Wie viele Beamte wurden in Nordrhein-Westfalen suspendiert?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1291

der Abgeordneten Markus Wagner und Enxhi Seli-Zacharias vom 09.02.2023

Wie viele Beamte wurden in Nordrhein-Westfalen suspendiert?

„Bei Straftaten, die in hohem Maße das Grundvertrauen in den Staat erschüttern, müssen Beamte ohne weitere Verzögerung aus dem Dienst entfernt werden können.“1

Das kündigte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) an, nachdem die Debatte über Extremisten im Staatsdienst zusätzlich befeuert wurde. Hintergrund ist die deutschlandweit durchgeführte Großrazzia gegen mutmaßliche Verschwörer aus der Reichsbürgerszene im vergangenen Jahr.

Eine Suspendierung nach Bundesdisziplinargesetz oder Bundesbeamtengesetz erfolgt dann, wenn ein Verdacht auf schwerwiegende Verstöße gegen die Beamtenpflichten vorliegt. Beispielhaft für den Verdacht auf schwerwiegende Verstöße gegen die Beamtenpflichten sind unter anderem der Verdacht der Volksverhetzung, der Verbreitung und des Erwerbs kinderpornografischer Schriften, des sexuellen Missbrauchs sowie einer Reichsbürgerzugehörigkeit.2

In Abschnitt 4 des Landesbeamtengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen geht es um die Beendigung des Beamtenverhältnisses. Paragraph 27 (Fn 8) Absatz 1 und 2 führt dazu Folgendes aus:

„Beamtinnen und Beamte sind zu entlassen, wenn sie bei Übertragung eines Amtes, das kraft Gesetzes mit dem Mandat unvereinbar ist, Mitglied des Europäischen Parlaments, des Bundestages oder des Landtags waren und nicht innerhalb der von der obersten Dienstbehörde gesetzten angemessenen Frist ihr Mandat niederlegen.

Beamtinnen und Beamte sind ferner zu entlassen, wenn sie als Beamtinnen und Beamte auf Zeit ihrer Verpflichtung nach § 4 letzter Satz und § 119 Absatz 2 Satz 4 nicht nachkommen.“3

Darüber hinaus sorgte ein Fall im vergangenen Jahr für Schlagzeilen, als das Land NRW eine Lehrerin suspendierte, weil sie die Corona-Schutzmaßnahmen in ihrer Schule nicht umsetzte. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf lehnte einen gerichtlichen Antrag der Grundschullehrerin gegen die Suspendierung ab und begründete die Entscheidung damit, dass die Lehrerin wiederholt die zu der Zeit geltenden Vorgaben in der Klasse vorsätzlich nicht ordnungsgemäß ausgeführt habe. Außerdem habe die Lehrerin durch ihr uneinsichtiges Verhalten den Anschein erweckt, dass sie weder derzeit noch in Zukunft bereit sei, rechtlichen Regelungen oder dienstlichen Anweisungen Folge zu leisten, wenn sie diese für rechtswidrig oder unzweckmäßig halte.4

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Beamte in Nordrhein-Westfalen wurden seit 2010 bis heute suspendiert? (Bitte nach Jahr, Besoldungsgruppe, Landesbehörde sowie Dauer der Suspendierung aufschlüsseln.)
  2. Wie viele Beamte sind in Nordrhein-Westfalen gegenwärtig vom Dienst suspendiert?
  3. Welche Gründe lagen für die gemäß Frage eins bzw. zwei erfolgten Suspendierungen vor?
  4. Welche der in den Fragen eins bzw. zwei abgefragten, durch Suspendierung frei gewordenen Stellen wurden wieder besetzt?
  5. Das Disziplinargesetz für das Land Nordrhein-Westfalen listet unter Teil 2 Disziplinarmaßnahmen auf und sieht unter § 5 (Fn 2) fünf Disziplinarmaßnahmen gegen Beamte vor:5

1. Verweis (§ 6)
2. Geldbuße (§ 7)
3. Kürzung der Dienstbezüge (§8)
4. Zurückstufung (§ 9)
5. Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10)

Auf welche dieser aufgeführten Disziplinarmaßnahmen wurde seit 2010 bis heute in Nordrhein-Westfalen zurückgegriffen? (Bitte nach Jahr, Besoldungsgruppe und Landesbehörde sowie Grund der Disziplinarmaßnahme aufschlüsseln.)

Markus Wagner
Enxhi Seli-Zacharias

 

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1 Vgl. htt p s : / /www. H a n d e l s blatt.com/politik/deutschland/nach-reichs b u e r g e r-razzia-n r w-will-beamte-bei-v o l k s verhetzung-schneller-ent lassen-koennen/ 28 86 0 8 8 0.h t m l.

2 Vgl. Drucksache 19/21158, S. 2.

3 Vgl. htt p s :/ / recht. N r w .de/lmi/owa/br _ te x t _an zeigen?v_id = 6102 01 6 0 7 041 40450 650.

4 Vgl. htt p s : / /dorsten- o n l i n e .de/lehrerin-darf-sus pen diert-werden-wenn-sie-corona s c h u t z mass nahmen-miss a c h t e t/.

5 Vgl. htt p s : / /recht. N r w .de/lmi/o w a/br_text_an zeigen?v_ i d= 212 01 00 1 1 410 133 680 1.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1291 mit Schreiben vom 10. März 2023 na­mens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten sowie allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie viele Beamte in Nordrhein-Westfalen wurden seit 2010 bis heute suspendiert? (Bitte nach Jahr, Besoldungsgruppe, Landesbehörde sowie Dauer der Suspendie­rung aufschlüsseln.)

Zunächst wird darauf hingewiesen, dass nach Landesrecht allgemein zu Begriff, Vorausset­zungen und Folgen einer sogenannten Suspendierung folgendermaßen unterschieden wird: Suspendierungen kommen gemäß § 38 des Landesdisziplinargesetzes (LDG NRW) als vor­läufige Dienstenthebung insbesondere dann in Betracht, wenn im Disziplinarverfahren voraus­sichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden oder wenn bei einer Per­son im Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Widerruf voraussichtlich eine Entlassung nach § 5 Abs. 3 in Verbindung mit § 23 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 des Beamtenstatusgesetzes (Be-amtStG) erfolgen wird. Die Beamtin oder der Beamte kann außerdem vorläufig des Dienstes enthoben werden, wenn durch das Verbleiben im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlun­gen wesentlich beeinträchtigt würden und die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht.

Nach § 39 des BeamtStG kommt eine Suspendierung als Verbot der Führung der Dienstge­schäfte in Betracht, wenn dafür zwingende dienstliche Gründe gegeben sind.

Eine strukturierte Erfassung der ausgesprochenen Suspendierungen findet nicht statt. Um die Frage zu beantworten, müssten folglich sämtliche Personalakten der jeweiligen Behörden hän­disch ausgewertet werden. Eine solche händische Auswertung ist im Rahmen der für die Be­antwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit – zumal angesichts zahlrei­cher seit 2010 eingetretener Umressortierungen – nicht zu leisten.

  1. Wie viele Beamte sind in Nordrhein-Westfalen gegenwärtig vom Dienst suspen­diert?

Derzeit sind 211 Beamtinnen und Beamte des Landes Nordrhein-Westfalen vom Dienst sus­pendiert.

  1. Welche Gründe lagen für die gemäß Frage eins bzw. zwei erfolgten Suspendierun­gen vor?

Eine strukturierte Erfassung der Gründe für die ausgesprochenen Suspendierungen findet nicht statt. Um die Frage zu beantworten, müssten folglich sämtliche Personalakten der jewei­ligen Betroffenen händisch ausgewertet werden. Eine solche händische Auswertung ist jedoch im Rahmen der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

  1. Welche der in den Fragen eins bzw. zwei abgefragten, durch Suspendierung frei gewordenen Stellen wurden wieder besetzt?

Da die Stelle einer Beamtin oder eines Beamten bei einer vorläufigen Dienstenthebung nicht „frei“ wird, solange die Person nicht aus dem Dienst ausscheidet, kommt eine Nachbesetzung grundsätzlich nicht in Betracht.

  1. Das Disziplinargesetz für das Land Nordrhein-Westfalen listet unter Teil 2 Diszip­linarmaßnahmen auf und sieht unter § 5 (Fn 2) fünf Disziplinarmaßnahmen gegen Beamte vor:

1. Verweis (§ 6)
2. Geldbuße (§ 7)
3. Kürzung der Dienstbezüge (§8)
4. Zurückstufung (§ 9)
5. Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10)

Auf welche dieser aufgeführten Disziplinarmaßnahmen wurde seit 2010 bis heute in Nordrhein-Westfalen zurückgegriffen? (Bitte nach Jahr, Besoldungsgruppe und Landesbehörde sowie Grund der Disziplinarmaßnahme aufschlüsseln.)

Disziplinarmaßnahmen unterliegen nach einem gewissen Zeitablauf dem Verwertungsverbot des § 16 Abs. 1 LDG NRW. Danach darf ein Verweis nach zwei Jahren, eine Geldbuße oder die Kürzung der Dienstbezüge nach drei Jahren sowie eine Zurückstufung nach sieben Jahren bei weiteren Disziplinar- oder Personalmaßnahmen keine Berücksichtigung mehr finden. Dies gilt auch für Disziplinarvorgänge, die nicht zu einer Disziplinarmaßnahme geführt haben. Die entsprechenden Daten sind gemäß § 16 Abs. 3 LDG NRW zu löschen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.

 

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