänzend verstärkt polizeiliche Präsenzstreifen, insbesondere Fußstreifen im innerstädtischen Bereich durchgeführt. Zudem befindet sich derzeit anlassbedingt ein neues Präsenzkonzept der Behörde unmittelbar vor der Umsetzung, welches die bereits bestehenden Maßnahmen neustrukturiert und überarbeitet zusammenführt. Bei der Durchführung dieses Konzeptes sind neben Einsatzkräften der Kreispolizeibehörde Wuppertal auch Kräfte der Bereitschaftspolizei vorgesehen. Am 09.10.2024 fand ein direktionsübergreifender Einsatz zur Bekämpfung der Straßen- und Gewaltkriminalität im öffentlichen Raum in Solingen statt.
Ergänzend unterstützt das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen das KK KP/O der Kreispolizeibehörde Wuppertal bei der Beratung der Stadt Solingen zur Umgestaltung des Fronhofs (Ort des Anschlags) aus Sicht der Städtebaulichen Kriminalprävention beim „Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzept City 2030“ zur Aufwertung und Umgestaltung des Fronhofs in Solingen. Ebenfalls wird geprüft, ob sich das Projekt „Mikrosegmentanalysen als Impuls für urbane Sicherheit“ (MIKUS) für diese Örtlichkeit eignet.
In Bezug auf Unterbringungseinrichtungen ist grundsätzlich festzuhalten, dass diese in das Betreuungsnetzwerk des KK KP/O der Kreispolizeibehörde Wuppertal eingebunden werden. Durch gezielte kriminalpräventive Maßnahmen sollen die institutionellen Stellen und anderen Aufgabenträger systematisch und umfassend informiert, sensibilisiert und zu sicherheitsbewusstem Verhalten veranlasst werden. Zudem sind die Kreispolizeibehörden beauftragt, in allen Unterbringungseinrichtungen die Vorgaben des Konzeptpapiers „Bekämpfung der Messergewalt im öffentlichen Raum“ umzusetzen. Hierbei sollen in kommunalen Flüchtlingsunterkünften zielgenaue und zielgruppenspezifische Präventionshinweise vermittelt werden. Darüber hinaus sind auch Vorträge, Informationsveranstaltungen sowie anlassbezogene und anlassunabhängige Beratungsangebote in Unterbringungseinrichtungen wiederkehrend vorgesehen. Durch die Kräfte der Polizeiinspektion Solingen werden die Unterbringungseinrichtung und deren Umgebung regelmäßig zu unterschiedlichen Tageszeiten durch den Wachdienst bestreift, um sowohl die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, als auch der Bewohnerinnen und Bewohner der kommunalen Unterbringungseinrichtungen zu gewährleisten.