Kleine Anfrage 4112des Abgeordneten Christian Loose vom 17.07.2020
Wird ein immobiles ‚Second Life‘ von Lithium-Ionen-Akkus über einen Mobilitätsfördertopf bezahlt?
Das Recycling von Lithium-Ionen-Akkumulatoren stellt eine große Herausforderung für die Vertretbarkeit sogenannter „emissionsarmer Mobilität“ dar. Die Weiternutzung von nicht mehr ausreichend leistungsfähigen Li-Ionen-Akkus für die Mobilität soll in Form von immobilen Batteriespeichern verwirklicht werden. Der ADAC rechnet in einem Artikel vom 13. Dezember 2019 damit, dass „nach ca. 1.500 bis 2.500 Ladezyklen immer noch ein Energieinhalt von 70 bis 80 Prozent“1 erreicht werden kann und die aufgebrauchten Akkus sich in einem „second life“ als immobile Batteriespeicher verwenden lassen.2
Laut eines Berichts der Welt vom 7. Mai 2019 hat Nissan 150 Alt- und Neubatterien im Stadion Amsterdam-Arena zu einem stationären „Riesen-Akku“ zusammengeschlossen.3 Warum neben Altbatterien bei diesem Projekt auch Neubatterien eingesetzt werden, wurde nicht weiter erläutert.
In der Zeitung für Kommunale Wirtschaft heißt es am 14. Mai 2020, dass die Landesregierung NRW im Sommer 2020 die Förderrichtlinie Emissionsarme Mobilität erweitern will; hinzukommen soll die Förderung von Batteriespeichern.4 Die Höhe der Förderung soll 200 Euro pro Kilowattstunde betragen.
Für die Förderung von Batteriespeichern in Verbindung mit Photovoltaikanlagen heißt es im Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. März 2020 über die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen aus dem „Programm für Rationelle Energieverwendung, Regenerative Energien und Energiesparen“ (progres.nrw) – Programmbereich Markteinführung (progres.nrw – Markteinführung 2020) – , dass „die Kapazität des installierten Batteriespeichers in Kilowattstunden […] maximal doppelt so groß sein [darf] wie die installierte Leistung der neu errichteten Photovoltaikanlage in Kilowatt-Peak“.5 Das Antragsformular der Bezirksregierung Arnsberg gibt unter dem Punkt „Angaben zur beantragten Maßnahme“ keinen Hinweis dahingehend, ob es sich bei der anzugebenen Batteriekapazität um die Leistung der Batterie (Herstellerangabe) oder um die verbleibende Leistung bei der Installation der Batterie handelt.6
Daher frage ich die Landesregierung:
- Wie viele immobile Batteriespeicher (zusammengeschaltete Lithium-Ionen-Akkumulatoren) in NRW sind der Landesregierung derzeit bekannt?
- Wie viele Alt- und Neubatterien waren vor dem Inkrafttreten der Förderung insgesamt in diesen Batteriespeichern zusammengeschlossen? (Bitte nach Batteriekapazität [Herstellerangabe der Neubatterie] und verbleibender Batteriekapazität in Prozent aufschlüsseln)
- Wie sind die technischen Parameter dieser Batteriespeicher? (Bitte aufschlüsseln nach maximaler aufzubringender Leistung in kWh und maximale aufzubringende kWh von einer vollen Aufladung bis zum Punkt vor einer Tiefenentladung)
- Auf welche Bezugsgröße der Kapazität der installierten Batteriespeicher bezieht sich die gemeinte Kapazität im Rundbrief „progres.nrw – Markteinführung 2020“ unter Punkt 6.4? (Ist hiermit die Kapazität einer neuen Batterie gemeint, die Gesamtheit der Kapazität aller tatsächlich zusammengeschlossenen Batterien oder eine andere Bezugsgröße der Kapazität?)
- Beziehen sich in diesem Zusammenhang die 200 Euro Förderung pro kWh von Batteriespeichern auf die Kapazität der installierten Batteriespeicher oder auf die installierte Leistung der neu errichteten Photovoltaikanlagen?
Christian Loose
1 Vgl. https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/elektromobilitaet/info/elektroauto-akku-recycling/, abgerufen am 04.06.2020 um 10:50 Uhr.
2 Vgl. https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/elektromobilitaet/info/elektroauto-akku-recycling/, abgerufen am 04.06.2020 um 10:50 Uhr.
3 Vgl. https://www.welt.de/print/welt_kompakt/print_politik/article193054623/Das-zweite-Leben-der-Batterie.html, abgerufen am 04.06.2020 um 11:00 Uhr.
4 Vgl. https://www.zfk.de/mobilitaet/e-mobilitaet/artikel/e06c4c1bd1d314ba0e946d2ac219443b/nrw-foerdert-elektromobilitaet-mit-35-mio-euro-2020-05-14/, abgerufen am 04.06.2020 um 11:10 Uhr.
5 Vgl. https://www.bezreg-arnsberg.nrw.de/themen/p/progres_nrw_markteinfuehrung_ breitenprogramm/foerdergrundlagen/richtlinie_progresnrw_markeinfuehrung.pdf, abgerufen am 04.06.2020 um 11:25 Uhr.
6 Vgl. https://foerderportal.nrw.de/lip/form/display.do?%24context=6DC910A5B07D7EA23590, abgerufen am 04.06.2020 um 11:20 Uhr.
Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 4112 mit Schreiben vom 12. August 2020 namens der Landesregierung beantwortet.
- Wie viele immobile Batteriespeicher (zusammengeschaltete Lithium-Ionen-Akkumulatoren) in NRW sind der Landesregierung derzeit bekannt?
- Wie viele Alt- und Neubatterien waren vor dem Inkrafttreten der Förderung insgesamt in diesen Batteriespeichern zusammengeschlossen? (Bitte nach Batteriekapazität [Herstellerangabe der Neubatterie] und verbleibender Batteriekapazität in Prozent aufschlüsseln)
- Wie sind die technischen Parameter dieser Batteriespeicher? (Bitte aufschlüsseln nach maximaler aufzubringender Leistung in kWh und maximale aufzubringende kWh von einer vollen Aufladung bis zum Punkt vor einer Tiefenentladung)
Die Fragen 1, 2 und 3 werden wegen des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet.
Eine Gesamtauflistung realisierter Batteriespeicher, welche sich aus Batteriemodulen in einer Zweitverwendung nach dem Einsatz in einem batterieelektrischen Fahrzeug oder in der Verwendung vor dem Einsatz in einem batterieelektrischen Fahrzeug zusammensetzen, ist der Landesregierung nicht bekannt.
Auch weist das Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur für elektrische Speicher keine nach Zweitverwendung differenzierten Angaben aus.
Dem Pressearchiv der Daimler AG sind Angaben über im obigen Sinne genutzte Batteriespeicher am Remondis-Hauptsitz in Lünen sowie ein Batteriespeicher am ehemaligen Kraftwerksstandort Werdohl-Elverlingsen zu entnehmen.
Am Standort Lünen sind seit Mai 2017 etwa 1.000 ehemalige Fahrzeugbatteriesysteme der Daimler AG zu einem Batteriespeicher zusammengeschaltet. Am Standort Elverlingsen werden seit Juni 2018 etwa 1.920 Batteriemodule zum Einsatz in Elektrofahrzeugen der Daimler AG bereitgehalten.
Der Batteriespeicher am Standort Lünen weist eine Speicherkapazität von rund 12,8 MWh und eine maximale Einspeiseleistung von rund 13 MW auf. Der Batteriespeicher am Standort Elverlingsen weist eine Speicherkapazität von rund 9,8 MWh und eine maximale Einspeiseleistung von rund 9 MW auf.
Alle Angaben sind dem Pressearchiv der Daimler AG entnommen.
- Auf welche Bezugsgröße der Kapazität der installierten Batteriespeicher bezieht sich die gemeinte Kapazität im Rundbrief „progres.nrw – Markteinführung 2020“ unter Punkt 6.4? (Ist hiermit die Kapazität einer neuen Batterie gemeint, die Gesamtheit der Kapazität aller tatsächlich zusammengeschlossenen Batterien oder eine andere Bezugsgröße der Kapazität?)
In der Ziffer 6.4 der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen aus dem „Programm für Rationelle Energieverwendung, Regenerative Energien und Energiesparen“ (progres.nrw) – Programmbereich Markteinführung wird auf die Gesamtkapazität des installierten Batteriespeichers in Kilowattstunden Bezug genommen. Gemäß Ziffer 4.3 werden neue Batteriespeicher gefördert.
- Beziehen sich in diesem Zusammenhang die 200 Euro Förderung pro kWh von Batteriespeichern auf die Kapazität der installierten Batteriespeicher oder auf die installierte Leistung der neu errichteten Photovoltaikanlagen?
Die Förderung bezieht sich gemäß Ziffer 2.4 der Anlage zur Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen aus progres.nrw – Programmbereich Markteinführung (Förderübersicht) auf die Kapazität der Batterie.
Dort wird eine entsprechende Förderung von 200 € pro kWh Speicherkapazität genannt.