Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Dingden – Spielen Hochwasser- und Bodenschutz eine Rolle?

Kleine Anfrage
vom 11.03.2024

Kleine Anfrage 3496

der Abgeordneten Zacharias Schalley und Enxhi Seli-Zacharias (AfD)

Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Dingden Spielen Hochwasser- und Bodenschutz eine Rolle?

Die landwirtschaftlichen Nutzflächen im Hamminkelner Ortsteil Dingden, auf denen die Landesregierung eine Zentrale Unterbringungseinheit (ZUE) errichten lassen will, würden in dem jüngst veröffentlichten „Hochwasserschutzkonzept Dingden“ als Überschwemmungs­flächen gelten. Es handelt sich demnach um Flächen, die im Istzustand eines Hochwassers als trocken gelten, aber im Planzustand nass werden. Bislang spielen die Flächen in den planerischen Überlegungen keine Rolle als Retentionsraum.1

Hintergrund für die Erstellung des Hochwasserschutzkonzeptes war das verheerende Hoch­wasser von Juni 2016, bei dem das avisierte Areal selbst stark überschwemmt war. Versiegelte Flächen von Industriebetrieben in der nächsten Nachbarschaft waren davon auch betroffen. Die Überschwemmungen erreichten einen Pegel von bis zu 20 cm.2

Auf der Internetseite der Stadt Hamminkeln heißt es zwar, dass im Zuge der „Klimafolgen-anpassung“ das Stadtgebiet „klimarobust“ zu machen sei. Dazu zählten auch Starkregen und weitere Extremwetter. Allerdings hänge derlei auch von der Umsetzungsbereitschaft der entsprechenden „Akteure“ ab.3

Darunter fallen auch politische Akteure wie der Ortsbürgermeister, der sich ganz konkret für Hochwasser-, Bevölkerungs- und Bodenschutz oder für die Errichtung einer ZUE entscheiden kann. Dies gewinnt auch vor dem Hintergrund noch an Gewicht, dass Hamminkeln eine stark landwirtschaftlich geprägte Kommune ist. Die Landwirte sind angesichts des hohen Flächendrucks auf betriebsnahe Parzellen zur Bewirtschaftung angewiesen.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Inwiefern werden in der Machbarkeitsstudie zur Errichtung einer ZUE auf Hamminkelner Kommunalgebiet Erwägungen des örtlichen Hochwasserschutzes und dazu erstellte Konzepte miteinbezogen? (Bitte aufschlüsseln nach allen bislang avisierten ZUE-Standorten, soweit möglich)
  2. Im Umkreis der angestrebten Fläche für die ZUE Dingden befindet sich viel versiegelte Bodenfläche. Das Umweltbundesamt hält dazu fest, dass übermäßige Bodenversie­gelung das Risiko zu örtlichen Überschwemmungen steigen lasse.4 – Inwieweit muss die vorhandene Kanalisation angepasst werden, um weiterhin die oberflächlich abfließenden Wassermassen fassen zu können?
  3. Welche weiteren Maßnahmen muss die Landesregierung ergreifen und welche zusätzlichen Kosten, etwa durch Barrieresysteme wie Rückstausicherungen, einplanen, um ein Abwasserkonzept für bis zu 450 Bewohner auf engem Raum zu gewährleisten, das den sensiblen hochwasserschutzrechtlichen Anforderungen des Standortes gerecht wird?
  4. Im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen wird die NRW-Landesregierung darauf verpflichtet, das Prinzip der Flächensparsamkeit als Leitschnur des Regierungs­handelns zu implementieren, u. a. durch flächenschonendes Bauen.5 – Inwieweit verfolgt die Landesregierung im Hinblick auf die Errichtung von ZUE dieses Ziel?
  5. Im Koalitionsvertrag heißt es auch, dass für alle Regional- und Flächennutzungspläne ein Planzeichen Landwirtschaft eingeführt werde. Denn landwirtschaftliche Flächen seien nicht vermehrbar und stellten ein hohes Gut dar, das es zu schützen gelte.6 Die drei in Dingden betroffenen Parzellen für eine ZUE werden teils als Ackerland, teils als Grünland genutzt. In Dingden und Umgebung ist der landwirtschaftliche Flächendruck enorm. – Inwieweit wäre es gerechtfertigt, die betroffenen Parzellen, gerade auch im Hinblick auf die örtliche Landwirtschaft, mit dem Planzeichen Landwirtschaft in den Regional- und Flächennutzungsplänen zu versehen und als landwirtschaftliche Nutzfläche zu schützen?

Zacharias Schalley
Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-8416

 

1 Vgl. https://www.hamminkeln.de/C125804300438286/files/buergerinfo_hochwasserschutzkonzept_dingde n_05.12.2023.pdf/$file/buergerinfo_hochwasserschutzkonzept_dingden_05.12.2023.pdf?OpenElemen t, S. 28.

2 Vgl. https://www.kreis-wesel.de/C1257D23004C5410/files/issel_hwsk_endbericht_20170911.pdf/%24file/issel_hwsk_endberi cht_20170911.pdf, S. 54.

3 Vgl. https://www.hamminkeln.de/de/inhalt/klimafolgenanpassung/

4 Vgl. https://www.umweltbundesamt.de/daten/flaeche-boden-land-oekosysteme/boden/bodenversiegelung#bodenversiegelung-in-deutschland

5 Vgl. https://gruene-nrw.de/dateien/Zukunftsvertrag_CDU-GRUeNE_Vorder-und-Rueckseite.pdf, Z. 1536f.

6 Vgl. ebd., Z. 1542ff.


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3496 mit Schreiben vom 19. April 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung und dem Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Der Rat der Stadt Hamminkeln hat in seiner Sitzung am 15.02.2024 mehrheitlich folgenden Beschluss gefasst: „Gemäß mehrheitlicher Beschlussempfehlung des Ausschusses für Sozi­ales, Generationen, Bildung und Sport vom 24.01.2024 beschließt der Rat der Stadt Hammin-keln, […] 2. die Verwaltung zu beauftragen, der Bezirksregierung mitzuteilen, dass eine ZUE in einer Größenordnung von 450 Plätzen in Hamminkeln politisch nicht gewollt ist. Weiterhin möge die Verwaltung das Mindestmaß für eine ZUE in einer Neubauvariante und in einem Bestandsgebäude erfragen. Im Rahmen der erneuten politischen Beratung ist die Standort­frage neu zu klären.“

Die Verwaltung hat dem Beschluss folgend entsprechend Kontakt mit der Bezirksregierung Düsseldorf aufgenommen. In einem Gespräch zwischen Vertreterinnen und Vertretern der Be­zirksregierung und Verwaltung wurde besprochen, dass ein Abweichen von einer gewissen wirtschaftlich erforderlichen Mindestgröße nur in Ausnahmefällen sinnvoll und möglich ist. Aus diesem Grund haben die Bezirksregierung und die Stadt Hamminkeln vereinbart, die begon­nenen Gespräche vorerst zu beenden.

Fragen, die sich in dieser Anfrage konkret auf die Errichtung einer ZUE in Hamminkeln bezie­hen, werden daher nicht beantwortet, da die Planungen gegenstandslos geworden sind. Kon­kret handelt es sich dabei um die Fragen 2, 3 und 5.

  1. Inwiefern werden in der Machbarkeitsstudie zur Errichtung einer ZUE auf Hamminkelner Kommunalgebiet Erwägungen des örtlichen Hochwasserschutzes und dazu erstellte Konzepte miteinbezogen? (Bitte aufschlüsseln nach allen bislang avisierten ZUE-Standorten, soweit möglich)

In der Machbarkeitsstudie wurden keine Erwägungen des örtlichen Hochwasserschutzes und dazu erstellte Konzepte miteinbezogen.

  1. Im Umkreis der angestrebten Fläche für die ZUE Dingden befindet sich viel versie­gelte Bodenfläche. Das Umweltbundesamt hält dazu fest, dass übermäßige Bo­denversiegelung das Risiko zu örtlichen Überschwemmungen steigen lasse. In­wieweit muss die vorhandene Kanalisation angepasst werden, um weiterhin die oberflächlich abfließenden Wassermassen fassen zu können?

Siehe Vorbemerkung.

  1. Welche weiteren Maßnahmen muss die Landesregierung ergreifen und welche zu­sätzlichen Kosten, etwa durch Barrieresysteme wie Rückstausicherungen, einpla­nen, um ein Abwasserkonzept für bis zu 450 Bewohner auf engem Raum zu gewährleisten, das den sensiblen hochwasserschutzrechtlichen Anforderungen des Standortes gerecht wird?

Siehe Vorbemerkung.

  1. Im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen wird die NRW-Landesregierung darauf verpflichtet, das Prinzip der Flächensparsamkeit als Leitschnur des Regierungs­handelns zu implementieren, u. a. durch flächenschonendes Bauen. Inwieweit verfolgt die Landesregierung im Hinblick auf die Errichtung von ZUE dieses Ziel?

Landeseinrichtungen für Geflüchtete werden überwiegend in Bestands-immobilien errichtet. Wenn ein Vorhaben im Freiraum errichtet werden soll, ergibt sich das Prinzip des Flächenspa­rens über den Schutz des Außenbereichs nach § 35 BauGB. Ergänzend wird auf die Rege­lungen des § 246 Abs. 9 und Abs. 13 BauGB verwiesen, wonach die Errichtung von Unter­künften für Geflüchtete im Außenbereich grundsätzlich möglich ist.

  1. Im Koalitionsvertrag heißt es auch, dass für alle Regional- und Flächennutzungs-pläne ein Planzeichen Landwirtschaft eingeführt werde. Denn landwirtschaftliche Flächen seien nicht vermehrbar und stellten ein hohes Gut dar, das es zu schützen gelte. Die drei in Dingden betroffenen Parzellen für eine ZUE werden teils als Ackerland, teils als Grünland genutzt. In Dingden und Umgebung ist der landwirt­schaftliche Flächendruck enorm. Inwieweit wäre es gerechtfertigt, die betroffe­nen Parzellen, gerade auch im Hinblick auf die örtliche Landwirtschaft, mit dem Planzeichen Landwirtschaft in den Regional- und Flächennutzungsplänen zu ver­sehen und als landwirtschaftliche Nutzfläche zu schützen?

Der Beantwortung der Frage kommt hier im Kontext mit der Errichtung einer ZUE in Hammin-keln kein Erfordernis zu, siehe Vorbemerkung.

 

MMD18-8968