Wo war die Gasse? Haben der Innenminister und der Kölner Polizeipräsident den Landtag belogen?

Kleine Anfrage
vom 06.07.2020

Kleine Anfrage 4027der Abgeordneten Sven Tritschler und Iris Dworeck-Danielowski vom 06.07.2020

 

Wo war die Gasse? Haben der Innenminister und der Kölner Polizeipräsident den Landtag belogen?

Die Fraktion der Alternative für Deutschland machte mit ihrem Antrag „Grundgesetz und Verfassung gelten auch in Köln: Kapitulation der Polizeiführung vor dem organisierten Antifa-Terrorismus beenden!“ (Drs. 17/9807) den unzureichenden polizeilichen Schutz der Kölner AfD-Wahlversammlung am 7. Juni 2020 zum Gegenstand der Plenardebatte am 26. Juni 2020.

Unter anderem wurde der unzureichende Schutz der Versammlungsteilnehmer beim Zugang zu der Veranstaltung bemängelt. Wer die Wahlversammlung besuchen wollte, musste sich durch eine „Gegendemonstration“ kämpfen, aus der heraus wiederholt Straftaten gegen friedliche Teilnehmer der AfD-Veranstaltung begangen wurden. So wurde z.B. eine gehbehinderte Frau von gewaltbereiten Linksextremen angegriffen.

Der Minister des Inneren, Herbert Reul, wies im Rahmen der Debatte sämtliche Vorwürfe zurück. In seiner Rede zitierte er aus einem Bericht des Kölner Polizeipräsidenten, der den Fragestellern allerdings nicht vorliegt:

„Für die Dauer des Einlasses wurde durch die Polizei unter Zuhilfenahme von bereitgestellten Gittern eine Gasse gebildet, um den Zugang in das Gebäude zu ermöglichen.“

Beide Fragesteller waren bei der Veranstaltung zugegen und haben eine solche Gasse nicht wahrgenommen. Auch das umfangreiche Bild- und Videomaterial, das von den Ereignissen angefertigt wurde und zur Verfügung steht, lässt eine wie vom Innenminister beschriebene Gasse nirgendwo erkennen.

Gitter wurden nach Erinnerung der Fragesteller und ausweislich des vorliegenden Bild-und Videomaterials einzig dazu eingesetzt, den unmittelbar vor der Versammlungsstätte liegenden Eingangsbereich freizuhalten. Sie waren dabei einreihig aufgebaut und standen quer zum Anreiseweg der Teilnehmer der Wahlversammlung. Tatsächlich handelte es sich also um eine „Sperre“, nicht aber um eine „Gasse“.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wo genau befand sich die „Gasse“, von der in der Rede des Innenministers bzw. im Bericht des Kölner Polizeipräsidenten die Rede war?
  2. Wo genau lag der Eingang zu dieser „Gasse“ und wo genau der Ausgang?
  3. Welche Abmessungen hatte diese „Gasse“? (Länge, Breite, Höhe der Absperrelemente)
  4. Wie viele Polizeibeamten haben die „Gasse“ gesichert?
  5. Von wann bis wann genau bestand die „Gasse“?

Sven W. Tritschler
Iris Dworeck-Danielwoski

 

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Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4027 mit Schreiben vom 30. Juli 2020 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wo genau befand sich die „Gasse“, von der in der Rede des Innenministers bzw. im Bericht des Kölner Polizeipräsidenten die Rede war?

Der Eingang des Veranstaltungsortes Gürzenich befindet sich auf der Martinstraße. Versetzt zum Eingang gegenüber mündet die Bolzengasse in die Martinstraße. In diesem Bereich wurde mit Sperrgittern eine Gitterlinie (Nr. 1) eingezogen, die über die Martinstraße hinweg bis in Richtung Gebäudewand des Gürzenich führte und dort mit einem abgestellten Einsatzfahrzeug abschloss. Im Einsatzverlauf wurde die Gitterlinie durch eine geschlossene Polizeikette bis zur Einmündung Martinstraße/Günter-Wand-Platz verlängert, um so zwischen der Polizeikette und der Gebäudewand die eintreffenden Personen der AfD Wahlversammlung aus Richtung Gürzenichstraße zum Eingang führen zu können. Zusätzlich war eine zweite Absperrung (Nr. 2) in der Martinstraße in Höhe Hausnummer 30 eingerichtet.

  1. Wo genau lag der Eingang zu dieser „Gasse“ und wo genau der Ausgang?

Flexibel und lageangepasst wurden die Mitglieder der AfD Wahlversammlung, sofern diese sich erkennbar aus den drei möglichen Richtungen (Gürzenichstraße, Bolzengasse und Marsplatz) näherten, durch Polizeikräfte sowohl in der Peripherie als auch im unmittelbaren Umfeld des Versammlungsortes aufgenommen, begleitet und zur Wahlversammlung geführt. Zugänge befanden sich jeweils in den zuvor genannten Straßenbereichen.

  1. Welche Abmessungen hatte diese „Gasse“? (Länge, Breite, Höhe der Absperrelemente)

Siehe Antwort zu Frage 1.

Gitterlinie Nr. 1 bestand aus mindestens sechs Absperrgittern (Standard: 3 Meter Länge und 1,1 Meter Höhe, im Ergebnis 18 Meter). Die im Einsatzverlauf eingerichtete Polizeikette bis zum Günter-Wand-Platz verlängerte die Absperrung um ca. weitere 10 Meter.

Die Absperrung Nr. 2 bestand aus drei Absperrgittern sowie einem Einsatzfahrzeug. Die Sperrung erfolgt auf der kompletten Breite von ca. 14 Metern.

  1. Wie viele Polizeibeamten haben die „Gasse“ gesichert? Siehe Antwort zu Frage 2.

In der Spitze waren insgesamt 260 Kräfte eingesetzt. Weitere Informationen zur genauen Aufteilung der Kräfte unterliegen der Geheimhaltung, um die Wirksamkeit der polizeilichen Maßnahmen nicht zu gefährden. Die detaillierte Darstellung von Einsatzkräften an einzelnen Örtlichkeiten könnte potenzielle Störer/Straftäter in die Lage versetzen, sich bei vergleichbaren Lagen auf polizeiliche Maßnahmen einzustellen, Gegenaktivitäten entsprechend zu planen und letztlich Einsatzkonzepte der Polizei zu unterlaufen.

  1. Von wann bis wann genau bestand die „Gasse“?

Die Maßnahmen begannen vor 09:00 Uhr, die Polizeikette wurde um 09:52 Uhr eingerichtet. Die dargestellten Maßnahmen wurden für die Dauer des Einlasses aufrechterhalten.

 

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