Zunehmende Gewalt in Notaufnahmen – Was tut die Landesregierung dagegen?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1692

der Abgeordneten Markus Wagner, Andreas Keith und Dr. Martin Vincentz AfD

Zunehmende Gewalt in Notaufnahmen Was tut die Landesregierung dagegen?

„Wir hatten hier schon Patienten, die Kollegen in den Schwitzkasten genommen haben, obwohl es keinen Grund für einen Angriff gab. Es ist vorgekommen, dass man mit dem Messer bedroht wird, dass Gerätschaften zerstört wurden, irgendwas umgeworfen wurde.“1

So beschreibt B., leitender Pfleger in der Notfallambulanz im Klinikum Leverkusen, die beinahe zur Routine gewordenen Zwischenfälle im Arbeitsalltag, die er und seine Kollegen erleiden müssen. Dabei ist das Klinikum keine Ausnahme. Immer mehr Krankenpfleger klagen über zunehmende Übergriffe von Patienten und Angehörigen. Dabei seien insbesondere Notfallambulanzen stark betroffen.2

Die Gründe, die zu diesen Gewaltausbrüchen und Angriffen führen, sieht der Krankenpfleger vor allem bei den Wartezeiten in der Notaufnahme. Er erklärt, dass einige Leute nicht einsehen, dass das Personal „immer zuerst die Menschen versorgen“ müsse, „die schwere Verletzungen oder lebensbedrohliche Erkrankungen haben“. Bei den Eskalationen nehme körperliche Gewalt zwar nur einen geringen Anteil ein, gehöre aber auch dazu.3

B. sei bundesweit mit anderen Pflegern über Verbände vernetzt und bestätigt, dass man durch die Pandemiezeit gemerkt habe, „dass das Aggressionspotenzial noch einmal gestiegen ist in den Kliniken“. Kollegen anderer Kliniken bestätigen, dass Angriffe und Gewalt in vielen Notfallambulanzen ein Thema sei.4 Die Hemmschwelle nehme ab, die Frustrationsbereitschaft steige. In Situationen, in denen es früher Beschwerden oder ein Murren gegeben habe, verlieren Patienten oder deren Angehörige neuerdings rasch die Nerven.

Ein weiteres weit verbreitetes Phänomen sei es, dass Patienten oder Angehörige beginnen, mit ihren Handys zu filmen, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen. Diese Aufnahmen werden anschließend in sozialen Netzwerken hochgeladen. Dort wiederum würden die Mitarbeiter der Kliniken beleidigt oder regelrecht verächtlich gemacht.5

Auch wenn das Klinikum in Leverkusen im Gegensatz zu anderen Kliniken bisher noch ohne Sicherheitspersonal in der Notfallambulanz auskommt, wie der Pflegedirektor des Klinikums, bestätigt, hat die Einrichtung reagiert. Der Pflegedirektor führt aus, dass ein Team der Klinik an einem umfangreichen Sicherheitskonzept arbeite. Zudem werden mit der Polizei „Sicherheitspläne für die besonders betroffenen Bereiche abgestimmt. Alle Mitarbeitenden können kleine Funkmelder bekommen, mit denen sich Alarm auslösen lässt“.6

Darüber hinaus werden den Beschäftigten spezielle Trainings angeboten, in denen sie lernen, wie sie sich deeskalierend in bestimmten Situationen zu verhalten haben. Zusätzlich gebe es auch noch Selbstverteidigungskurse. Dass man den Mitarbeitern des Klinikums auch psychologische Unterstützung zukommen lässt, ist ebenfalls wichtig. B. berichtet, dass man „nach Auseinandersetzungen mit Patienten […] mit Bauchschmerzen nach Hause“ gehe und sich einige Kollegen auch krank melden. Gespräche mit Psychologen oder Seelsorgern sollen ihnen helfen, nicht den Mut und die Lust an der Arbeit zu verlieren.7

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Gewaltvorfälle gegenüber Krankenhausangehörigen (Ärzte, Pflegekräfte und weiteres Personal) wurden vor beziehungsweise in Kliniken in Leverkusen seit dem 1. Januar 2015 bis heute registriert? (Bitte nach Jahr, Klinik und Anlass des Polizeieinsatzes aufschlüsseln sowie Alter, Geschlecht und Nationalität nennen.)
  2. Wie viele Strafanzeigen wurden seit dem 1. Januar 2015 von Seiten des Leverkusener Klinikpersonals gestellt, das einer Bedrohung/einem Übergriff an seinem Arbeitsplatz ausgesetzt war?
  3. Wie bewertet die Landesregierung die zunehmende Bedrohungs- bzw. Gefahrenlage der Angestellten in Leverkusener Kliniken, Opfer einer Straftat durch Patienten oder Angehörige zu werden?
  4. In welcher Form erwägt die Landesregierung den Schutz der Krankenhausmitarbeiter vor Übergriffen in Kooperation mit den einzelnen Krankenhäusern zu verbessern?
  5. Ist die Landesregierung der Ansicht, dass ein effektiver Schutz des Krankenhauspersonals vor Übergriffen nur durch Notalarmknöpfe, Überwachungskameras, Sicherheitspersonal sowie Deeskalationstrainings gewährleistet werden kann?

Markus Wagner
Dr. Martin Vincentz
Andreas Keith

 

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1 Vgl. https:// www1 .wdr.de/nachrichten/rheinland/zunehmende-gewalt-in-der-notaufnahme-100.html.

2 Ebenda.

3 Ebenda.

4 Ebenda.

5 Ebenda.

6 Ebenda.

7 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1692 mit Schreiben vom 12. Mai 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales , der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung , dem Minister der Justiz und der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet.

  1. Wie viele Gewaltvorfälle gegenüber Krankenhausangehörigen (Ärzte, Pflegekräfte und weiteres Personal) wurden vor beziehungsweise in Kliniken in Leverkusen seit dem 1. Januar 2015 bis heute registriert? (Bitte nach Jahr, Klinik und Anlass des Polizeieinsatzes aufschlüsseln sowie Alter, Geschlecht und Nationalität nen­nen.)

Ich verweise auf die Antworten auf Frage 1 der Kleinen Anfrage 429 (LT-Drs. 18/1311) und auf Frage 1 der Kleinen Anfrage 672 (LT-Drs. 18/1884).

Der Generalstaatsanwalt in Köln hat das Ministerium der Justiz wie folgt in Kenntnis gesetzt:

„Eine gesonderte statistische Erfassung von Delikten der in der Kleinen Anfrage thematisierten Art erfolgt bei der Staatsanwaltschaft Köln nicht. Dem dortigen Behördenleiter sind daher va­lide Aussagen über die Anzahl einschlägiger Gewaltvorfälle und Strafanzeigen seit dem 01.01.2015 in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.“

  1. Wie viele Strafanzeigen wurden seit dem 1. Januar 2015 von Seiten des Leverkuse­ner Klinikpersonals gestellt, das einer Bedrohung/einem Übergriff an seinem Ar­beitsplatz ausgesetzt war?

Eine Auswertung auf Basis des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch moti­vierter Kriminalität ergab keine Strafanzeige im Sinne der Fragestellung.

Im Übrigen verweise ich auf die Antworten auf Frage 2 der Kleinen Anfrage 429 (LT-Drs. 18/1311) und auf Frage 2 der Kleinen Anfrage 672 (LT-Drs. 18/1884).

  1. Wie bewertet die Landesregierung die zunehmende Bedrohungs- bzw. Gefahren­lage der Angestellten in Leverkusener Kliniken, Opfer einer Straftat durch Patien­ten oder Angehörige zu werden?

Die Landesregierung geht davon aus, dass sich die Situation in Leverkusen nicht grundlegend von der Lage in anderen deutschen Städten unterscheidet. Im Übrigen verweise ich auf die Antworten auf Frage 3 der Kleinen Anfrage 429 (LT-Drs. 18/1311) und auf Frage 3 der Kleinen Anfrage 672 (LT-Drs. 18/1884).

  1. In welcher Form erwägt die Landesregierung den Schutz der Krankenhausmitar­beiter vor Übergriffen in Kooperation mit den einzelnen Krankenhäusern zu ver­bessern?

Ich verweise auf die Antworten auf Frage 4 der Kleinen Anfrage 429 (LT-Drs. 18/1311) und auf Frage 4 der Kleinen Anfrage 672 (LT-Drs. 18/1884).

  1. Ist die Landesregierung der Ansicht, dass ein effektiver Schutz des Krankenhaus­personals vor Übergriffen nur durch Notalarmknöpfe, Überwachungskameras, Si­cherheitspersonal sowie Deeskalationstrainings gewährleistet werden kann?

Ich verweise auf die Antwort auf Frage 5 der Kleinen Anfrage 672 (Drs. 18/1884).

 

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