Wirksamkeit der Ausgangssperre

Kleine Anfrage
vom 20.05.2021

Kleine Anfrage 5490der Abgeordneten Andreas Keith und Dr. Martin Vincentz vom 20.05.2021

 

Wirksamkeit der Ausgangssperre

Liegt der Inzidenzwert seit mindestens drei Tagen über 100 kommt die sogenannte Ausgangsbeschränkung in der Zeit zwischen 22 Uhr und 5 Uhr zum Tragen. Diese Ausgangsbeschränkung darf nur wegen eines triftigen Grunds verletzt bzw. umgangen werden. Schwächere Ausgangsbeschränkungen darf es nirgendwo geben, schärfere hingegen schon – so steht es im Infektionsschutzgesetz. Die Stadt Köln zum Beispiel hat von dieser Regelung Gebrauch gemacht. Dort galt die Ausgangssperre bis zum 17. Mai 2021 bereits ab 21 Uhr.

Die „Notbremse“ und mit ihr die Ausgangsbeschränkungen treten dann außer Kraft, wenn die Wocheninzidenz fünf Werktage lang unter 100 liegt. Die Beschränkungen gelten dann ab dem übernächsten Tag nicht mehr.

Wer in der Corona-Pandemie Ausgangssperren als Maßnahme verwendet oder befürwortet, weist als Beleg für deren Wirksamkeit gerne auf andere Länder hin, die sie bereits seit längerem einsetzen oder in der Vergangenheit eingesetzt hatten. Die Datenlage zur Wirksamkeit dieser Maßnahme ist (Stand: 19. April 2021) allerdings noch dünn.1

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Die Corona-Regionalverordnung der Landesregierung NRW vom 11. Januar 2021 führte zu nächtlichen Ausgangsbeschränkungen und zu der sogenannten „15-Kilo­meter-Regel“ in den Gebieten Kreis Höxter, Kreis Minden-Lübbecke, Oberbergischer Kreis und Recklinghausen. Inwiefern hat die nächtliche Ausgangsbeschränkung hier im Vergleich zu den anliegenden Nachbarkreisen, in denen sie nicht galt, nachweislich zu einer Reduzierung der Infektionsfälle geführt?
  2. Inwiefern findet eine regelmäßige Überprüfung der Geeignetheit der Maßnahme der nächtlichen Ausgangsbeschränkung zur Erreichung des angestrebten Ziels (Rückgang der Inzidenz) statt? (Bitte aufschlüsseln nach Art der Überprüfung und Zeitraum)
  3. Vor der sogenannten „Corona-Notbremse“ der Bundesregierung durften Angehörige eines Hausstandes maximal eine weitere Person (zeitweise auch mehrere Personen) empfangen. Mit der „Corona-Notbremse“ sollten vor allem abendliche/nächtliche Personenzusammenkünfte verhindert werden, weshalb insbesondere zu diesem Zweck die Ausgangsbeschränkung eingeführt wurde. Wie viele illegale Personenzusammenkünfte stellte die Landesregierung vor der „Corona-Notbremse“ der Bundesregierung in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr fest? (Bitte aufschlüsseln nach Monaten)
  4. Wie viele illegale Personenzusammenkünfte stellte die Landesregierung seit Inkrafttreten und Gültigkeit der nächtlichen Ausgangsbeschränkung fest? (Bitte aufschlüsseln nach Monaten)
  5. Für vollständig geimpfte und von Corona-Genesene (bei denen die Erkrankung nicht länger als sechs Monate zurückliegt) sollen die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen gelockert werden. Inwieweit können die Ordnungsbehörden bei der Durchsetzung und Überwachung der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen zwischen Geimpften und Nichtgeimpften bzw. zwischen von Covid-19 Genesenen und nicht Erkrankten unterscheiden?

Andreas Keith
Dr. Martin Vincentz

 

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1 https://www.dw.com/de/faktencheck-wie-wirksam-sind-n%C3%A4chtliche-ausgangssperren/a-57045074#:~:text=Ausgangssperren%20k%C3%B6nnen%20seiner%20Meinung%20nach,deutlicher %20und%20einheitlicher%20zu%20kommunizieren.


Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 5490 mit Schreiben vom 16. Juni 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des In­nern beantwortet.

  1. Die Corona-Regionalverordnung der Landesregierung NRW vom 11. Januar 2021 führte zu nächtlichen Ausgangsbeschränkungen und zu der sogenannten „15-Kilo-meter-Regel“ in den Gebieten Kreis Höxter, Kreis Minden-Lübbecke, Oberber­gischer Kreis und Recklinghausen. Inwiefern hat die nächtliche Ausgangsbe­schränkung hier im Vergleich zu den anliegenden Nachbarkreisen, in denen sie nicht galt, nachweislich zu einer Reduzierung der Infektionsfälle geführt?

Eine Beantwortung der Frage kann nicht erfolgen, da sie auf einem inhaltlich falschen Aus­gangspunkt beruht. Die Corona-Regionalverordnung der Landesregierung NRW vom 11. Ja­nuar 2021 führte nicht zu nächtlichen Ausgangsbeschränkungen, sondern beinhaltete aus­schließlich Regelungen zur Einschränkung des Bewegungsradius betreffend Gebietskörper­schaften mit einem besonderen Infektionsgeschehen. Nächtliche Ausgangsbeschränkungen waren damit nicht verbunden.

  1. Inwiefern findet eine regelmäßige Überprüfung der Geeignetheit der Maßnahme der nächtlichen Ausgangsbeschränkung zur Erreichung des angestrebten Ziels (Rückgang der Inzidenz) statt? (Bitte aufschlüsseln nach Art der Überprüfung und Zeitraum)

Die Überprüfung der Geeignetheit der bundesrechtlich geregelten nächtlichen Ausgangsbe­schränkungen ist originäre Angelegenheit des Bundes. Im Übrigen wird der Landtag regelmä­ßig über die aktuellen Infektionszahlen durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und So­ziales des Landes Nordrhein-Westfalen unterrichtet.

  1. Vor der sogenannten „Corona-Notbremse“ der Bundesregierung durften Angehö­rige eines Hausstandes maximal eine weitere Person (zeitweise auch mehrere Per­sonen) empfangen. Mit der „Corona-Notbremse“ sollten vor allem abendli-che/nächtliche Personenzusammenkünfte verhindert werden, weshalb insbeson­dere zu diesem Zweck die Ausgangsbeschränkung eingeführt wurde. Wie viele illegale Personenzusammenkünfte stellte die Landesregierung vor der „Corona-Notbremse“ der Bundesregierung in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr fest? (Bitte auf­schlüsseln nach Monaten)

Die Frage ist insoweit inhaltlich falsch – jedenfalls aber unpräzise – als es heißt, vor der Not­bremse hätten „Angehörige eines Hausstandes maximal eine weitere Person (zeitweise auch mehrere Personen) empfangen“ dürfen. Nach üblichem Sprachgebrauch ist mit Empfangen – soweit nur von einem Hausstand die Rede ist – das Willkommenheißen in eigenen Räumlich­keiten gemeint. Eine Personenbegrenzung auf zwei oder mehrere Haushalte für den privaten Raum haben Verordnungen des Landes Nordrhein-Westfalen aber zu keinem Zeitpunkt ge­troffen. Es galt lediglich die Untersagung von Partys und ähnlichen Feiern für den privaten Raum. Soweit die Frage auf Kontaktbeschränkungen für den öffentlichen Raum

und zugleich Verstöße gegen die Untersagung von Partys und ähnlichen Feiern im privaten Raum abzielt, gilt Folgendes:

Eine Erfassung der festgestellten illegalen Personenzusammenkünfte hat unter Berücksichti­gung der jeweiligen Uhrzeit nicht stattgefunden. Eine Durchsicht aller festgestellten Verstöße nach dem Kriterium der jeweiligen Uhrzeit der Feststellung (hier 22 Uhr bis 5 Uhr) bedeutete einen Aufwand, der im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage durch die Kommunen und Bezirksregierungen nicht zu leisten ist. Zudem richtet sich die Frage ausdrücklich auf „fest­gestellte“ illegale Zusammenkünfte. Nicht jede Feststellung findet aber Eingang in eine Doku­mentation, da etwa Verwarnungen mündlich erfolgen, ohne dass hierzu ein Bericht gefertigt würde.

4. Wie viele illegale Personenzusammenkünfte stellte die Landesregierung seit In­krafttreten und Gültigkeit der nächtlichen Ausgangsbeschränkung fest? (Bitte auf­schlüsseln nach Monaten)

Die Frage 4 ist im Zusammenhang mit der Frage 3 zu lesen und zielt damit ebenfalls auf Feststellungen im Zeitraum von 22 Uhr bis 5 Uhr ab. Insofern gelten hier die Ausführungen zur Frage 3 vollumfänglich.

5. Für vollständig geimpfte und von Corona-Genesene (bei denen die Erkrankung nicht länger als sechs Monate zurückliegt) sollen die Ausgangs- und Kontaktbe­schränkungen gelockert werden. Inwieweit können die Ordnungsbehörden bei der Durchsetzung und Überwachung der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen zwischen Geimpften und Nichtgeimpften bzw. zwischen von Covid-19 Genesenen und nicht Erkrankten unterscheiden?

Die Unterscheidung zwischen Geimpften und Nichtgeimpften bzw. zwischen Covid-19 Gene­senen und solchen, die es nicht sind, erfolgt mittels Einsicht entsprechender Nachweise. Für den Nachweis der vollständigen Impfung kann der Impfausweis eingesehen werden oder, wenn ein solcher nicht vorhanden ist, der vom Impfzentrum ausgestellte Nachweis. Eine Le-galdefinition findet sich in § 2 Nr. 3 COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV). Ein Genesenennachweis ist nach § 2 Nr. 5 SchAusnahmV ein Nachweis hinsichtlich des Vorliegens einer vorherigen Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter o­der digitaler Form, wenn die zugrundeliegende Testung durch eine Labordiagnostik mittels Nukleinsäurenachweis (PCR, PoC-PCR oder weitere Methoden der Nukleinsäureamplifikati-onstechnik) erfolgt ist und mindestens 28 Tage sowie maximal sechs Monate zurückliegt. Die­ser Nachweis kann zur Unterscheidung eingesehen bzw. vorgezeigt werden.

 

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