Wo ist er denn – der Überschussstrom?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1442

des Abgeordneten Christian Loose vom 22.02.2023

Wo ist er denn der Überschussstrom?

Einige Befürworter einer sogenannten Energiewende beurteilen als akzeptanzsteigernde Maßnahme für den Ausbau von Windindustrieanlagen „die Verhinderung von Abregelung von Windenergieanlagen und die produktive Nutzung des Überschussstroms.“1

Ein Antrag der Regierungsparteien Bündnis90/Die Grünen und CDU macht dazu folgende Ausführungen: „Bei hoher Windstromerzeugung kann es zu Netzengpässen in bestimmten Regionen kommen. Damit verhindert wird, dass diese Windenergieanlagen abgeregelt werden müssen und der erneuerbar erzeugte Strom nicht verwertet werden kann, bedarf es eines Förderprogramms für eine ortsnahe Wasserstoff-Erzeugung aus Windstrom. Mit dem Überschussstrom kann dann netzdienlich grüner Wasserstoff erzeugt werden, was vor Ort akzeptanzsteigernd wirkt.“2

Wiederholt wird damit das Argument vom sogenannten „Überschussstrom“ vorgebracht. Die Frage des Abgeordneten Christian Loose an Frau Ministerin Neubaur nach der Menge des im Jahr 2022 in Nordrhein-Westfalen erzeugten sogenannten Überschussstroms, im Plenum des Landtages Nordrhein-Westfalen am 20.12.2022, wurde zur Beantwortung an Frau Ministerin Scharrenbach übergeben. Frau Ministerin Scharrenbach behauptete, dass NRW nicht an „unnötigen Überschüssen“ leide.3 Auch der Abgeordnete Michael Röls – Mitantragsteller des zitierten Antrags – konnte auf die Frage nach Überschussstrom keine Daten liefern.4

Ich frage deshalb die Landesregierung:

  1. Wie definiert die Landeregierung „Überschussstrom“?
  2. Wie groß war die Menge solchen „überschüssigen Stroms“ in den Jahren 2017 bis 2022? (In GWh pro Jahr; bitte Angaben für NRW bzw. falls nicht verfügbar, soweit der Landesregierung bekannt, für Deutschland)
  3. In wie vielen Stunden pro Jahr gab es in den Jahren 2017 bis 2022 solchen „überschüssigen Strom“? (Jeweils in Stunden pro Jahr; bitte Angaben für NRW bzw. falls nicht verfügbar, soweit der Landesregierung bekannt, für Deutschland)
  4. Welche Werte schätzt die Landesregierung für das Jahr 2030 für die Anzahl der Stunden bzw. für die Menge an „überschüssigem“ Strom? (Bitte Angaben für NRW bzw., falls nicht verfügbar, soweit der Landesregierung bekannt, für Deutschland)
  5. Inwieweit ist in die Antwort zu Frage Nr. 4. eingeflossen, dass die Bundesregierung für das Jahr 2030 einen auf 750 TWh gestiegenen Bruttostromverbrauch erwartet?

Christian Loose

 

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1 Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für Versorgungssicherheit, niedrige Strompreise, mehr Klimaschutz und Akzeptanz – Bessere Rahmenbedingungen für Windenergie in Nordrhein-Westfalen setzen. Landtag Nordrhein-Westfalen, 18. Wahlperiode, Drucksache 18/2141 vom 13.12.2022.

2 Ebenda.

3 Plenarprotokoll 18/19 vom 20.12.2022, Landtag Nordrhein-Westfalen, 18. Wahlperiode, Seite 61.

4 Ebenda, Seite 56.


Die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie hat die Kleine Anfrage 1442 mit Schreiben vom 21. März 2023 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie definiert die Landeregierung „Überschussstrom“?

Die Gewährleistung der Stabilität des elektrischen Energieversorgungssystems setzt voraus, dass Angebot und Nachfrage nach elektrischer Leistung zu jeder Zeit ausgeglichen werden können. Die Stromerzeugung aus bestimmten erneuerbaren Energieträgern, insbesondere aus Wind und Solar, unterliegt großen Schwankungen. Zeitweise kann die eingespeiste Leis­tung aus Wind und Sonne lokal über die Netze nicht abtransportiert werden oder übersteigt die Nachfrage. Umgangssprachlich wird dann der Begriff „Überschussstrom“ verwendet, um das Phänomen zu beschreiben.

  1. Wie groß war die Menge solchen „überschüssigen Stroms“ in den Jahren 2017 bis 2022? (In GWh pro Jahr; bitte Angaben für NRW bzw. falls nicht verfügbar, soweit der Landesregierung bekannt, für Deutschland)

Der verantwortliche Netzbetreiber kann nach den besonderen Voraussetzungen und Rechts­folgen des Einspeisemanagements die Einspeisung aus EE- und KWK-Anlagen vorüberge­hend abregeln, wenn die Netzkapazitäten nicht ausreichen, um den insgesamt erzeugten Strom abzutransportieren. Das Einspeisemanagement kommt allerdings nach der gesetzli­chen Rangfolge nur dann zum Einsatz, wenn der Netzengpass nicht bereits durch andere ge­eignete Maßnahmen, insbesondere durch eine Abregelung konventioneller Kraftwerke, aus­reichend entlastet werden kann. Der Betreiber der im Rahmen des Einspeisemanagements abgeregelten Anlage hat einen Anspruch auf Entschädigung der entstandenen Ausfallarbeit. Die Bundesnetzagentur veröffentlicht in ihren Netz- und Systemsicherheitsberichten, die unter dem Link h t t p s :/ / w w w . bu n d e s n etzagentur.de/DE/Fachthemen/Elektrizitaetund-Gas/Versorgungssicherheit/Netzengpassmana ge m ent/start.html abrufbar sind, alle relevan­ten Daten zum Thema Einspeisemanagement. Darüber hinaus liegen der Landesregierung keine weiteren Zahlen zu „überschüssigem Strom“ vor.

  1. In wie vielen Stunden pro Jahr gab es in den Jahren 2017 bis 2022 solchen „über­schüssigen Strom“? (Jeweils in Stunden pro Jahr; bitte Angaben für NRW bzw. falls nicht verfügbar, soweit der Landesregierung bekannt, für Deutschland)

Der Landesregierung liegen hierzu keine Zahlen vor.

  1. Welche Werte schätzt die Landesregierung für das Jahr 2030 für die Anzahl der Stunden bzw. für die Menge an „überschüssigem“ Strom? (Bitte Angaben für NRW bzw., falls nicht verfügbar, soweit der Landesregierung bekannt, für Deutschland)

Belastbare Zahlen für die Anzahl der Stunden bzw. für die Menge an „überschüssigem“ Strom im Jahre 2030 sind der Landesregierung sowohl für Nordrhein-Westfalen, als auch für Deutschland insgesamt, nicht bekannt.

  1. Inwieweit ist in die Antwort zu Frage Nr. 4. eingeflossen, dass die Bundesregie­rung für das Jahr 2030 einen auf 750 TWh gestiegenen Bruttostromverbrauch er­wartet?

Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Den aktuellen Ausbaupfaden der erneuerbaren Energien im EEG liegt bereits eine angenommene Erhöhung des Bruttostromverbrauchs auf 750 TWh zu Grunde.

 

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Beteiligte:
Christian Loose