Wissenslücken im Ministerium von Ministerin Paul in Bezug auf Dublin-Rücküberstellungen? –Warum musste das Ministerium im Nachgang des Terroranschlags in Solingen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Informationen einholen?

Kleine Anfrage
vom 10.09.2024

Kleine Anfrage 4386

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Wissenslücken im Ministerium von Ministerin Paul in Bezug auf Dublin-Rücküberstellungen? Warum musste das Ministerium im Nachgang des Terroranschlags in Solingen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Informationen einholen?

Wie der WDR am 30.08.2024 berichtet, scheinen bei der Ministerin für Fluch und Integration, Josefine Paul (Bündnis 90/Die Grünen), sowie beim zuständigen Ministerium offenbar Details zu Rückführungen in EU-Staaten nicht vollständig bekannt zu sein.1 Wie der WDR mutmaßt, war das Ministerium bei wichtigen Regeln zur Rücküberstellung in andere EU-Länder offenbar noch Tage nach dem Anschlag in Solingen nicht sattelfest.

Im Artikel heißt es: „Das lange Schweigen der Ministerin im Anschluss hatte da bereits für Kritik gesorgt. Noch bis kurz vor dieser Pressekonferenz wurden in ihrem Haus offenbar hektisch Informationen zusammengesucht. Nicht nur zu den Details des Asylverfahrens des mutmaßlichen Täters. Sondern auch zu elementaren Regeln bei der Rückführung von Asylbewerbern in andere EU-Länder. Noch gut eine Stunde vor dem Pressegespräch – um 14:40 Uhr – stellte eine Mitarbeiterin per Mail grundsätzliche Fragen an das BAMF zu Überstellungen nach Europäischem Flüchtlingsrecht. Sie arbeitet im für „Integriertes Rückkehrmanagement“ zuständigen Referat 523 des Fluchtministeriums.“2

Dabei ging es darum, „ob die Bedingungen bei entsprechenden Rückführungen einfach vom aufnehmenden Staat vorgegeben werden“ sowie um die Frage, „ob es von deutscher Seite Aufnahmekriterien gibt, wenn z.B. Bulgarien jemanden zu uns überstellen will?“ und, ob „diese Bedingungen „analog zu sehen“ sind zu den bulgarischen Vorgaben an Deutschland.“3

Im Artikel des WDR heißt es richtigerweise, dass dieses Thema zur Kernaufgabe des Ministeriums gehöre. Von daher verwundern die Irritationen seitens des BAMF nicht.

Von Seiten der SPD mutmaßt man gar, dass die Ministerin bis Dienstag (nach dem Terroranschlag) regelrecht abgetaucht war, da „sie offenbar nicht Bescheid wusste“ und sich „hektisch noch grundsätzliche Informationen zusammentragen lassen“ musste.4

Die Annahme des WDR, dass sich das Ministerium „mit einer der zentralen Handreichungen des BAMF bislang nur oberflächlich befasst hatte“, ist durchaus naheliegend.

In einer weiteren Anfrage des Ministeriums an das BAMF ging es dann wohl um einen „Leitfaden zur Zusammenarbeit der Ausländerbehörden mit dem BAMF bei Dublin-Verfahren“. Weiter heißt es: „Die fünf Zentralen Ausländerbehörden in NRW sind zuständig für die Abschiebungen und Rückführungen von Flüchtlingen, die in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes untergebracht sind. Doch die Mitarbeiterin des Fluchtministeriums, die zudem für „Rückkehrmanagement“ zuständig ist, scheint nicht sicher zu sein, dass alle Ausländerbehörden die Leitlinien des BAMF in der Praxis berücksichtigen.“

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie erklärt es sich von Seiten der Ministerin, dass das Referat 523 ihres Ministeriums offenbar nicht vollständig über die Modalitäten in Bezug auf Dublin-Rücküberstellungen vertraut ist?
  2. Inwiefern ist es zutreffend, dass die zuständige Ministerin im Vorfeld ihrer Pressekonferenz nach dem Terroranschlag nicht vollständig mit der Materie „Dublin-Rücküberstellungen“ vertraut war?
  3. An welchen Stellen sind nach Ansicht der Landesregierung bei der gescheiterten Rücküberstellung des Tatverdächtigen des Terroranschlags von Solingen Fehler unterlaufen?
  4. In wessen Verantwortung hätte es nach Ansicht der Landesregierung im Falle des Attentäters von Solingen gelegen, diesen zur Aufenthaltsermittlung/Festnahme auszuschreiben sowie den Übergang der Zuständigkeit auf Deutschland hinausschiebende Fristverlängerung gemäß Art. 29 Abs.2 S.2 Dublin-III-VO von 6 auf 18 Monate für die Überstellung nach Bulgarien herbeizuführen?
  5. Weshalb wurden die in Rede stehenden Maßnahmen jeweils nicht ergriffen? (Bitte in diesem Zusammenhang angeben, an welcher Stelle den Behörden hier Fehler unterlaufen sind)

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-10585

 

1 Vgl. https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/solingen-ministerium-paul-100.html

2 Ebd.

3 Ebd.

4 Ebd.


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 4386 mit Schreiben vom 11. November 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.

  1. Wie erklärt es sich von Seiten der Ministerin, dass das Referat 523 ihres Ministeri­ums offenbar nicht vollständig über die Modalitäten in Bezug auf Dublin-Rücküber-stellungen vertraut ist?

Das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI) ist vollständig mit den Modalitäten in Bezug auf Dublin-Rücküberstellungen vertraut.

  1. Inwiefern ist es zutreffend, dass die zuständige Ministerin im Vorfeld ihrer Presse­konferenz nach dem Terroranschlag nicht vollständig mit der Materie „Dublin Rücküberstellungen“ vertraut war?

Es ist unzutreffend, dass Ministerin Paul nicht vollständig mit der Materie „Dublin-Rücküber-stellungen“ vertraut gewesen ist.

  1. An welchen Stellen sind nach Ansicht der Landesregierung bei der gescheiterten Rücküberstellung des Tatverdächtigen des Terroranschlags von Solingen Fehler unterlaufen?
  2. In wessen Verantwortung hätte es nach Ansicht der Landesregierung im Falle des Attentäters von Solingen gelegen, diesen zur Aufenthaltsermittlung/Festnahme auszuschreiben sowie den Übergang der Zuständigkeit auf Deutschland hinaus­schiebende Fristverlängerung gemäß Art. 29 Abs.2 S.2 Dublin-III-VO von 6 auf 18 Monate für die Überstellung nach Bulgarien herbeizuführen?
  3. Weshalb wurden die in Rede stehenden Maßnahmen jeweils nicht ergriffen? (Bitte in diesem Zusammenhang angeben, an welcher Stelle den Behörden hier Fehler unterlaufen sind)

Zur Beantwortung wird auf die Berichte der Landesregierung im Integrationsausschuss vom 29. August und 4. September 2024 (APr 18/638 und APr 18/645) verwiesen.

 

MMD18-11403