Weibliche Genitalverstümmelung ans Licht bringen – Wirksame Maßnahmen gegen bar-barische Gewalt an Frauen ergreifen!

Antrag

Antrag
der Fraktion der AfD

Weibliche Genitalverstümmelung ans Licht bringen Wirksame Maßnahmen gegen bar­barische Gewalt an Frauen ergreifen!

I. Ausgangslage

Die Weltgesundheitsorganisation geht in einer aktuellen Schätzung davon aus, dass weltweit rund 200 Millionen Frauen und Mädchen von Genitalverstümmelung betroffen sind. Die Opfer des barbarischen Aktes leben vor allem in 30 Ländern in Afrika, dem Nahen Osten und Asien.1 Die meisten Frauen und Mädchen, die von FGM in Deutschland betroffen oder gefährdet sind, stammen aus den Ländern Irak, Nigeria, Ghana, Eritrea, Somalia, Ägypten, Indonesien und Kamerun.2 Die Praxis wird meist an jungen Mädchen im Alter zwischen vier und 15 Jahren durchgeführt. Dabei werden die Genitalien aus nicht-medizinischen Gründen verletzt bzw. teilweise oder vollständig entfernt, wobei sich verschiedene Beschneidungsformen unterschei­den lassen.3 Selbst innerhalb einer Region können erhebliche Unterschiede in der Form der Beschneidung auftreten. Bei den traditionellen weiblichen Genitalverstümmelungen in Afrika sind vornehmlich drei verschiedene Typen zu unterscheiden:

  1. Die teilweise oder vollständige Entfernung des äußerlich sichtbaren Teils der Klitoris ggf. mitsamt Klitorisvorhaut –
  2. Die Klitoridektomie mitsamt Entfernung der inneren Schamlippen (Labia minora) –-Exzision.
  3. Die Exzision mitsamt Aufschneiden der äußeren Schamlippen (Labia majora) und anschließendem Vernähen der gesamten Vulva; zwecks Ausfluss von Urin und Menstruationsblut verbleibt zumeist eine Öffnung auf Hirsekorngröße – 4

Alle diese Formen der irreversiblen Verstümmelung haben erhebliche psychische, physische und soziale Folgen und können sogar zum Tod führen. Neben dem psychischen Trauma ge­hören starke Schmerzen, Blutungen, Urinstau und Entzündungen zu den unmittelbaren Folgen der Praxis. Daneben leiden viele Frauen an Problemen beim Geschlechtsverkehr sowie wei­teren chronischen Schmerzen. Auch die Geburt eines Kinds kann durch die Verstümmelung beeinträchtigt sein, da Wehen ausbleiben und Geweberisse auftreten können, die für Mutter und Kind lebensgefährlich sein können.5 Die Folgen des Eingriffs für die Betroffene hat ein Facharzt für Gynäkologie wie folgt zusammengefasst: „Entwicklungsbiologisch entspricht die Klitoris der Frau dem Penis beim Mann. Eine vollständige oder auch Teil-Entfernung (Typ I nach WHO) würde beim Mann der teilweisen oder vollständigen Penisamputation entsprechen.“6

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Terre des Femmes haben da­her weltweit harsche Kritik an der weiblichen Genitalverstümmelung geäußert. Auch internationale staatliche Organisationen wie die Vereinten Nationen und UNICEF sehen die Prozedur als eine schwere Menschenrechtsverletzung an.7 In Deutschland sind derartige Ein­griffe laut § 226a des Strafgesetzbuches strafbar und stellen ein Verbrechen dar, das mit min­destens einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet wird.

Durch die Migration aus den betroffenen Ländern ist die Praxis auch nach Deutschland ge­kommen. Für das Jahr 2022 schätzt Terres de Femmes die Anzahl der Betroffenen im Land auf 103.947, 17.271 Mädchen würden in konkreter Gefahr schweben, verstümmelt zu werden.8 Für NRW liege die Zahl der Betroffenen bei rund 22.483, mehr als 3.867 Mädchen seien be-droht.9

Das Phänomen der weiblichen Genitalverstümmelung kann dabei nicht einfach vom Islam ge­trennt werden, wie Thomas von der Osten-Sacken, Geschäftsführer der Menschenrechtsor­ganisation WADI, in einem Interview betonte: „Ja, lange Zeit hieß es, dass die weibliche Ge­nitalverstümmelung nichts mit dem Islam zu tun habe, sondern nur mit Tradition und Kultur. Das ist natürlich Unsinn. So wird FGM in Asien fast ausschließlich von Muslimen praktiziert. Und interessanterweise ist es so, dass es sehr lange gedauert hat, bis erkannt wurde, dass FGM auch in asiatischen Ländern ein großes Problem ist. Erst im Jahr 2016 hat die UN endlich zugestanden, dass ihre alten Zahlen überhaupt nicht adäquat gewesen sind, weil sie sich im­mer nur auf Afrika bezogen haben. Sie spricht nun von 200 Millionen betroffenen Mädchen und Frauen weltweit, während zuvor von 120–130 Millionen Betroffenen die Rede war.“10

Demgegenüber überrascht, dass es in der Polizeilichen Kriminalstatistik keinerlei Zahlen zum Phänomenbereich gibt. Der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeord­neten Enxhi Seli-Zacharias der AfD-Fraktion zur Genitalverstümmelung in NRW (Drucksache 18/1856) ist zu entnehmen, dass der Wirkungsbereich der Norm extrem gering ist. Die Straftat wird meist im Ausland durchgeführt, wo sie kein Delikt darstellt, und wird in den dortigen Pa­rallelgesellschaften oftmals auch noch gutgeheißen. Fast 10 Jahre nach Erhebung der Ver­stümmelung zu einem Straftatbestand ist in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) bisher erst ein Fall im Jahr 2021 erfasst worden. Wie aus der Antwort der Landesregierung hervorgeht, wurde das Ermittlungsverfahren in diesem Fall jedoch eingestellt, da der Täter unbekannt und nicht ermittelbar war. Des Weiteren sind keine Verurteilungen gemäß § 226 a StGB erfolgt.11

Bereits 2018 äußerte sich der damalige und derzeitige Innenminister Hebert Reul angesichts der amtlichen Statistik bezüglich weiblicher Genitalverstümmelung überrascht. Es sei schwer zu glauben, dass bisher kein einziger Fall in NRW als Straftat angezeigt worden sei. Bereits damals forderte er: „Diese Mauer des Schweigens müssen wir dringend durchbrechen.“12

Seit diesem Interview ist jedoch wenig passiert, wie die oben zitierten neuen Schätzungen zeigen. Der im Jahr 2019 von den Fraktionen von CDU und FDP eingebrachte Antrag „Geni­talverstümmelung ist eine Menschenrechtsverletzung – Verletzungen von Körper und Seele von Kindern, Mädchen und Frauen entschieden entgegentreten“ (Drucksache 17/5067) hat bisher kaum Wirkung entfalten können. So forderte der Antrag die Landesregierung lediglich dazu auf, Schulungsangebote für Fachkräfte etc. aufzulegen und Informationskampagnen für die Öffentlichkeit zu initiieren.

Es ist richtig, dass Schulungen für Fachkräfte in Gesundheitswesen, Pädagogik und Sozialar­beit ein wichtiger Schritt sind, um eine bessere Unterstützung und Versorgung von betroffenen Frauen und Mädchen sicherzustellen. Durch diese Schulungen können die Fachkräfte besser für das Thema FGM sensibilisiert werden und lernen, wie sie betroffene Frauen und Mädchen identifizieren und ihnen helfen können.

Allerdings ist es wichtig zu betonen, dass Schulungen alleine keine ausreichende Lösung für das Problem der Genitalverstümmelung darstellen. Es ist unumgänglich, dass auch die Straf­verfolgung der Täter verstärkt wird, um das Thema künftig zu verhindern. Nur wenn FGM als Verbrechen konsequent geahndet und die Täter zur Verantwortung gezogen werden, kann dies dazu beitragen, dass die Praxis der Genitalverstümmelung in Deutschland langfristig zu­rückgedrängt wird.

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Die Genitalverstümmelung stellt einen Missbrauch des Sorgerechts und einen Verstoß gegen die Menschenrechte dar.
  2. Der Akt der Genitalverstümmelung gegen Erwachsene und vor allem Kinder ist zu äch­ten.
  3. Die Opfer von Genitalverstümmelung benötigen besondere rechtsstaatliche Unterstüt­zung und Schutz.
  4. Betroffene und ihr Umfeld schrecken zu oft vor einer Anzeige der Straftat zurück.
  5. Die weibliche Genitalverstümmelung ist kein rein „afrikanisches“ Phänomen, sondern betrifft auch den Nahen Osten und Asien.
  6. Die weibliche Genitalverstümmelung hat ihren Ursprung in spezifischen kulturellen und religiösen Umfeldern und hängt eng mit dem Islam zusammen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. eine Einbindung der Islamverbände am runden Tisch Genitalverstümmelung vorzuneh­men.
  2. zu ermitteln, inwieweit in muslimischen Gemeinden offen für die Praxis geworben wird und gegen ein solches Werben vorzugehen.
  3. eine regelmäßige Evaluation über die Entwicklung der weiblichen Genitalverstümmelung in Nordrhein-Westfalen durchzuführen, um ein Lagebild der aktuellen Situation und der zukünftigen Entwicklung festzustellen und dementsprechend den eventuell weitergehenden Förderbedarf für eine Weiterentwicklung des Programmes evaluieren zu können.
  4. Fortbildungen von Ärzten, Erziehern & Lehrern als Bindeglied zum Rechtsstaat zu etab­lieren, da diese als Kontaktperson zu dieser Klientel fungiert, die in zementierten Paral­lelgesellschaften lebt. Sie müssen für die Problemlage der Strafbarkeit solcher an Frauen und Mädchen durchgeführter oder drohender Eingriffe hinreichend sensibilisiert und geschult werden, um diese frühzeitig zu erkennen und im rechtlich abgesicherten Rahmen melden zu können.
  5. eine Kooperation mit Gynäkologen in NRW aufzubauen, damit diese im Bedarfsfall eine Meldung von weiblicher Genitalverstümmelung vornehmen können.

Enxhi Seli-Zacharias
Andreas Keith
Dr. Martin Vincentz

und Fraktion

 

Antrag als PDF

 

 

1 h t t p s : / / w w w . w h o . i n t /news-room/fact-sheets/detail/female-genital-mutilation.

2 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.): Eine empirische Studie zu weibliche Geni­talverstümmelung in Deutschland. Daten – Zusammenhänge – Perspektiven, Freiburg 2017, hier S. 14, online un­ter: h t t p s : / / w w w . n e t z w e r k – i n t e g r a . d e/wp-content/uploads/2021/07/Eine-empirische-Studie-zu-Genitalverstuemmelung-in-Deutschland.pdf.

3 h t t p : / / w w w . s t o p – m u t i l a t i o n . o r g /informationen.asp#formen.

4 h t t p : / / w w w . m a m a – a f r i k a . o r g /seite/257488/definition.html.

5 h t t p s : / / w w w . b m z . d e /de/themen/frauenrechte-und-gender/gewalt-gegen-frauen-und-maedchen/fgm-weibliche-genitalverstuemmelung.

6 h t t p : / / w w w . s t o p – m u t i l a t i o n . o r g /informationen.asp#formen.

7 h t t p s : / / w w w . b p b . d e / kurz-knapp/hintergrund-aktuell/284943/6-februar-internationaler-tag-gegen-weibliche-genitalverstuemmelung/.

8 Terres de Femmes (Hg.), Weibliche Genitalverstümmelung in Deutschland. Dunkelzifferschätzung 2022, online unter: h t t p s : / / w w w . f r a u e n r e c h t e . d e / images/aktuelles/2022/FGM/2022_Dunkelziffer-scha%CC%88tzung_final.pdf, S. 4.

9 Ders., S. 14. Auch die Landesregierung stütz sich bei ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der AfD-Fraktion auf Terres de Femmes (vgl. Drucksache 18/1856).

10 h t t p s : / / h p d . d e / artikel/weibliche-genitalverstuemmelung-hat-auch-etwas-dem-islam-tun-15408. Diese Aussage wird dadurch bestätigt, dass gerade Länder Afrikas mit hohem muslimischem Bevölkerungsanteil beson­ders hohe Opferzahlen bei der weiblichen Genitalverstümmelung aufweisen.

11 Laut Antwort der Landesregierung handelte es sich bei der Verurteilung aus dem Jahr 2017 um eine Fehleintra­gung einer Berichtsstelle.

12 h t t p s : / / w w w . a e r z t e b l a t t . d e / nachrichten/91938/Dunkelziffer-bei-Genitalverstuemmelungen-alar-miert-Landesregierung-in-NRW.