Kleine Anfrage 662
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias vom 25.10.2022
Was unternimmt die Landesregierung um die unverhältnismäßig hohen Kosten für die Unterbringung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Ausländer (UMA) zu reduzieren?
Aus der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 297 gehen die in den Jahre 2020 und 2021 vom Land NRW an die kommunalen Jugendämter ausgezahlten Aufwendungserstattungen nach § 89d SGB VIII hervor. Diese Aufwendungserstattungen enthalten sowohl Kosten für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung als auch für pädagogische Maßnahmen.
Aus der Listung geht deutlich hervor, dass es sich um einen erheblichen Kostenfaktor handelt. So gab es im Jahre 2021 beispielsweise allein für die Stadt Köln eine Aufwendungserstattung in Höhe von 27.736.610,12 €; in Essen waren es 15.485.743,57 €.
Bei den durchschnittlichen Kosten je UMA und Jahr gibt es weit differierende Angaben, die von 5.000 bis hin zu 8.500 Euro reichen. Derartige Ausgaben lassen sich – insbesondere in der aktuell wirtschaftlich prekären Lage – immer schwerer rechtfertigen.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie hoch sind die durchschnittlichen Kosten, die für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung als auch für pädagogische Maßnahmen der UMA je Monat und Person in NRW anfallen? (Bitte gegliedert nach Kommune und der Höhe der durchschnittlichen Kosten listen und dabei in absteigend sortieren)
- Wie setzen sich die hohen Kosten prozentual zusammen? (Bitte nach Kostenbestandteil1 und prozentualem Anteil an den Gesamtkosten listen2)
- Welche Gründe sind die wesentlichen Gründe für die unterschiedlich hohen durchschnittlichen Kosten in den jeweiligen Kommunen?
- Welche Anstrengungen wird die Landesregierung in der laufenden Legislaturperiode unternehmen, um die unverhältnismäßig hohen Kosten in diesem Bereich deutlich zu reduzieren?
- Wie stellt sich die Altersstruktur der aktuell in NRW untergebrachten UMA dar? (Bitte analog zur Antwort auf die Große Anfrage 27, Anlage 273 listen)
Enxhi Seli-Zacharias
1 Kosten für die Unterbringung, Verpflegung, Betreuung, pädagogische Maßnahmen sowie sonstige Kosten
2 Sollten keine genauen Zahlen vorliegen, reicht eine grobe Schätzung.
3 Vgl. Lt.-Drucksache 17/10695; S. 824; Anlage 27
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 662 mit Schreiben vom 23. November 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen und der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Die humanitäre Verantwortung zur Unterbringung, Betreuung und Versorgung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ergibt sich verpflichtend aus den bundesgesetzlichen Normen des SGB VIII. Den Kommunen sind die dadurch entstehenden Kosten gemäß § 89 d SGB VIII vom Land zu erstatten.
- Wie hoch sind die durchschnittlichen Kosten, die für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung als auch für pädagogische Maßnahmen der UMA je Monat und Person in NRW anfallen? (Bitte gegliedert nach Kommune und der Höhe der durchschnittlichen Kosten listen und dabei in absteigend sortieren)
- Wie setzen sich die hohen Kosten prozentual zusammen? (Bitte nach Kostenbe-standteil1 und prozentualem Anteil an den Gesamtkosten listen2)
- Welche Gründe sind die wesentlichen Gründe für die unterschiedlich hohen durchschnittlichen Kosten in den jeweiligen Kommunen?
Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 bis 3 gemeinsam beantwortet.
Die Kosten hängen maßgeblich von der Art der spezifischen Bedarfe der jungen Menschen und der Dauer der Leistungen ab. Einige benötigen spezielle Therapien oder eine besondere Betreuung, andere lediglich Unterstützung z.B. bei Arztgängen, Integrationsleistungen o.ä. Aufgrund der erheblichen Spannbreite der Kosten dieser unterschiedlichen Bedarfe sind keine belastbaren durchschnittlichen Kosten, auch nicht gegliedert nach Kommunen, zu ermitteln. Daher kann keine Aussage zu etwaig bestehenden Unterschieden oder etwaigen Gründen für etwaige Unterschiede getroffen werden.
Der Landesregierung liegen keine Informationen dazu vor, wie sich die Kosten prozentual zusammensetzen. Aufgrund der bedarfsgerechten Einzelfallentscheidungen lässt sich auch keine valide Schätzung vornehmen.
- Welche Anstrengungen wird die Landesregierung in der laufenden Legislaturperiode unternehmen, um die unverhältnismäßig hohen Kosten in diesem Bereich deutlich zu reduzieren?
Grundsätzlich wird darauf hingewiesen, dass es keine Grundlage für die mit der Fragestellung verbundenen Vermutung gibt, dass es sich bei den Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge um unverhältnismäßig hohe Kosten handelt.
Im Übrigen ist anzumerken, dass die Jugendämter ihre Aufgaben im Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung in ausschließlich eigener Verantwortung erfüllen.
- Wie stellt sich die Altersstruktur der aktuell in NRW untergebrachten UMA dar? (Bitte analog zur Antwort auf die Große Anfrage 27, Anlage 27 listen)
Es wird davon ausgegangen, dass eine analoge Auflistung entsprechend der Antwort auf die Große Anfrage 21, Anlage 27 gemeint ist.
Angaben zu den verschiedenen Altersgruppen und zum Geschlecht bei vorläufigen Inobhut-nahmen von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen können für die Jahre 2014 bis 2021 der Anlage 1 entnommen werden. Angaben zum ersten Halbjahr des Jahres 2022 liegen bei IT.NRW noch nicht vor.
1 Kosten für die Unterbringung, Verpflegung, Betreuung, pädagogische Maßnahmen sowie sonstige Kosten.
2 Sollten keine genauen Daten vorliegen, reicht eine grobe Schätzung.
Anlage 1 zur Kleinen Anfrage 662
Vorläufige Inobhutnahmen für Kinder und Jugendliche 2014 – 2021
Schutzmaßnahmen für unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge 1) nach Alter und Geschlecht
Berichtsjahr | Kinder und Jugendliche insgesamt |
Geschlecht | Kinder und Jugendliche im Alter von | |||||||
männlich 2)3) | weiblich 3) | unter 3 Jahren | 3 bis unter 6 Jahren |
6 bis unter 9 Jahren |
9 bis unter 12 Jahren |
12 bis unter 14 Jahren |
14 bis unter 16 Jahren |
16 bis unter 18 Jahren |
||
2014 | 2201 | 2020 | 181 | 32 | 12 | 9 | 27 | 142 | 671 | 1308 |
2015 | 6246 | 5795 | 451 | 20 | 15 | 40 | 122 | 297 | 1441 | 4311 |
2016 | 11448 | 10377 | 1071 | 39 | 37 | 101 | 257 | 530 | 2648 | 7836 |
2017 | 5346 | 4573 | 773 | 25 | 24 | 49 | 86 | 183 | 1180 | 3799 |
2018 | 3257 | 2711 | 546 | 13 | 14 | 43 | 54 | 116 | 775 | 2242 |
2019 | 2108 | 1647 | 461 | 3 | 7 | 26 | 69 | 108 | 541 | 1354 |
2020 | 1796 | 1488 | 308 | 4 | 7 | 18 | 36 | 80 | 450 | 1201 |
2021 | 2490 | 2134 | 356 | 2 | 4 | 27 | 57 | 123 | 648 | 1629 |
- Kinder und Jugendliche mit dem Merkmal „Anlass der Maßnahme – unbegleitete Einreise aus dem Ausland“
- Ab dem Berichtsjahr 2017 werden Kinder und Jugendliche mit der Signierung des Geschlechts „ohne Angabe (nach § 22 Absatz 3 PStG)“ dem männlichen Geschlecht zugeordnet.
- Kinder und Jugendliche mit den Geschlechtsangaben „divers“ und „ohne Angabe“ (nach § 22 Absatz 3 PStG) werden in Geheimhaltungsfällen per Zufallsprinzip dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet.
Quelle: IT-NRW