Kleine Anfrage 4730
des Abgeordneten Dr. Christian Blex AfD
Werbung im Kontext des Lehrermangels
Das Interesse am Lehrberuf sank in den letzten Jahren auf ein gefährliches Niveau. Zu geringe Einsteigerzahlen, hohe Abbrecherzahlen und Umorientierungen in die freie Wirtschaft prägen die nordrhein-westfälische Schullandschaft und setzen sie unter starken Druck. Der Lehrkräftetrichter des Stifterverbandes zeichnete schon 2023 ein dramatisches Bild: Von den rund 52.000 Studienanfängern blieben unseren Bildungseinrichtungen lediglich 28.000 Absolventen des Referendariats erhalten.1
Dieser Entwicklung möchte die Landesregierung mit zahlreichen Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen begegnen. Das „Handlungskonzept Unterrichtsversorgung“ wurde in etlichen Ausschusssitzungen und Plenarreden erwähnt, nachhaltige Abhilfe schaffte es bisher jedoch nicht. Darin wird unter anderem ein Ausbau der Onlinewerbung für die jüngere Zielgruppe beschrieben, welcher 2023 mit 1.000.000 € ausgestattet werden sollte.2 In der Fortschreibung des Programms ist hingegen keine erneute Nennung dieser Maßnahme auffindbar. Ein Grundbaustein einer guten Personalpolitik ist jedoch die kontinuierliche Nachwuchsgewinnung. Hierbei muss die Zielgruppe für den Lehrberuf erfolgreich angesprochen und von der Idee des Studienbeginns, Seiteneinstiegs oder gar der Rückkehr in den bereits erlernten Beruf überzeugt werden. Vorteile wie die gute Vergütung, gesellschaftliche Anerkennung und die hohe Relevanz des Berufsfelds müssen zentraler Aspekt der Werbekampagnen sein.
Die Schullandschaft spürt zudem eine Differenz in der Geschlechterverteilung. Der Lehrberuf ist in vielen Schulformen stark weiblich geprägt, insbesondere an Grundschulen, wo 2023/24 nur knapp 10,3% Männer arbeiteten. Hierbei gilt es zu erörtern, inwiefern ungenutztes Personalpotenzial vorliegt und mit welchen Mitteln diese erhebliche Differenz ausgeglichen werden kann, um mehr Lehrkräfte verfügbar zu machen.
Ein Blick auf die laufenden Werbemaßnahmen des Bildungsministeriums werfen jedoch Fragen über Zielgruppe, Design und Effektivität auf. Das Programm „Was ist deine Lehrkraft?“3 erzielt in den sozialen Medien lediglich wenige tausend Aufrufe und geringe Interaktionszahlen. Auch die offiziellen Netzauftritte des Bildungsministeriums scheinen nicht optimiert zu sein.
Unter diesen Gesichtspunkten frage ich die Landesregierung:
- Welche Werbemaßnahmen existieren in Nordrhein-Westfalen für die verschiedenen Lehrberufe bzw. den damit verbundenen Ausbildungs- und Einstiegswege? (Bitte sämtliche Werbungen, Netzauftritte in sozialen Medien etc. auflisten und verlinken)
- Welche Zugriffszahlen wurden für die einzelnen Werbemaßnahmen erzielt? (Bitte aufschlüsseln nach Maßnahmen, Zahlen wie Zugriffe, Expositionen, Interaktionen etc.)
- Wie hoch waren die Kosten für die einzelnen Maßnahmen im Jahr 2023/24?
- Welche geschlechterspezifischen Werbemaßnahmen wurden im Jahr 2023/24 geschaltet bzw. sind in den kommenden Jahren geplant?
- Welche Werbemaßnahmen plant die Landesregierung für die kommenden Jahre im Allgemeinen, insbesondere jedoch hinsichtlich KI und sozialer Medien?
Dr. Christian Blex
1 https://www.stifterverband.org/sites/default/files/2023-07/lehrkraeftetrichter.pdf
2 https://www.schulministerium.nrw/system/files/media/document/file/handlungskonzept-unterrichtsversorgung-14-12-2022.pdf, S. 6
3 https://www.lehrkraft-werden.nrw/
Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 4730 mit Schreiben vom 5. Dezember 2024 namens der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Die Lehrkräftewerbekampagne mit dem Claim „Was ist deine Lehrkraft?“ ist Teil des Handlungskonzepts Unterrichtsversorgung vom 14. Dezember 2022 und wurde am 22. Januar 2024 in der Landespressekonferenz vorgestellt.
Die Landesregierung wirbt mit der Lehrkräftewerbekampagne gezielt um junge Menschen mit Abitur sowie um Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger, sich für den Beruf der Lehrkraft zu entscheiden. Mit der Lehrkräftewerbekampagne werden adressatenspezifisch und offensiv Lehrkräfte für den Schuldienst angeworben. Da sich die Beschäftigungsaussichten in den einzelnen Lehrämtern und Schulformen deutlich unterscheiden, erfolgt dies lehramts- und fächerspezifisch. Die Kampagne vermittelt eine hohe Wertschätzung für den Lehrkräfteberuf, für die Lehrkräfte in den Schulen sowie für angehende Lehrkräfte im Studium und Referendariat.
- Welche Werbemaßnahmen existieren in Nordrhein-Westfalen für die verschiedenen Lehrberufe bzw. den damit verbundenen Ausbildungs- und Einstiegswege? (Bitte sämtliche Werbungen, Netzauftritte in sozialen Medien etc. auflisten und ver-linken)
Seit dem 22. Januar 2024 wirbt die Landesregierung mit dem Claim „Was ist deine Lehrkraft?“ und einem modernen Design für den Lehrkräfteberuf in Nordrhein-Westfalen. Die Kampagne bündelt verschiedene aufeinander abgestimmte Werberouten und -maßnahmen. Zum Ausspielen der einzelnen Kampagnenmodule werden verschiedene Plattformen und Kanäle insbesondere im digitalen Raum genutzt, um die Zielgruppen bestmöglich zu erreichen. Mit den verschiedenen Modulen wird die Aufmerksamkeit für den Lehrkräfteberuf gesteigert, werden die Gründe, warum es sich lohnt, den Beruf der Lehrkraft auszuüben, wertschätzend herausgestellt und über die möglichen Ausbildungsverläufe und jeweiligen Herausforderungen informiert.
Folgende Werbemaßnahmen werden mit der Lehrkräftewerbekampagne umgesetzt:
- Online-Marketing – Eigener Kanal inkl. Anzeigen (Paid Post):
– https://www.instagram.com/lehrkraft_werden.nrw
– https://www.facebook.com/lehrkraftwerden.nrw
– https://www.youtube.com/@Lehrkraft_werden_nrw
Nur Anzeigenschaltungen:
– TikTok – https://www.tiktok.com/de-DE
– Google Ads – www.google.com (z.B. Suchstring: lehrkraft werden)
– Bing Ads – www.bing.com (z.B. Suchstring: lehrkraft werden)
– Taboola Ads – https://discover.taboola.com
– Spotify Ads – https://open.spotify.com/intl-de
– Study Smarter Ads – https://www.studysmarter.de
– Studyflix Ads – https://studyflix.de
- Webseite als Landing-Page
– https://www.lehrkraft-werden.nrw
- Messen
– https://www.ingenieur.de/recruiting-tag
- Print-Produkte
- Give-Aways
- Welche Zugriffszahlen wurden für die einzelnen Werbemaßnahmen erzielt? (Bitte aufschlüsseln nach Maßnahmen, Zahlen wie Zugriffe, Expositionen, Interaktionen etc.)
- Wie hoch waren die Kosten für die einzelnen Maßnahmen im Jahr 2023/24? Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Im Haushaltsjahr 2024 steht für die Lehrkräftewerbekampagne eine Million Euro zur Verfügung.
Die nachfolgende Tabelle zeigt die spezifischen Kosten, sofern sie den Werbemaßnahmen eindeutig zuzuordnen sind sowie Zugriffszahlen im Werbezeitraum vom 22. Januar 2024 bis 31. Oktober 2024 (Stichtag):
Impressions | Klicks | Kosten in Euro | |
Online-Marketing | 95.400.000 | 481.964 | 407.000 |
Webseite | 523.176 | 61.000 | |
Messen | 32.000 | ||
Print-Produkte | 64.000 | ||
Give-Aways | 13.000 |
Mit den sogenannten Impressions wird die Zahl der optischen Einblendungen von Onlineinhalten gemessen. Verzeichnet werden sämtliche Sichtkontakte der Nutzerinnen und Nutzer mit einem digital ausgespielten Element.
Klickt eine Nutzerin oder ein Nutzer auf Instagram, TikTok, Taboola, Google Ads, Bing Ads, Spotify oder Facebook auf eine der eingeblendeten Anzeigen, führt dieser Klick zur Kampagnenwebseite www.lehrkraft-werden.nrw. Als Landing-Page stellt diese Webseite grundlegende Informationen zu den verschiedenen Ausbildungsmöglichkeiten zur Verfügung. Darüber hinaus verweist die Webseite auf weiterführende Informationen unter anderem der Hochschulen, Kontakte der Beratungsstellen und Einstellungschancen.
Das für einen bestimmten Zeitraum gebuchte sogenannte „Ausspielen“ der Anzeigen erfolgte nur für den Raum Nordrhein-Westfalen. In rund 42.000 Fällen wurde die Webseite über die Tastatur direkt eingeben (type in). Von der Webseite wurden 68.000 Klicks von Interessierten gezählt, die direkt zu den Informations- und Beratungsmöglichkeiten der lehrkräfteausbilden-den Universitäten und Hochschulen in Nordrhein-Westfalen führen. Die auf der Webseite angebotenen Beratungsmöglichkeiten des Landes wurden seither für rund 9.000 telefonische sowie per Mail geführte Beratungen durch Interessierte genutzt, die durch das Landesamt für Qualitätssicherung und Informationstechnologie der Lehrerausbildung (LAQUILA) durchgeführt werden. Rund 1.750 Beratungsgespräche wurden auf Berufseinsteiger- und Berufsmessen geführt.
Für Konzeptions- und Organisationsleistungen der beauftragten Kommunikationsagentur sind rund 340.000 Euro veranschlagt.
- Welche geschlechterspezifischen Werbemaßnahmen wurden im Jahr 2023/24 geschaltet bzw. sind in den kommenden Jahren geplant?
Die Werbemaßnahmen im Rahmen der laufenden Lehrkräftewerbekampagne richten sich an Schülerinnen und Schüler der Oberstufe, Abiturientinnen und Abiturienten, Fachkräfte für den Seiteneinstieg und Lehrkräfte, die bereits im Schuldienst sind. Im Rahmen der Lehrkräftewer-bekampagne wurde beziehungsweise wird auf eine ausgewogene und vielfältige Darstellung von Lehrkräften Wert gelegt.
- Welche Werbemaßnahmen plant die Landesregierung für die kommenden Jahre im Allgemeinen, insbesondere jedoch hinsichtlich KI und sozialer Medien?
Die aktuelle Lehrkräftewerbekampagne wird parallel zu den in der Antwort auf Frage 1 aufgeführten und laufenden Maßnahmen kontinuierlich weiterentwickelt und im Jahr 2025 fortgesetzt. Künstliche Intelligenz kann dabei ein nützliches Werkzeug sein. Die sozialen Medien als digitale Kommunikationsplattformen werden auch im Jahr 2025 eine zentrale Rolle innerhalb der laufenden Lehrkräftewerbekampagne einnehmen.