Antrag
der Fraktion der AfD
Zügigere Entfernung und Verwertung rechtswidrig abgestellter Kraftfahrzeuge mittels Beseitigungsanordnungen sowie Vollstreckung im Wege des Sofortvollzugs
I. Ausgangslage
Abgemeldete Fahrzeuge oder solche, die es durch Unterlassen der Halter geworden sind, befinden sich vielfach auf unseren Straßen in Nordrhein-Westfalens Städten und Gemeinden. Grundsätzlich droht bei solch illegal abgestellten Kraftfahrzeugen (KFZ) auf öffentlichem Grund zwar ein Bußgeld, zur Kasse gebeten werden aber nur die wenigsten. Teurer kann es in der Theorie werden, wenn das Fahrzeug an einer Straße abgestellt wird und den Verkehr behindert oder sogar gefährdet. Dann sind Bußgelder von bis zu 500 Euro fällig. Lässt die Polizei das Fahrzeug abschleppen, einlagern und später eventuell entsorgen, muss mit zusätzlichen Kosten gerechnet werden.
Abgemeldete Fahrzeuge, die auf öffentlichen Flächen abgestellt werden, sind aber neben den Extremfällen vor allem ein Ärgernis in unseren Städten und Gemeinden. Der öffentliche Raum wird blockiert und sichtbare unbrauchbare Fahrzeuge laden je nach Viertel unter Umständen auch zu Vandalismus ein. Viele Städte haben Probleme gegen die Halter vorzugehen und die Fahrzeuge zügig aus dem Straßenbild zu entfernen.1 In Gelsenkirchen warnt die Stadt bspw. mit orangefarbenen Aufklebern: „Stellen Sie ihr Auto weg oder es wird abgeschleppt.“ Dann wird erst einmal ein Monat gewartet. An zahlreichen Straßen stehen aufgrund des langwierigen Prozesses immer wieder abgemeldete Fahrzeuge, die unrechtmäßig dort abgestellt wurden. Auch andere Städte verwenden üblicherweise als erstes Warnzeichen am Auto, bevor sie es abschleppen lassen. Dass dies dann punktgenau nach einem Monat erfolgt, darf bezweifelt werden. Teilweise stehen Autos oder auch Motorroller jahrelang am Straßenrand oder gar auf Bürgersteigen herum.
Das Gutachten „Entfernung rechtswidrig abgestellter KFZ basierend auf der Regelung des § 22 StrWG NRW“ der Kölner Kanzlei Prof. Dr. Stark & Kollegen2 kommt zu dem Ergebnis, dass die eingeräumten rechtlichen Möglichkeiten des novellierten § 22 StrWG NRW den Kommunen im Vergleich zu den Regelungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zur Beseitigung verbotswidrig im öffentlichen Raum abgestellter KFZ, die Möglichkeit zum Erlass einer Beseitigungsanordnung sowie der Vollstreckung einer solchen Anordnung im Wege des Sofortvoll-zugs einräumen. Im Gutachten heißt es zum Sofortvollzug: „Fraglich ist in diesem Zusammenhang sodann, wann im Fall eines verbotswidrig im öffentlichen Straßenraum abgestellten KFZ eine für die Möglichkeit der Anwendung des Sofortvollzugs zwingende Notwendigkeit der Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr vorliegt. Ausweislich der Begründung der Änderung des § 22 StrWG soll die Formulierung des § 22 Abs. 1 S. 2 StrWG konkretisieren, wann von einer gegenwärtigen Gefahr im Sinne des § 55 Abs. 2 VwVG NRW ausgegangen werden kann. Nämlich dann, wenn der Erlass einer Anordnung zur Beseitigung des verbotswidrig abgestellten PKW ‚nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand möglich oder nicht erfolgversprechend‘ ist. Dies dürfte insbesondere in solchen Konstellationen der Fall sein, in denen der Halter respektive Eigentümer des KFZ nicht zu ermitteln ist. […] Somit bleibt festzuhalten, dass § 22 StrWG NRW den Kommunen im Hinblick auf die Entfernung verbotswidrig abgestellter KFZ im öffentlichen Straßenraum einerseits die Ermächtigung verleiht, den Halter respektive Eigentümer zur Beseitigung des KFZ aufzufordern.“
Weiter heißt es im Gutachten: „Ob im Einzelfall ein im öffentlichen Straßenraum augenscheinlich zurückgelassenes KFZ als Abfall im Sinne von § 3 Abs. 1 KrWG anzusehen ist, bedarf demgemäß einer konkreten Prüfung, insbesondere ob ein Entledigungswille im Sinne des § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KrWG angenommen werden kann. Die Kriterien des § 20 Abs. 4 KrWG entfalten insoweit Indizwirkung, sind aber widerleglich.“
Von diesem Sofortvollzug wird gegenwärtig noch viel zu wenig Gebrauch gemacht – ob aus Unkenntnis oder anderen Gründen. Die häufig als restriktiver gewerteten und mit vermeintlich mehr rechtlichen Handlungsoptionen ausgestatteten Regelungen des Berliner Straßengesetzes sind nach Einschätzung der Gutachter weitgehend identisch, so dass in Nordrhein-Westfalen auch keine Gesetzesänderung notwendig ist. Kommunen, Polizei und Ordnungsbehörden müssen zur Ausschöpfung der rechtlichen Handlungsoptionen – insbesondere, was Verwertung und zügige Entfernung betrifft – durch die Landesregierung ermutigt bzw. im Rahmen gezielter Erläuterung ertüchtigt werden.
Dazu das Gutachten: „Nach alledem bietet sowohl die Regelung des § 22 StrWG NRW als auch die Normierungen der §§ 20 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 KrWG i.V.m. §§ 3 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KrWG einen praktischen Anhaltspunkt für die Kommunen, dem Phänomen der verbotswidrig im öffentlichen Straßenraum abgestellten KFZ Einhalt zu gebieten. Der kardinale Unterschied der beiden Ermächtigungsgrundlagen ist, dass Maßnahmen basierend auf § 22 StrWG NRW für den betroffenen Fahrzeughalter respektive -eigentümer mit der Chance verbunden sind, dass aus dem öffentlichen Straßenraum im Wege der Ersatzvornahme entfernte KFZ wiederzuerlangen. Demgegenüber muss ein auf Basis der Regelungen des KrWG aus dem öffentlichen Straßenraum entferntes KFZ verwertet respektive beseitigt werden, da es sodann als Abfall klassifiziert wird. Daraus folgt, dass der (vormalige) Fahrzeughalter bzw. -eigentümer keine Gelegenheit mehr hat, sein Fahrzeug nach Entfernung aus dem öffentlichen Straßenraum zurückzubekommen.[…] Mithin ergeben sich im praktischen Ergebnis der beiden untersuchten Ermächtigungsgrundlagen auf tatsächlicher Ebene tendenziell keine gravierenden Unterschiede. Welche Rechtsgrundlage zur Entfernung von verbotswidrig abgestellter KFZ zur Anwendung gelangt, dürfte einzelfallbezogen von dem Zustand des Fahrzeugs und der Frage abhängen, welche der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen für die Kommune konkret nie-derschwelliger zu erfüllen sind.“
II. Der Landtag stellt fest:
Die Landesregierung gibt an, dass die neue Rechtsgrundlage zur Beseitigung verbotswidrig im öffentlichen Straßenraum abgestellter Fahrzeuge schon vielfach genutzt wurde.3 Allerdings werden auch weiterhin die Befugnisse anderer Rechtsvorschriften, bspw. des Kreislaufwirtschaftsgesetzes oder des Ordnungsbehördengesetzes, zur Ahndung von Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung durch die Kommunen herangezogen. Die Nichtanwendung der Befugnisse durch den neuen § 22 StrWG NRW wird seitens der Kommunen teilweise damit begründet worden, dass bei verbotswidrig auf öffentlichen Verkehrsflächen entsorgten KFZ die Ermittlung des letzten Halters nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist. Die Landesregierung sollte die Kommunen in Nordrhein-Westfalen schnellstmöglich über die Möglichkeiten betreffend der Entfernung rechtswidrig abgestellter KFZ in Kenntnis setzen, die sich aus der Novellierung des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (§ 22 StrWG NRW) ergeben haben. Konsequent angewendet, ergeben diese ein wirksames Instrumentarium, um schneller zu agieren und zudem eine effiziente Wertstoffver-wertung zu bewerkstelligen, was dann auch im Rahmen einer Verwertung die finanziellen Interessen der Kommunen betreffen würde. Hier ist insbesondere die Fahrzeugverwertung von Interesse. So wurden bspw. 2019 rund 2,5 Millionen Fahrzeuge als Gebrauchtwagen exportiert und rund 460.000 fielen als Altfahrzeuge an. Diese Altfahrzeuge werden demontiert und anschließend geschreddert. Im Jahr 2019 wurden 93,6 % der Altfahrzeugmasse verwertet, davon 86,9 % stofflich.4
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- die zügigere Entfernung und, bei entsprechender Bewertung, auch Verwertung rechtswidrig abgestellter PKW bei den Kommunen mittels Beseitigungsanordnungen sowie Vollstreckung im Wege des Sofortvollzugs anzumahnen;
- sich bis Ende Juni 2023 mit allen Städten und Gemeinden zu diesem neuen Sachverhalt auszutauschen und dies ggf. auch im Rahmen einer Informationsbroschüre gezielt zu kommunizieren;
- den Kommunen die Regelung des § 22 StrWG NRW wie auch die Normierungen der §§ 20 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 KrWG i.V.m. §§ 3 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KrWG nachdrücklich zur Handhabe zu empfehlen, um dem Phänomen der verbotswidrig im öffentlichen Straßenraum abgestellten KFZ künftig schneller – und im Sinne der Kommunen auch wirtschaftlich effizienter – Einhalt zu gebieten.
Enxhi Seli-Zacharias
Klaus Esser
Andreas Keith
Dr. Martin Vincentz
und Fraktion
1 h t t p s : / / w w w . w a z . d e / staedte/gelsenkirchen/warum-gelsenkirchen-seltener-gegen-abge-stellte-pkw-vorgeht-id234457897.html
2 h t t p s : / / a f d – f r a k t i o n . n r w / w p-content/uploads/2023/02/Kurzgutachten.pdf
3 Vgl. LT-Drucksache 18/287
4 h t t p s : / / w w w . u m w e l t b u n d e s a m t . d e / d aten/ressourcen-abfall/verwertung-entsor-gung-ausgewaehlter-abfa llarten/altfahrzeugverwertung-fahrzeugverbleib#2019-knapp-eine-halbe-mil-lion-altfahrzeuge