Wie viele Personen sollen in die geplanten ZUE Gladbeck im Hotel Van der Valk maximal untergebracht werden, 620 oder 1.112?

Kleine Anfrage
vom 11.07.2023

Kleine Anfrage 2099

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Wie viele Personen sollen in die geplanten ZUE Gladbeck im Hotel Van der Valk maximal untergebracht werden, 620 oder 1.112?

Anlässlich der Aussprache zum Antrag der AfD-Fraktion „Die Planungen zur Errichtung einer Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) im 4-Sterne-Hotel „Van der Valk“ in Gladbeck sind umgehend einzustellen – Die Ministerin für Flucht und Integration muss die skandalösen Umstände vollständig aufklären“1 am 14. Juni 2023 wollte die Ministerin für Flucht und Integration, Josefine Paul, die Diskrepanz im Zusammenhang mit der geplanten Belegungszahl in der geplanten ZUE Gladbeck nicht aufklären.

Die Ministerin wurde in der Rede der Abgeordneten Seli-Zacharias der Fraktion der AfD nach der Diskrepanz zwischen den Zahlen im „letter of intent“ (620 Personen) und im Bebauungsplan (1.112 Personen) befragt.

Anlässlich einer Ratssitzung in Gladbeck waren nur einen Tag später, am 15. Juni 2023, sowohl der Staatssekretär im Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes NRW, Lorenz Bahr, als auch der Regierungspräsident der Bezirksregierung Münster, Andreas Bothe, anwesend.2 Beide sprachen übereinstimmend von einer geplanten aktiven Kapazität von 620 Personen.

Dabei finden sich im Bebauungsplan sehr detaillierte Zahlen, die auf 1.112 unterzubringende Personen hindeuten.

So sind im Einzelnen vorgesehen:

Erdgeschoss Bettentrakt (EG): (Alleinreisende Männer)

37 Zimmer (3 Stockbetten pro Zimmer; 6 Personen): 222 Personen
12 Zimmer (4 Stockbetten pro Zimmer; 8 Personen): 96 Personen
3 Isolationszimmer (Einzelbelegung): 3 Personen

Obergeschoss Bettentrakt (OG 1): (Alleinreisende Männer)

37 Zimmer (3 Stockbetten pro Zimmer; 6 Personen): 222 Personen
12 Zimmer (4 Stockbetten pro Zimmer; 8 Personen): 96 Personen
3 Isolationszimmer (Einzelbelegung): 3 Personen

Obergeschoss Bettentrakt (OG 2): (Familien)

37 Zimmer (3 Stockbetten pro Zimmer; 6 Personen): 222 Personen
12 Zimmer (4 Stockbetten pro Zimmer; 8 Personen): 96 Personen
3 Isolationszimmer (Einzelbelegung): 3 Personen

Dachgeschoss Bettentrakt (DG): (Frauen und vulnerable Personen)

2 Zimmer (1 Stockbetten pro Zimmer; 2 Personen): 4 Personen
15 Zimmer (2 Stockbetten pro Zimmer; 4 Personen): 60 Personen
7 Zimmer (3 Stockbetten pro Zimmer; 6 Personen): 42 Personen
5 Zimmer (4 Stockbetten pro Zimmer; 8 Personen): 40 Personen

3 Isolationszimmer (Einzelbelegung): 3 Personen

Daraus ergibt sich auf 4 Etagen verteilt eine Gesamtbelegung von max. 1.112 Personen.

Zusätzlich sind in der geplanten ZUE gemäß Bebauungsplan u. a. vorgesehen: Büroräume, Klassen- und Lehrerzimmer für das schulnahe Angebot, Kursräume für Erstorientierungs- und Deutschkurse, ein Fitness- und Gymnastikraum, eine Sanitätsstation, eine Beschwerdestelle, eine Rückkehrberatungsstelle, ein Raum für die Taschengeldausgabe, eine Frauencafé, eine Kleiderkammer, ein Fernsehraum und drei Gebetsräume.

Bezugnehmend auf diese von Seiten der AfD-Ratsfraktion Gladbeck an die Öffentlichkeit gebrachten Zahlen sagte der Regierungspräsident der Bezirksregierung Münster, Andreas Bothe, lediglich: „Ich werde die kolportierten Zahlen, die in vollkommen verantwortungsloser Weise mit sehr deutlich erkennbarer Absicht von einer Fraktion ihres Stadtrates verbreitet worden sind, nicht kommentieren. Aber selbst, wenn sie wahr wären, sie wären gleichwohl angemessen und vertretbar.“

Dem Angebot der AfD-Ratsfraktion Gladbeck, diese Diskrepanz anlässlich der Ratssitzung auf erneute Nachfrage hin aufzuklären, kamen weder der Staatssekretär noch der Regierungspräsident nach.3 Auch die Aussage des Staatssekretärs, wonach es sich um Zimmer mit einer 4-Personen-Belegung handeln soll passt nicht mit den Angaben im Bebauungsplan zusammen.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Über welche Aufnahmekapazität wird aktuell mit dem Hotel Van der Valk verhandelt, 620 Personen gem. „letter of intent“ oder 1.112 Personen gem. Bebauungsplan?
  2. Wie erklärt sich die Diskrepanz zwischen den Zahlen gem. „letter of intent“ und gem. Bebauungsplan?
  3. Warum verweist Staatssekretär Bahr anlässlich der Ratssitzung in Gladbeck auf eine Zimmerbelegung mit 2 Stockbetten und zusammen max. 4 Personen, wo doch gem. Bebauungsplan nur 15 Zimmer in dieser Konfiguration vorgesehen sind?
  4. Gemäß Bebauungsplan ist in insgesamt 118 Zimmern eine Belegung mit 3 Stockbetten (also max. 6 Personen) und in 41 Zimmern gar eine Belegung 4 Stockbetten (also max. 8 Personen) vorgesehen. 49 dieser Zimmer sind für Familien (2. OG) und 12 Zimmer für Frauen und vulnerable Personen (Dachgeschoss) vorgesehen. Die übrigen 98 Zimmer mit dieser Belegungszahl sind für alleinreisende Männer vorgesehen. Wie gedenkt die Landesregierung insbesondere im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss, wo ausschließlich alleinreisende Männer untergebracht werden sollen, dem erhöhten Konfliktpotential der untergebrachten Personen, mit unterschiedlichen Nationalitäten und unterschiedlichen ethnischen Befindlichkeiten zu begegnen?
  5. Inwiefern ist nach Ansicht der Landesregierung dem Schutz von Frauen, Familien und vulnerablen Personen Genüge getan, wenn die Separierung zu alleinreisenden Männern nur über die Etage, nicht aber über ein separates Gebäude mit separaten Notausgängen (z.B. im Falle von Tumultlagen) gegeben ist?

Enxhi Seli-Zacharias

 

Anfrage als PDF

 

1 Vgl. Lt.-Drucksache 18/4576

2 Vgl. https:// mein -livestream.de/stream/stadtgladbeck15062023/stream.html

3 Ebd.


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 2099 mit Schreiben vom 14. August 2023 namens der Landesregierung beant­wortet.

  1. Über welche Aufnahmekapazität wird aktuell mit dem Hotel Van der Valk verhan­delt, 620 Personen gem. „letter of intent“ oder 1.112 Personen gem. Bebauungs­plan?
  2. Wie erklärt sich die Diskrepanz zwischen den Zahlen gem. „letter of intent“ und gem. Bebauungsplan?

Die Fragen 1 und 2 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Das Land plant und verhandelt eine Belegung mit 620 Personen, auch wenn die Kubatur und die innere Aufteilung der Gebäude eine höhere Zahl von Unterbringungsplätzen ermöglichen könnte.

  1. Warum verweist Staatssekretär Bahr anlässlich der Ratssitzung in Gladbeck auf eine Zimmerbelegung mit 2 Stockbetten und zusammen max. 4 Personen, wo doch gem. Bebauungsplan nur 15 Zimmer in dieser Konfiguration vorgesehen sind?

Die von Herrn Staatssekretär Bahr getätigte Aussage ist ausdrücklich beispielhaft und nicht generell auf alle Zimmer zu übertragen. Die Aussage lautete (vgl. hierzu den unter https://mein-livestream.de/stream/stadtgladbeck15062023/stream.html  abrufbaren Livestream der Sitzung des Rates der Stadt Gladbeck, dort ab Minute 35’17): „Und standardge­recht ist nicht gleichzusetzen mit einer Luxus-Unterbringung. Die Ausstattung der Zimmer wird angepasst, und würde eben hier auch in Gladbeck angepasst, zum Beispiel mit Etagenbetten und einer Vier-Personen-Belegung in den Einrichtungen.“

  1. Gemäß Bebauungsplan ist in insgesamt 118 Zimmern eine Belegung mit 3 Stock­betten (also max. 6 Personen) und in 41 Zimmern gar eine Belegung 4 Stockbetten (also max. 8 Personen) vorgesehen. 49 dieser Zimmer sind für Familien (2. OG) und 12 Zimmer für Frauen und vulnerable Personen (Dachgeschoss) vorgesehen. Die übrigen 98 Zimmer mit dieser Belegungszahl sind für alleinreisende Männer vorgesehen. Wie gedenkt die Landesregierung insbesondere im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss, wo ausschließlich alleinreisende Männer untergebracht wer­den sollen, dem erhöhten Konfliktpotential der untergebrachten Personen, mit un­terschiedlichen Nationalitäten und unterschiedlichen ethnischen Befindlichkeiten zu begegnen?
  2. Inwiefern ist nach Ansicht der Landesregierung dem Schutz von Frauen, Familien und vulnerablen Personen Genüge getan, wenn die Separierung zu alleinreisen-den Männern nur über die Etage, nicht aber über ein separates Gebäude mit sepa­raten Notausgängen (z.B. im Falle von Tumultlagen) gegeben ist?

Die Fragen 4 und 5 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Die der Kleinen Anfrage zu Grunde liegenden Entwürfe entsprechen nicht den aktuellen Pla­nungen. Zutreffend ist, dass die Bereiche für die alleinreisenden Männer im EG und 1. OG vorgesehen sind.

In allen Einrichtungen des Landes werden unter Beachtung des Landesgewaltschutzkonzepts für Flüchtlingseinrichtungen des Landes Nordrhein-Westfalen (LGSK) getrennte Unterbrin­gungsbereiche für alleinreisende Männer, Familien und vulnerable Personen einschließlich der sanitären Einrichtungen vorgehalten. Der Zugang zu den einzelnen Unterbringungsberei­chen wird über geeignete technische und/oder organisatorische Vorkehrungen, wie z.B. ein elektronisches Schließsystem und die Einbindung des Sicherheitsdienstes, gesteuert. Nur be­rechtigte Personen haben Zugang zu den jeweiligen Bereichen, dies gilt im besonderen Maße für die Bewohnerbereiche von vulnerablen Personengruppen. Ein objektbezogenes Brand-schutzkonzept beinhaltet die Evakuierungswege, die von jeder Etage im Brand- oder Ereignis­fall genutzt werden können.

 

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